Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Theil. Differ. Rechn. Vorbegr.
häufig in der Differenzialrechnung und den An-
wendungen derselben zu geschehen pflegt. Aber
diese Wiedersprüche vermeidet man durch den rich-
tigen Begriff des unendlich Kleinen, wie solcher bis-
her, wie ich glaube, so deutlich entwickelt worden
ist, als es bey abstracten Begriffen nur möglich ist.

Will man daher die Proportion (XXXIV)
o : o = a : 1
rechtfertigen, oder ihr einen vernünftigen Sinn un-
terlegen, so muß man sich unter diesen Nullen die
ohne Ende abnehmenden Grössen y, x selbst geden-
ken, in so fern sie bey dieser Abnahme sich den Nul-
len ohne Ende immer mehr und mehr nähern, ohne
sich jedoch je in solche Nullen selbst zu verwandeln,
wie z. B. die Brüche in den Reihen (XX.).

Oder man kann sich auch vorstellen, daß die
Grössen y, x das Verhältniß a : 1 haben, in dem
Augenblicke da sie nach dem Gesetz der Stetigkeit
und ihrer gegenseitigen Dependenz von einander, im
Begriff sind in den Nullzustand überzugehen, da sie
also beyde noch einen Werth haben, aber doch noch
nicht völlig zu Null geworden sind. Daher nen-
nen auch einige das Verhältniß a : 1 das Ver-
schwindungsverhältniß
der Grössen y, x,
welche Benennung denn auch statt des Worts
Gränzverhältniß gebraucht werden kann.




Erstes

Erſter Theil. Differ. Rechn. Vorbegr.
haͤufig in der Differenzialrechnung und den An-
wendungen derſelben zu geſchehen pflegt. Aber
dieſe Wiederſpruͤche vermeidet man durch den rich-
tigen Begriff des unendlich Kleinen, wie ſolcher bis-
her, wie ich glaube, ſo deutlich entwickelt worden
iſt, als es bey abſtracten Begriffen nur moͤglich iſt.

Will man daher die Proportion (XXXIV)
o : o = a : 1
rechtfertigen, oder ihr einen vernuͤnftigen Sinn un-
terlegen, ſo muß man ſich unter dieſen Nullen die
ohne Ende abnehmenden Groͤſſen y, x ſelbſt geden-
ken, in ſo fern ſie bey dieſer Abnahme ſich den Nul-
len ohne Ende immer mehr und mehr naͤhern, ohne
ſich jedoch je in ſolche Nullen ſelbſt zu verwandeln,
wie z. B. die Bruͤche in den Reihen (XX.).

Oder man kann ſich auch vorſtellen, daß die
Groͤſſen y, x das Verhaͤltniß a : 1 haben, in dem
Augenblicke da ſie nach dem Geſetz der Stetigkeit
und ihrer gegenſeitigen Dependenz von einander, im
Begriff ſind in den Nullzuſtand uͤberzugehen, da ſie
alſo beyde noch einen Werth haben, aber doch noch
nicht voͤllig zu Null geworden ſind. Daher nen-
nen auch einige das Verhaͤltniß a : 1 das Ver-
ſchwindungsverhaͤltniß
der Groͤſſen y, x,
welche Benennung denn auch ſtatt des Worts
Graͤnzverhaͤltniß gebraucht werden kann.




Erſtes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0078" n="60"/><fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Theil. Differ. Rechn. Vorbegr.</fw><lb/>
ha&#x0364;ufig in der Differenzialrechnung und den An-<lb/>
wendungen der&#x017F;elben zu ge&#x017F;chehen pflegt. Aber<lb/>
die&#x017F;e Wieder&#x017F;pru&#x0364;che vermeidet man durch den rich-<lb/>
tigen Begriff des unendlich Kleinen, wie &#x017F;olcher bis-<lb/>
her, wie ich glaube, &#x017F;o deutlich entwickelt worden<lb/>
i&#x017F;t, als es bey ab&#x017F;tracten Begriffen nur mo&#x0364;glich i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Will man daher die Proportion (<hi rendition="#aq">XXXIV</hi>)<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">o : o = a : 1</hi></hi><lb/>
rechtfertigen, oder ihr einen vernu&#x0364;nftigen Sinn un-<lb/>
terlegen, &#x017F;o muß man &#x017F;ich unter die&#x017F;en Nullen die<lb/>
ohne Ende abnehmenden Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">y, x</hi> &#x017F;elb&#x017F;t geden-<lb/>
ken, in &#x017F;o fern &#x017F;ie bey die&#x017F;er Abnahme &#x017F;ich den Nul-<lb/>
len ohne Ende immer mehr und mehr na&#x0364;hern, ohne<lb/>
&#x017F;ich jedoch je in &#x017F;olche Nullen &#x017F;elb&#x017F;t zu verwandeln,<lb/>
wie z. B. die Bru&#x0364;che in den Reihen (<hi rendition="#aq">XX.</hi>).</p><lb/>
              <p>Oder man kann &#x017F;ich auch vor&#x017F;tellen, daß die<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">y, x</hi> das Verha&#x0364;ltniß <hi rendition="#aq">a</hi> : 1 haben, in dem<lb/>
Augenblicke da &#x017F;ie nach dem Ge&#x017F;etz der Stetigkeit<lb/>
und ihrer gegen&#x017F;eitigen Dependenz von einander, im<lb/>
Begriff &#x017F;ind in den Nullzu&#x017F;tand u&#x0364;berzugehen, da &#x017F;ie<lb/>
al&#x017F;o beyde noch einen Werth haben, aber doch noch<lb/>
nicht vo&#x0364;llig zu Null geworden &#x017F;ind. Daher nen-<lb/>
nen auch einige das Verha&#x0364;ltniß <hi rendition="#aq">a</hi> : 1 das <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
&#x017F;chwindungsverha&#x0364;ltniß</hi> der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">y, x,</hi><lb/>
welche Benennung denn auch &#x017F;tatt des Worts<lb/><hi rendition="#g">Gra&#x0364;nzverha&#x0364;ltniß</hi> gebraucht werden kann.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Er&#x017F;tes</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0078] Erſter Theil. Differ. Rechn. Vorbegr. haͤufig in der Differenzialrechnung und den An- wendungen derſelben zu geſchehen pflegt. Aber dieſe Wiederſpruͤche vermeidet man durch den rich- tigen Begriff des unendlich Kleinen, wie ſolcher bis- her, wie ich glaube, ſo deutlich entwickelt worden iſt, als es bey abſtracten Begriffen nur moͤglich iſt. Will man daher die Proportion (XXXIV) o : o = a : 1 rechtfertigen, oder ihr einen vernuͤnftigen Sinn un- terlegen, ſo muß man ſich unter dieſen Nullen die ohne Ende abnehmenden Groͤſſen y, x ſelbſt geden- ken, in ſo fern ſie bey dieſer Abnahme ſich den Nul- len ohne Ende immer mehr und mehr naͤhern, ohne ſich jedoch je in ſolche Nullen ſelbſt zu verwandeln, wie z. B. die Bruͤche in den Reihen (XX.). Oder man kann ſich auch vorſtellen, daß die Groͤſſen y, x das Verhaͤltniß a : 1 haben, in dem Augenblicke da ſie nach dem Geſetz der Stetigkeit und ihrer gegenſeitigen Dependenz von einander, im Begriff ſind in den Nullzuſtand uͤberzugehen, da ſie alſo beyde noch einen Werth haben, aber doch noch nicht voͤllig zu Null geworden ſind. Daher nen- nen auch einige das Verhaͤltniß a : 1 das Ver- ſchwindungsverhaͤltniß der Groͤſſen y, x, welche Benennung denn auch ſtatt des Worts Graͤnzverhaͤltniß gebraucht werden kann. Erſtes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/78
Zitationshilfe: Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/78>, abgerufen am 08.05.2024.