Nur Marah Durimeh war ihrem Gott treu geblieben, und er hat sie gesegnet mit einem hohen Alter, mit einem weisen Herzen und mit großen Reichtümern."
"Wo hat sie diese Reichtümer, da sie doch keine Wohnung besitzt?"
"Niemand weiß es. Einige sagen, sie habe ihr Gold in der Erde vergraben. Viele aber behaupten, sie habe Macht über die Geister der Tiefe, welche ihr so viel Geld bringen müssen, als sie brauche."
"Also sie hat dir von mir erzählt?"
"Ja, alles, was dein Diener in Amadijah von dir berichtet hat. Sie hat mir befohlen, sobald ich höre, daß du in diese Gegend gekommen seist, solle ich hinauf zur Höhle gehen, um den Ruh 'i kulyan zu bitten, dich vor allem Unfall zu behüten. Nun aber wirst du dies selbst thun."
"Du gehst nicht ganz mit zur Höhle?"
"Nein. Wenn du selbst kommst, so kann ich fern bleiben. Hast du nicht Hunger, Herr? Madana sagte mir, daß du ihr erlaubt habest, dein Mahl zu verzehren."
"Wer hatte dieses Mahl bereitet?"
"Sie selbst. Der Vater hat es bei ihr bestellt."
"Warum nicht bei euch?"
"Weil wir nicht wissen sollen, daß er einen Ge- fangenen verbirgt. Der Mann Madanas ist sein bester Gefährte, und darum hat sie den Befehl erhalten, dich zu bewachen."
"Wo sind die Männer eures Dorfes?"
"Sie werden sich in der Gegend von Lizan befinden."
"Was thun sie dort?"
"Ich weiß es nicht."
"Kannst du es nicht erfahren?"
"Vielleicht. Doch sage, Herr, ob du essen willst!"
Nur Marah Durimeh war ihrem Gott treu geblieben, und er hat ſie geſegnet mit einem hohen Alter, mit einem weiſen Herzen und mit großen Reichtümern.“
„Wo hat ſie dieſe Reichtümer, da ſie doch keine Wohnung beſitzt?“
„Niemand weiß es. Einige ſagen, ſie habe ihr Gold in der Erde vergraben. Viele aber behaupten, ſie habe Macht über die Geiſter der Tiefe, welche ihr ſo viel Geld bringen müſſen, als ſie brauche.“
„Alſo ſie hat dir von mir erzählt?“
„Ja, alles, was dein Diener in Amadijah von dir berichtet hat. Sie hat mir befohlen, ſobald ich höre, daß du in dieſe Gegend gekommen ſeiſt, ſolle ich hinauf zur Höhle gehen, um den Ruh 'i kulyan zu bitten, dich vor allem Unfall zu behüten. Nun aber wirſt du dies ſelbſt thun.“
„Du gehſt nicht ganz mit zur Höhle?“
„Nein. Wenn du ſelbſt kommſt, ſo kann ich fern bleiben. Haſt du nicht Hunger, Herr? Madana ſagte mir, daß du ihr erlaubt habeſt, dein Mahl zu verzehren.“
„Wer hatte dieſes Mahl bereitet?“
„Sie ſelbſt. Der Vater hat es bei ihr beſtellt.“
„Warum nicht bei euch?“
„Weil wir nicht wiſſen ſollen, daß er einen Ge- fangenen verbirgt. Der Mann Madanas iſt ſein beſter Gefährte, und darum hat ſie den Befehl erhalten, dich zu bewachen.“
„Wo ſind die Männer eures Dorfes?“
„Sie werden ſich in der Gegend von Lizan befinden.“
„Was thun ſie dort?“
„Ich weiß es nicht.“
„Kannſt du es nicht erfahren?“
„Vielleicht. Doch ſage, Herr, ob du eſſen willſt!“
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Nur Marah Durimeh war ihrem Gott treu geblieben,
und er hat ſie geſegnet mit einem hohen Alter, mit einem
weiſen Herzen und mit großen Reichtümern.“
„Wo hat ſie dieſe Reichtümer, da ſie doch keine
Wohnung beſitzt?“
„Niemand weiß es. Einige ſagen, ſie habe ihr Gold
in der Erde vergraben. Viele aber behaupten, ſie habe
Macht über die Geiſter der Tiefe, welche ihr ſo viel Geld
bringen müſſen, als ſie brauche.“
„Alſo ſie hat dir von mir erzählt?“
„Ja, alles, was dein Diener in Amadijah von dir
berichtet hat. Sie hat mir befohlen, ſobald ich höre, daß
du in dieſe Gegend gekommen ſeiſt, ſolle ich hinauf zur
Höhle gehen, um den Ruh 'i kulyan zu bitten, dich vor
allem Unfall zu behüten. Nun aber wirſt du dies ſelbſt
thun.“
„Du gehſt nicht ganz mit zur Höhle?“
„Nein. Wenn du ſelbſt kommſt, ſo kann ich fern
bleiben. Haſt du nicht Hunger, Herr? Madana ſagte
mir, daß du ihr erlaubt habeſt, dein Mahl zu verzehren.“
„Wer hatte dieſes Mahl bereitet?“
„Sie ſelbſt. Der Vater hat es bei ihr beſtellt.“
„Warum nicht bei euch?“
„Weil wir nicht wiſſen ſollen, daß er einen Ge-
fangenen verbirgt. Der Mann Madanas iſt ſein beſter
Gefährte, und darum hat ſie den Befehl erhalten, dich
zu bewachen.“
„Wo ſind die Männer eures Dorfes?“
„Sie werden ſich in der Gegend von Lizan befinden.“
„Was thun ſie dort?“
„Ich weiß es nicht.“
„Kannſt du es nicht erfahren?“
„Vielleicht. Doch ſage, Herr, ob du eſſen willſt!“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/585>, abgerufen am 27.11.2024.
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