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Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.

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Die Bedingungen des Pflanzenwachsthums.
meinen nicht mit. Nur wenn alle gemeinschaftlich wachsen, wächst
unter allen Umständen die Ernte mit.

Aus diesen Verhältnissen ergibt sich, daß die einzelnen Frucht-
barkeitsbedingungen, die man auch wohl als "Produktionsfaktoren"
im naturwissenschaftlichen Sinn des Worts bezeichnen könnte, keine
Faktoren nach der Ausdrucksweise der Mathematik sind, ebenso-
wenig wie die Ernte nach diesem Verhalten sich als eine Summe
dieser Bedingungen darstellt.

Es gibt ein Verhältniß, in dem die Vegetationsbedingungen
mit dem größten Erfolg zusammenwirken, d. h. die relativ größte
Menge von Pflanzensubstanz erzeugen. Von diesem Verhältniß
ausgehend vermag die einseitige Vermehrung irgend einer jener
Bedingungen keinen Mehrertrag zu bewirken, sondern nur die gleich-
zeitige Vermehrung aller. Dieses Gesetz läßt sich auch so aus-
drücken, daß man sagt: Die Produktion ist abhängig von der
im Minimum vorhandenen Produktionsbedingung, sie ist derselben
proportional; wobei man dann stillschweigend die relativen Werthe
jener Bedingungen, in denen sie am Günstigsten zusammenwirken,
als ihre resp. Einheiten bezeichnet.

Es ist dieses Produktionsgesetz ein Gesetz sehr allgemeiner
Natur. Eine jede Erscheinung, die durch das Zusammenwirken
mehrerer von einander unabhängiger Bedingungen zu Stande kommt,
richtet sich in ihrer Jntensität oder der Häufigkeit ihres Eintritts
nach der im Minimum vorhandenen Bedingung (in dem eben er-
läuterten Sinn). Jn einem speziellen Fall für einzelne Bedin-
gungen des Pflanzenwachsthums wurde dieses Gesetz von Liebig17)
hervorgehoben und seitdem als "das Gesetz des Minimums" häufig
in Anwendung gebracht.

17) v. Liebig a. a. O. B. II. p. 223. Die Grundsätze der Agri-
culturchemie. 1855. p. 121.

Die Bedingungen des Pflanzenwachsthums.
meinen nicht mit. Nur wenn alle gemeinſchaftlich wachſen, wächſt
unter allen Umſtänden die Ernte mit.

Aus dieſen Verhältniſſen ergibt ſich, daß die einzelnen Frucht-
barkeitsbedingungen, die man auch wohl als „Produktionsfaktoren“
im naturwiſſenſchaftlichen Sinn des Worts bezeichnen könnte, keine
Faktoren nach der Ausdrucksweiſe der Mathematik ſind, ebenſo-
wenig wie die Ernte nach dieſem Verhalten ſich als eine Summe
dieſer Bedingungen darſtellt.

Es gibt ein Verhältniß, in dem die Vegetationsbedingungen
mit dem größten Erfolg zuſammenwirken, d. h. die relativ größte
Menge von Pflanzenſubſtanz erzeugen. Von dieſem Verhältniß
ausgehend vermag die einſeitige Vermehrung irgend einer jener
Bedingungen keinen Mehrertrag zu bewirken, ſondern nur die gleich-
zeitige Vermehrung aller. Dieſes Geſetz läßt ſich auch ſo aus-
drücken, daß man ſagt: Die Produktion iſt abhängig von der
im Minimum vorhandenen Produktionsbedingung, ſie iſt derſelben
proportional; wobei man dann ſtillſchweigend die relativen Werthe
jener Bedingungen, in denen ſie am Günſtigſten zuſammenwirken,
als ihre reſp. Einheiten bezeichnet.

Es iſt dieſes Produktionsgeſetz ein Geſetz ſehr allgemeiner
Natur. Eine jede Erſcheinung, die durch das Zuſammenwirken
mehrerer von einander unabhängiger Bedingungen zu Stande kommt,
richtet ſich in ihrer Jntenſität oder der Häufigkeit ihres Eintritts
nach der im Minimum vorhandenen Bedingung (in dem eben er-
läuterten Sinn). Jn einem ſpeziellen Fall für einzelne Bedin-
gungen des Pflanzenwachsthums wurde dieſes Geſetz von Liebig17)
hervorgehoben und ſeitdem als „das Geſetz des Minimums“ häufig
in Anwendung gebracht.

17) v. Liebig a. a. O. B. II. p. 223. Die Grundſätze der Agri-
culturchemie. 1855. p. 121.
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[13/0023] Die Bedingungen des Pflanzenwachsthums. meinen nicht mit. Nur wenn alle gemeinſchaftlich wachſen, wächſt unter allen Umſtänden die Ernte mit. Aus dieſen Verhältniſſen ergibt ſich, daß die einzelnen Frucht- barkeitsbedingungen, die man auch wohl als „Produktionsfaktoren“ im naturwiſſenſchaftlichen Sinn des Worts bezeichnen könnte, keine Faktoren nach der Ausdrucksweiſe der Mathematik ſind, ebenſo- wenig wie die Ernte nach dieſem Verhalten ſich als eine Summe dieſer Bedingungen darſtellt. Es gibt ein Verhältniß, in dem die Vegetationsbedingungen mit dem größten Erfolg zuſammenwirken, d. h. die relativ größte Menge von Pflanzenſubſtanz erzeugen. Von dieſem Verhältniß ausgehend vermag die einſeitige Vermehrung irgend einer jener Bedingungen keinen Mehrertrag zu bewirken, ſondern nur die gleich- zeitige Vermehrung aller. Dieſes Geſetz läßt ſich auch ſo aus- drücken, daß man ſagt: Die Produktion iſt abhängig von der im Minimum vorhandenen Produktionsbedingung, ſie iſt derſelben proportional; wobei man dann ſtillſchweigend die relativen Werthe jener Bedingungen, in denen ſie am Günſtigſten zuſammenwirken, als ihre reſp. Einheiten bezeichnet. Es iſt dieſes Produktionsgeſetz ein Geſetz ſehr allgemeiner Natur. Eine jede Erſcheinung, die durch das Zuſammenwirken mehrerer von einander unabhängiger Bedingungen zu Stande kommt, richtet ſich in ihrer Jntenſität oder der Häufigkeit ihres Eintritts nach der im Minimum vorhandenen Bedingung (in dem eben er- läuterten Sinn). Jn einem ſpeziellen Fall für einzelne Bedin- gungen des Pflanzenwachsthums wurde dieſes Geſetz von Liebig 17) hervorgehoben und ſeitdem als „das Geſetz des Minimums“ häufig in Anwendung gebracht. 17) v. Liebig a. a. O. B. II. p. 223. Die Grundſätze der Agri- culturchemie. 1855. p. 121.

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_duengerkapital_1869/23>, abgerufen am 19.04.2024.