er seine Meute, damit ihm ja die Haut nicht geritzt werde!"
"Schweig! Weshalb wir dich gefangen nehmen, das wirst du bald erfahren. Doch verhalte dich still und schweigsam, sonst bekommst du einen Knebel in den Mund!"
Die Männer setzten sich langsam in Bewegung. Wir kamen an den Fluß, ritten -- natürlich außer mir, da ich gehen mußte -- eine Strecke an demselben hinab und hatten dann wohl eine Furt erreicht, denn wir gingen in das Wasser.
Am jenseitigen Ufer stand eine Schar Bewaffneter, die sich aber bei unserm Anblick sofort unsichtbar machte. Jedenfalls war es Nedschir-Bey, welcher das Gelingen seines Streiches dort abgewartet hatte und sich nun be- friedigt zurückzog.
Das Bett des Flusses war hier mit scharfkantigen, schlüpfrigen Steinen besäet; das Wasser reichte mir stellen- weise bis an die Brust, und da ich zu eng an das Pferd gefesselt war, so hatte ich mehr als genug auszustehen, ehe wir das andere Ufer erreichten. Dort blieben sechs von den Reitern zurück, während mich die übrigen zwei weiter schleppten.
Es ging am Flusse abwärts bis an ein wildes Berg- wasser, welches sich hier von der linken Seite her in den Zab ergießt. Nun ritten die beiden längs dieses Wassers aufwärts. Es war für mich ein beschwerlicher Weg, zu- mal die Eskorte nicht die mindeste Rücksicht auf mich nahm. Kein Mensch begegnete uns. Nachher ging es seitwärts hin über wildes Gerölle, durch wirres Dorn- gestrüpp, und ich merkte, daß man auf diese Weise das Dorf Schohrd vermeiden wolle, dessen ärmliche Hütten und Häusertrümmer ich bald unter uns erblickte.
Später bogen wir wieder nach rechts und gelangten
er ſeine Meute, damit ihm ja die Haut nicht geritzt werde!“
„Schweig! Weshalb wir dich gefangen nehmen, das wirſt du bald erfahren. Doch verhalte dich ſtill und ſchweigſam, ſonſt bekommſt du einen Knebel in den Mund!“
Die Männer ſetzten ſich langſam in Bewegung. Wir kamen an den Fluß, ritten — natürlich außer mir, da ich gehen mußte — eine Strecke an demſelben hinab und hatten dann wohl eine Furt erreicht, denn wir gingen in das Waſſer.
Am jenſeitigen Ufer ſtand eine Schar Bewaffneter, die ſich aber bei unſerm Anblick ſofort unſichtbar machte. Jedenfalls war es Nedſchir-Bey, welcher das Gelingen ſeines Streiches dort abgewartet hatte und ſich nun be- friedigt zurückzog.
Das Bett des Fluſſes war hier mit ſcharfkantigen, ſchlüpfrigen Steinen beſäet; das Waſſer reichte mir ſtellen- weiſe bis an die Bruſt, und da ich zu eng an das Pferd gefeſſelt war, ſo hatte ich mehr als genug auszuſtehen, ehe wir das andere Ufer erreichten. Dort blieben ſechs von den Reitern zurück, während mich die übrigen zwei weiter ſchleppten.
Es ging am Fluſſe abwärts bis an ein wildes Berg- waſſer, welches ſich hier von der linken Seite her in den Zab ergießt. Nun ritten die beiden längs dieſes Waſſers aufwärts. Es war für mich ein beſchwerlicher Weg, zu- mal die Eskorte nicht die mindeſte Rückſicht auf mich nahm. Kein Menſch begegnete uns. Nachher ging es ſeitwärts hin über wildes Gerölle, durch wirres Dorn- geſtrüpp, und ich merkte, daß man auf dieſe Weiſe das Dorf Schohrd vermeiden wolle, deſſen ärmliche Hütten und Häuſertrümmer ich bald unter uns erblickte.
Später bogen wir wieder nach rechts und gelangten
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er ſeine Meute, damit ihm ja die Haut nicht geritzt
werde!“
„Schweig! Weshalb wir dich gefangen nehmen, das
wirſt du bald erfahren. Doch verhalte dich ſtill und
ſchweigſam, ſonſt bekommſt du einen Knebel in den Mund!“
Die Männer ſetzten ſich langſam in Bewegung. Wir
kamen an den Fluß, ritten — natürlich außer mir, da
ich gehen mußte — eine Strecke an demſelben hinab und
hatten dann wohl eine Furt erreicht, denn wir gingen in
das Waſſer.
Am jenſeitigen Ufer ſtand eine Schar Bewaffneter,
die ſich aber bei unſerm Anblick ſofort unſichtbar machte.
Jedenfalls war es Nedſchir-Bey, welcher das Gelingen
ſeines Streiches dort abgewartet hatte und ſich nun be-
friedigt zurückzog.
Das Bett des Fluſſes war hier mit ſcharfkantigen,
ſchlüpfrigen Steinen beſäet; das Waſſer reichte mir ſtellen-
weiſe bis an die Bruſt, und da ich zu eng an das Pferd
gefeſſelt war, ſo hatte ich mehr als genug auszuſtehen,
ehe wir das andere Ufer erreichten. Dort blieben ſechs
von den Reitern zurück, während mich die übrigen zwei
weiter ſchleppten.
Es ging am Fluſſe abwärts bis an ein wildes Berg-
waſſer, welches ſich hier von der linken Seite her in den
Zab ergießt. Nun ritten die beiden längs dieſes Waſſers
aufwärts. Es war für mich ein beſchwerlicher Weg, zu-
mal die Eskorte nicht die mindeſte Rückſicht auf mich
nahm. Kein Menſch begegnete uns. Nachher ging es
ſeitwärts hin über wildes Gerölle, durch wirres Dorn-
geſtrüpp, und ich merkte, daß man auf dieſe Weiſe das
Dorf Schohrd vermeiden wolle, deſſen ärmliche Hütten und
Häuſertrümmer ich bald unter uns erblickte.
Später bogen wir wieder nach rechts und gelangten
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/570>, abgerufen am 28.11.2024.
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