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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Siebendes Buch. Geschichte der Teutschen
80000 Mann starck angeben, ins Feld 3. Die Alemannen, als sie höreten,
daß die Römer von der andern Seite sie angreiffen wollten, geriethen in solches
Schrecken, daß ein ieder flohe, wohin er konte. Die Burgunder kamen also
ohne Wiederstand bis an den Rhein, ohne daß Valentinianus, der noch immer
mit Anbauung seiner Vestungen beschäfftiget war, nur Anstalten zum Feldzug
gemacht hätte; und verursachten ietzo fast eben so viel Besorgniß bey den Römern,
als sie unter den Alemannen Schrecken erreget hatten. Der Käiser, der seinen
Zweck, daß die Alemanen ihn denselbigen Sommer in seinem Bau nicht stöhren
möchten, schon erreichet hatte, hielt ietzo nichts von alle dem, was er versprochen:
und die Burgunder zogen voller Unwillen, und mit schlechter Achtung der Römi-
schen Treue, nach Hause. Aber Theodosius, der, nach glücklich geendigten
Feldzügen in Britannien, General über die Reuterey worden war, überfiel aus
Rätien die Alemannen, so in selbige Gegend geflüchtet waren, erschlug ihrer
viele, und kriegte nicht wenig Gefangene, die er nach Jtalien schickte, wo ihnen ei-
nige Stücke Landes um den Po, unter Erlegung eines Tributs, anzubauen an-
gewiesen wurden 4.

IX. Jm folgenden Jahr 371. aber gieng Valentinianus den Aleman-
Valentinia-
nus
sucht den
Alemannischen
nen zu Leibe, die zwischen dem Mayn und der Lone wohneten. Seine Haupt-
Absicht war, ihren König Macrianum in seine Gewalt zu bekommen. Er ließ

eine
[Beginn Spaltensatz] possessione consistunt. Quamuis prouidentia dei
amnes Christiani modo facti, catholica fide nostris-
que clericis, quibus obedirent receptis, blande,
mansuete, innocenterque uiuant, non quasi cum
subiectis Gallis, sed uere cum fratribus Christianis.

Daß orosivs irret, wenn er schreibet, der Na-
me der Burgunder sey damahls erst bekant worden,
hat bereits valesivs ausgeführet, rer. Franc.
L. I. p.
49. Daß sie aber ein Teutsches Volck gewesen,
erhellet schon aus plinio hist. nat. L. IV. c. 28.
da er sie zu den Vandalen zehlet: S. oben L. I. §. II.
not.
4. Wie denn auch oben angemercket worden,
daß sie, zu Probi und Maximiani Zeiten, mit den Van-
dalen in Gallien eingefallen. Es zeigen es auch zur
Gnüge die Nachrichten, so wir von ihrer Lebens-Art
finden, welche durchgehends den Sitten der übrigen
alten Teutschen Völcker gleich sind: so wohl als die
Eigenschafft ihrer Gesetze, und die Spuren ihrer
Sprache, die theils in den Namen ihrer Fürsten, theils
hin und wieder in ihren Gesetzen übrig geblieben, als
z. E. art. 9. Nouigildum: art. 33. §. 3. litus: art. 42.
§. 2. Morgengeba: art. 52. Fredegisel: art. 66. §. 1.
2. Witteman: art. 76. §. 1. Wittiscalci: sido-
nivs apollinaris,
sagt daher von sich:
Quid me, etsi ualeam parare carmen
Fescenninicolae iubes Diones
Inter crinigeras situm cateruas
Et GERMANICA uerba sustinentem
Laudantem tetrice subinde uultu,
[Spaltenumbruch] Quod Burgundio cantat esculentus,
Infundens acido comam butyro.

valesivs meynet rer. Franc. l. cit., daß die
Burgunder, so mit den Gothen gegräntzet, von denen,
davon hier gehandelt wird, unterschieden gewesen.
Sie können aber wohl ein Volck, und zwar diese letzte-
ren gleichsam eine Colonie von den ersteren gewesen
seyn, welche etwan vormahls die Römer in ihre Dien-
ste, zu Besatzung der Gräntz-Schlösser längst der Do-
nau, genommen gehabt, und daher die Erzehlung von
ihrem Römischen Ursprunge entstehen können. aga-
thias
rechnet diese Nation der Burgunder mit
unter die Hunnen, worinnen ihn valesivs p.
51. zur Gnüge wiederlegt hat. Es ist gar wahrschein-
lich, daß ein Theil Burgunder mit unter Attila gestan-
den, und dadurch agathias verleitet worden,
sie selbst für Hunnen zu halten.
3 hieronymvs in chron. ad A. 374. Burgun-
dionum
80. fere millia, quot nunquam ante, ad
Rhenum descenderunt.
valesivs
hat bereits in
not. ad marcell.
angemercket, daß in der Jahrzahl ein
Jrrthum sey, und dieser Zug zum Jahr 370. gehöre.
4 marcellinvs l. c. p. 417. Et cateruas
misere lectissimas: quae, antequam milites congre-
garentur in unum, adusque ripas Rheni progressae,
imperatore ad struenda munimenta districto, terro-
ri nostris fuere uel maximo. Igitur paulisper mora-

[Ende Spaltensatz]
ti, cum

Siebendes Buch. Geſchichte der Teutſchen
80000 Mann ſtarck angeben, ins Feld 3. Die Alemannen, als ſie hoͤreten,
daß die Roͤmer von der andern Seite ſie angreiffen wollten, geriethen in ſolches
Schrecken, daß ein ieder flohe, wohin er konte. Die Burgunder kamen alſo
ohne Wiederſtand bis an den Rhein, ohne daß Valentinianus, der noch immer
mit Anbauung ſeiner Veſtungen beſchaͤfftiget war, nur Anſtalten zum Feldzug
gemacht haͤtte; und verurſachten ietzo faſt eben ſo viel Beſorgniß bey den Roͤmern,
als ſie unter den Alemannen Schrecken erreget hatten. Der Kaͤiſer, der ſeinen
Zweck, daß die Alemanen ihn denſelbigen Sommer in ſeinem Bau nicht ſtoͤhren
moͤchten, ſchon erreichet hatte, hielt ietzo nichts von alle dem, was er verſprochen:
und die Burgunder zogen voller Unwillen, und mit ſchlechter Achtung der Roͤmi-
ſchen Treue, nach Hauſe. Aber Theodoſius, der, nach gluͤcklich geendigten
Feldzuͤgen in Britannien, General uͤber die Reuterey worden war, uͤberfiel aus
Raͤtien die Alemannen, ſo in ſelbige Gegend gefluͤchtet waren, erſchlug ihrer
viele, und kriegte nicht wenig Gefangene, die er nach Jtalien ſchickte, wo ihnen ei-
nige Stuͤcke Landes um den Po, unter Erlegung eines Tributs, anzubauen an-
gewieſen wurden 4.

IX. Jm folgenden Jahr 371. aber gieng Valentinianus den Aleman-
Valentinia-
nus
ſucht den
Alemanniſchẽ
nen zu Leibe, die zwiſchen dem Mayn und der Lone wohneten. Seine Haupt-
Abſicht war, ihren Koͤnig Macrianum in ſeine Gewalt zu bekommen. Er ließ

eine
[Beginn Spaltensatz] poſſeſſione conſiſtunt. Quamuis prouidentia dei
amnes Chriſtiani modo facti, catholica fide noſtris-
que clericis, quibus obedirent receptis, blande,
manſuete, innocenterque uiuant, non quaſi cum
ſubiectis Gallis, ſed uere cum fratribus Chriſtianis.

Daß orosivs irret, wenn er ſchreibet, der Na-
me der Burgunder ſey damahls erſt bekant worden,
hat bereits valesivs ausgefuͤhret, rer. Franc.
L. I. p.
49. Daß ſie aber ein Teutſches Volck geweſen,
erhellet ſchon aus plinio hiſt. nat. L. IV. c. 28.
da er ſie zu den Vandalen zehlet: S. oben L. I. §. II.
not.
4. Wie denn auch oben angemercket worden,
daß ſie, zu Probi und Maximiani Zeiten, mit den Van-
dalen in Gallien eingefallen. Es zeigen es auch zur
Gnuͤge die Nachrichten, ſo wir von ihrer Lebens-Art
finden, welche durchgehends den Sitten der uͤbrigen
alten Teutſchen Voͤlcker gleich ſind: ſo wohl als die
Eigenſchafft ihrer Geſetze, und die Spuren ihrer
Sprache, die theils in den Namen ihrer Fuͤrſten, theils
hin und wieder in ihren Geſetzen uͤbrig geblieben, als
z. E. art. 9. Nouigildum: art. 33. §. 3. litus: art. 42.
§. 2. Morgengeba: art. 52. Fredegiſel: art. 66. §. 1.
2. Witteman: art. 76. §. 1. Wittiſcalci: sido-
nivs apollinaris,
ſagt daher von ſich:
Quid me, etſi ualeam parare carmen
Feſcenninicolae iubes Diones
Inter crinigeras ſitum cateruas
Et GERMANICA uerba ſuſtinentem
Laudantem tetrice ſubinde uultu,
[Spaltenumbruch] Quod Burgundio cantat eſculentus,
Infundens acido comam butyro.

valesivs meynet rer. Franc. l. cit., daß die
Burgunder, ſo mit den Gothen gegraͤntzet, von denen,
davon hier gehandelt wird, unterſchieden geweſen.
Sie koͤnnen aber wohl ein Volck, und zwar dieſe letzte-
ren gleichſam eine Colonie von den erſteren geweſen
ſeyn, welche etwan vormahls die Roͤmer in ihre Dien-
ſte, zu Beſatzung der Graͤntz-Schloͤſſer laͤngſt der Do-
nau, genommen gehabt, und daher die Erzehlung von
ihrem Roͤmiſchen Urſprunge entſtehen koͤnnen. aga-
thias
rechnet dieſe Nation der Burgunder mit
unter die Hunnen, worinnen ihn valesivs p.
51. zur Gnuͤge wiederlegt hat. Es iſt gar wahrſchein-
lich, daß ein Theil Burgunder mit unter Attila geſtan-
den, und dadurch agathias verleitet worden,
ſie ſelbſt fuͤr Hunnen zu halten.
3 hieronymvs in chron. ad A. 374. Burgun-
dionum
80. fere millia, quot nunquam ante, ad
Rhenum deſcenderunt.
valesivs
hat bereits in
not. ad marcell.
angemercket, daß in der Jahrzahl ein
Jrrthum ſey, und dieſer Zug zum Jahr 370. gehoͤre.
4 marcellinvs l. c. p. 417. Et cateruas
miſere lectiſſimas: quae, antequam milites congre-
garentur in unum, adusque ripas Rheni progreſſae,
imperatore ad ſtruenda munimenta diſtricto, terro-
ri noſtris fuere uel maximo. Igitur pauliſper mora-

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[276/0310] Siebendes Buch. Geſchichte der Teutſchen 80000 Mann ſtarck angeben, ins Feld 3. Die Alemannen, als ſie hoͤreten, daß die Roͤmer von der andern Seite ſie angreiffen wollten, geriethen in ſolches Schrecken, daß ein ieder flohe, wohin er konte. Die Burgunder kamen alſo ohne Wiederſtand bis an den Rhein, ohne daß Valentinianus, der noch immer mit Anbauung ſeiner Veſtungen beſchaͤfftiget war, nur Anſtalten zum Feldzug gemacht haͤtte; und verurſachten ietzo faſt eben ſo viel Beſorgniß bey den Roͤmern, als ſie unter den Alemannen Schrecken erreget hatten. Der Kaͤiſer, der ſeinen Zweck, daß die Alemanen ihn denſelbigen Sommer in ſeinem Bau nicht ſtoͤhren moͤchten, ſchon erreichet hatte, hielt ietzo nichts von alle dem, was er verſprochen: und die Burgunder zogen voller Unwillen, und mit ſchlechter Achtung der Roͤmi- ſchen Treue, nach Hauſe. Aber Theodoſius, der, nach gluͤcklich geendigten Feldzuͤgen in Britannien, General uͤber die Reuterey worden war, uͤberfiel aus Raͤtien die Alemannen, ſo in ſelbige Gegend gefluͤchtet waren, erſchlug ihrer viele, und kriegte nicht wenig Gefangene, die er nach Jtalien ſchickte, wo ihnen ei- nige Stuͤcke Landes um den Po, unter Erlegung eines Tributs, anzubauen an- gewieſen wurden 4. IX. Jm folgenden Jahr 371. aber gieng Valentinianus den Aleman- nen zu Leibe, die zwiſchen dem Mayn und der Lone wohneten. Seine Haupt- Abſicht war, ihren Koͤnig Macrianum in ſeine Gewalt zu bekommen. Er ließ eine 2 Valentinia- nus ſucht den Alemanniſchẽ 3 hieronymvs in chron. ad A. 374. Burgun- dionum 80. fere millia, quot nunquam ante, ad Rhenum deſcenderunt. valesivs hat bereits in not. ad marcell. angemercket, daß in der Jahrzahl ein Jrrthum ſey, und dieſer Zug zum Jahr 370. gehoͤre. 4 marcellinvs l. c. p. 417. Et cateruas miſere lectiſſimas: quae, antequam milites congre- garentur in unum, adusque ripas Rheni progreſſae, imperatore ad ſtruenda munimenta diſtricto, terro- ri noſtris fuere uel maximo. Igitur pauliſper mora- ti, cum 2 poſſeſſione conſiſtunt. Quamuis prouidentia dei amnes Chriſtiani modo facti, catholica fide noſtris- que clericis, quibus obedirent receptis, blande, manſuete, innocenterque uiuant, non quaſi cum ſubiectis Gallis, ſed uere cum fratribus Chriſtianis. Daß orosivs irret, wenn er ſchreibet, der Na- me der Burgunder ſey damahls erſt bekant worden, hat bereits valesivs ausgefuͤhret, rer. Franc. L. I. p. 49. Daß ſie aber ein Teutſches Volck geweſen, erhellet ſchon aus plinio hiſt. nat. L. IV. c. 28. da er ſie zu den Vandalen zehlet: S. oben L. I. §. II. not. 4. Wie denn auch oben angemercket worden, daß ſie, zu Probi und Maximiani Zeiten, mit den Van- dalen in Gallien eingefallen. Es zeigen es auch zur Gnuͤge die Nachrichten, ſo wir von ihrer Lebens-Art finden, welche durchgehends den Sitten der uͤbrigen alten Teutſchen Voͤlcker gleich ſind: ſo wohl als die Eigenſchafft ihrer Geſetze, und die Spuren ihrer Sprache, die theils in den Namen ihrer Fuͤrſten, theils hin und wieder in ihren Geſetzen uͤbrig geblieben, als z. E. art. 9. Nouigildum: art. 33. §. 3. litus: art. 42. §. 2. Morgengeba: art. 52. Fredegiſel: art. 66. §. 1. 2. Witteman: art. 76. §. 1. Wittiſcalci: sido- nivs apollinaris, ſagt daher von ſich: Quid me, etſi ualeam parare carmen Feſcenninicolae iubes Diones Inter crinigeras ſitum cateruas Et GERMANICA uerba ſuſtinentem Laudantem tetrice ſubinde uultu, Quod Burgundio cantat eſculentus, Infundens acido comam butyro. valesivs meynet rer. Franc. l. cit., daß die Burgunder, ſo mit den Gothen gegraͤntzet, von denen, davon hier gehandelt wird, unterſchieden geweſen. Sie koͤnnen aber wohl ein Volck, und zwar dieſe letzte- ren gleichſam eine Colonie von den erſteren geweſen ſeyn, welche etwan vormahls die Roͤmer in ihre Dien- ſte, zu Beſatzung der Graͤntz-Schloͤſſer laͤngſt der Do- nau, genommen gehabt, und daher die Erzehlung von ihrem Roͤmiſchen Urſprunge entſtehen koͤnnen. aga- thias rechnet dieſe Nation der Burgunder mit unter die Hunnen, worinnen ihn valesivs p. 51. zur Gnuͤge wiederlegt hat. Es iſt gar wahrſchein- lich, daß ein Theil Burgunder mit unter Attila geſtan- den, und dadurch agathias verleitet worden, ſie ſelbſt fuͤr Hunnen zu halten.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/310>, abgerufen am 25.11.2024.