wird. Dann wieder, in dem unruhigen Gefühl, dass 4 nicht 5 ist, und daher 100 Thaler unmöglich 110 Thaler sein können, flüchtet er vom Kapital als Werth zur stofflichen Substanz des Kapitals; zu seinem Gebrauchswerth als Produktionsbedingung der Arbeit, Maschinerie, Rohstoff etc. So gelingt es dann wieder, statt des unbegreiflichen ersten Verhältnisses, wonach 4=5, ein ganz inkom- mensurables herauszubringen zwischen einem Gebrauchswerth, einem Ding auf der einen Seite, und einem bestimmten gesellschaftlichen Produktionsverhältniss, dem Mehrwerth, auf der andern; wie beim Grundeigenthum. Sobald er bei diesem Inkommensurablen ange- langt, wird dem Vulgärökonomen alles klar, und fühlt er nicht mehr das Bedürfniss weiter nachzudenken. Denn er ist eben beim "Ratio- nale" der Bürgervorstellung angelangt. Endlich, Arbeit -- Arbeits- lohn, Preis der Arbeit, ist wie in Buch I nachgewiesen, ein Ausdruck, der prima facie dem Begriff des Werths widerspricht und ebenso dem des Preises, der allgemein selbst nur ein bestimmter Ausdruck des Werths ist; und "Preis der Arbeit" ist ebenso irrationell wie ein gelber Logarithmus. Aber hier ist der Vulgärökonom erst recht befriedigt, da er nun bei der tiefen Einsicht des Bürgers angelangt ist, dass er Geld für die Arbeit zahlt, und da grade der Wider- spruch der Formel gegen den Begriff des Werths ihn der Ver- pflichtung überhebt den letztren zu begreifen.
Wir49) haben gesehn, dass der kapitalistische Produktionsprocess eine geschichtlich bestimmte Form des gesellschaftlichen Produk- tionsprocesses überhaupt ist. Dieser letztere ist sowohl Produktions- process der materiellen Existenzbedingungen des menschlichen Lebens, wie ein in specifischen, historisch-ökonomischen Produktionsverhält- nissen vor sich gehender, diese Produktionsverhältnisse selbst, und damit die Träger dieses Processes, ihre materiellen Existenzbedin- gungen und ihre gegenseitigen Verhältnisse, d. h. ihre bestimmte ökonomische Gesellschaftsform producirender und reproducirender Process. Denn das Ganze dieser Beziehungen, worin sich die Träger dieser Produktion zur Natur und zu einander befinden, worin sie produciren, dies Ganze ist eben die Gesellschaft, nach ihrer ökono- mischen Struktur betrachtet. Wie alle seine Vorgänger, geht der kapitalistische Produktionsprocess unter bestimmten materiellen Be- dingungen vor sich, die aber zugleich Träger bestimmter gesell- schaftlicher Verhältnisse sind, welche die Individuen im Process
49) Anfang von Kap. XLVIII nach dem Ms.
Marx, Kapital III. 2. 23
wird. Dann wieder, in dem unruhigen Gefühl, dass 4 nicht 5 ist, und daher 100 Thaler unmöglich 110 Thaler sein können, flüchtet er vom Kapital als Werth zur stofflichen Substanz des Kapitals; zu seinem Gebrauchswerth als Produktionsbedingung der Arbeit, Maschinerie, Rohstoff etc. So gelingt es dann wieder, statt des unbegreiflichen ersten Verhältnisses, wonach 4=5, ein ganz inkom- mensurables herauszubringen zwischen einem Gebrauchswerth, einem Ding auf der einen Seite, und einem bestimmten gesellschaftlichen Produktionsverhältniss, dem Mehrwerth, auf der andern; wie beim Grundeigenthum. Sobald er bei diesem Inkommensurablen ange- langt, wird dem Vulgärökonomen alles klar, und fühlt er nicht mehr das Bedürfniss weiter nachzudenken. Denn er ist eben beim „Ratio- nale“ der Bürgervorstellung angelangt. Endlich, Arbeit — Arbeits- lohn, Preis der Arbeit, ist wie in Buch I nachgewiesen, ein Ausdruck, der prima facie dem Begriff des Werths widerspricht und ebenso dem des Preises, der allgemein selbst nur ein bestimmter Ausdruck des Werths ist; und „Preis der Arbeit“ ist ebenso irrationell wie ein gelber Logarithmus. Aber hier ist der Vulgärökonom erst recht befriedigt, da er nun bei der tiefen Einsicht des Bürgers angelangt ist, dass er Geld für die Arbeit zahlt, und da grade der Wider- spruch der Formel gegen den Begriff des Werths ihn der Ver- pflichtung überhebt den letztren zu begreifen.
Wir49) haben gesehn, dass der kapitalistische Produktionsprocess eine geschichtlich bestimmte Form des gesellschaftlichen Produk- tionsprocesses überhaupt ist. Dieser letztere ist sowohl Produktions- process der materiellen Existenzbedingungen des menschlichen Lebens, wie ein in specifischen, historisch-ökonomischen Produktionsverhält- nissen vor sich gehender, diese Produktionsverhältnisse selbst, und damit die Träger dieses Processes, ihre materiellen Existenzbedin- gungen und ihre gegenseitigen Verhältnisse, d. h. ihre bestimmte ökonomische Gesellschaftsform producirender und reproducirender Process. Denn das Ganze dieser Beziehungen, worin sich die Träger dieser Produktion zur Natur und zu einander befinden, worin sie produciren, dies Ganze ist eben die Gesellschaft, nach ihrer ökono- mischen Struktur betrachtet. Wie alle seine Vorgänger, geht der kapitalistische Produktionsprocess unter bestimmten materiellen Be- dingungen vor sich, die aber zugleich Träger bestimmter gesell- schaftlicher Verhältnisse sind, welche die Individuen im Process
49) Anfang von Kap. XLVIII nach dem Ms.
Marx, Kapital III. 2. 23
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und daher 100 Thaler unmöglich 110 Thaler sein können, flüchtet
er vom Kapital als Werth zur stofflichen Substanz des Kapitals;
zu seinem Gebrauchswerth als Produktionsbedingung der Arbeit,
Maschinerie, Rohstoff etc. So gelingt es dann wieder, statt des
unbegreiflichen ersten Verhältnisses, wonach 4=5, ein ganz inkom-
mensurables herauszubringen zwischen einem Gebrauchswerth, einem
Ding auf der einen Seite, und einem bestimmten gesellschaftlichen
Produktionsverhältniss, dem Mehrwerth, auf der andern; wie beim
Grundeigenthum. Sobald er bei diesem Inkommensurablen ange-
langt, wird dem Vulgärökonomen alles klar, und fühlt er nicht mehr
das Bedürfniss weiter nachzudenken. Denn er ist eben beim „Ratio-
nale“ der Bürgervorstellung angelangt. Endlich, Arbeit — Arbeits-
lohn, Preis der Arbeit, ist wie in Buch I nachgewiesen, ein Ausdruck,
der prima facie dem Begriff des Werths widerspricht und ebenso
dem des Preises, der allgemein selbst nur ein bestimmter Ausdruck
des Werths ist; und „Preis der Arbeit“ ist ebenso irrationell wie
ein gelber Logarithmus. Aber hier ist der Vulgärökonom erst recht
befriedigt, da er nun bei der tiefen Einsicht des Bürgers angelangt
ist, dass er Geld für die Arbeit zahlt, und da grade der Wider-
spruch der Formel gegen den Begriff des Werths ihn der Ver-
pflichtung überhebt den letztren zu begreifen.
Wir 49) haben gesehn, dass der kapitalistische Produktionsprocess
eine geschichtlich bestimmte Form des gesellschaftlichen Produk-
tionsprocesses überhaupt ist. Dieser letztere ist sowohl Produktions-
process der materiellen Existenzbedingungen des menschlichen Lebens,
wie ein in specifischen, historisch-ökonomischen Produktionsverhält-
nissen vor sich gehender, diese Produktionsverhältnisse selbst, und
damit die Träger dieses Processes, ihre materiellen Existenzbedin-
gungen und ihre gegenseitigen Verhältnisse, d. h. ihre bestimmte
ökonomische Gesellschaftsform producirender und reproducirender
Process. Denn das Ganze dieser Beziehungen, worin sich die Träger
dieser Produktion zur Natur und zu einander befinden, worin sie
produciren, dies Ganze ist eben die Gesellschaft, nach ihrer ökono-
mischen Struktur betrachtet. Wie alle seine Vorgänger, geht der
kapitalistische Produktionsprocess unter bestimmten materiellen Be-
dingungen vor sich, die aber zugleich Träger bestimmter gesell-
schaftlicher Verhältnisse sind, welche die Individuen im Process
49) Anfang von Kap. XLVIII nach dem Ms.
Marx, Kapital III. 2. 23
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/362>, abgerufen am 23.11.2024.
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