Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Kapital stets wohlfeiler als die von variablem. Es setzt dies in
der That die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende
Kreditentwicklung und Reichlichkeit von Leihkapital voraus. Auf
der einen Seite wende ich 100 £ zusätzliches konstantes Kapital
an, wenn 100 £ das Produkt von 5 Arbeitern, während des Jahrs;
auf der andern 100 £ in variablem Kapital. Ist die Rate des
Mehrwerths = 100 %, so der Werth den die 5 Arbeiter geschaffen
haben = 200 £; dagegen der Werth von 100 £ konstantem Ka-
pital ist = 100 £, und als Kapital vielleicht = 105 £, wenn der Zins-
fuss = 5 %. Dieselben Geldsummen, je nachdem sie der Produk-
tion vorgeschossen werden als Werthgrössen von konstantem oder
von variablem Kapital, drücken sehr verschiedne Werthe aus, in
ihrem Produkt betrachtet. Was ferner die Kosten der Waaren
vom Standpunkt des Kapitalisten angeht, findet noch der Unter-
schied statt, dass von den 100 £ konstantes Kapital, soweit dies
in fixem Kapital angelegt, nur der Verschleiss in den Werth der
Waare eingeht, während die 100 £ für Arbeitslohn ganz darin
reproducirt sein müssen.

Bei Kolonisten und überhaupt selbständigen Kleinproducenten,
die über Kapital gar nicht oder nur zu hohen Zinsen verfügen
können, ist der Produktentheil, der den Arbeitslohn vertritt, ihre
Revenue, während er für den Kapitalisten Kapitalvorschuss ist
Jener betrachtet diese Arbeitsauslage daher als unumgängliche Vor-
bedingung für den Arbeitsertrag, um den es sich zunächst handelt.
Was aber seine überschüssige Arbeit betrifft, nach Abzug jener
nothwendigen Arbeit, so realisirt sie sich jedenfalls in einem über-
schüssigen Produkt; und sobald er dies verkaufen oder auch selbst
verwenden kann, betrachtet er dies als etwas, was ihm nichts ge-
kostet hat, weil keine vergegenständlichte Arbeit. Es ist diese
allein, deren Verausgabung ihm als Veräusserung von Reichthum
gilt. Er sucht natürlich so hoch zu verkaufen als möglich; aber
selbst der Verkauf unter dem Werth und unter dem kapitalistischen
Produktionspreis gilt ihm immer noch als Profit, soweit dieser
Profit nicht durch Verschuldung, Hypothek u. s. w. anticipirt ist.
Für den Kapitalisten dagegen ist sowohl die Auslage von variablem
wie konstantem Kapital Vorschuss von Kapital. Der relativ grössre
Vorschuss des letztern verringert unter sonst gleichbleibenden Um-
ständen den Kostpreis, wie wirklich auch den Werth der Waaren.
Obgleich daher der Profit bloss aus der Mehrarbeit, also bloss aus
der Anwendung von variablem Kapital entspringt, kann es dem
einzelnen Kapitalisten doch so scheinen, dass die lebendige Arbeit

Kapital stets wohlfeiler als die von variablem. Es setzt dies in
der That die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende
Kreditentwicklung und Reichlichkeit von Leihkapital voraus. Auf
der einen Seite wende ich 100 £ zusätzliches konstantes Kapital
an, wenn 100 £ das Produkt von 5 Arbeitern, während des Jahrs;
auf der andern 100 £ in variablem Kapital. Ist die Rate des
Mehrwerths = 100 %, so der Werth den die 5 Arbeiter geschaffen
haben = 200 £; dagegen der Werth von 100 £ konstantem Ka-
pital ist = 100 £, und als Kapital vielleicht = 105 £, wenn der Zins-
fuss = 5 %. Dieselben Geldsummen, je nachdem sie der Produk-
tion vorgeschossen werden als Werthgrössen von konstantem oder
von variablem Kapital, drücken sehr verschiedne Werthe aus, in
ihrem Produkt betrachtet. Was ferner die Kosten der Waaren
vom Standpunkt des Kapitalisten angeht, findet noch der Unter-
schied statt, dass von den 100 £ konstantes Kapital, soweit dies
in fixem Kapital angelegt, nur der Verschleiss in den Werth der
Waare eingeht, während die 100 £ für Arbeitslohn ganz darin
reproducirt sein müssen.

Bei Kolonisten und überhaupt selbständigen Kleinproducenten,
die über Kapital gar nicht oder nur zu hohen Zinsen verfügen
können, ist der Produktentheil, der den Arbeitslohn vertritt, ihre
Revenue, während er für den Kapitalisten Kapitalvorschuss ist
Jener betrachtet diese Arbeitsauslage daher als unumgängliche Vor-
bedingung für den Arbeitsertrag, um den es sich zunächst handelt.
Was aber seine überschüssige Arbeit betrifft, nach Abzug jener
nothwendigen Arbeit, so realisirt sie sich jedenfalls in einem über-
schüssigen Produkt; und sobald er dies verkaufen oder auch selbst
verwenden kann, betrachtet er dies als etwas, was ihm nichts ge-
kostet hat, weil keine vergegenständlichte Arbeit. Es ist diese
allein, deren Verausgabung ihm als Veräusserung von Reichthum
gilt. Er sucht natürlich so hoch zu verkaufen als möglich; aber
selbst der Verkauf unter dem Werth und unter dem kapitalistischen
Produktionspreis gilt ihm immer noch als Profit, soweit dieser
Profit nicht durch Verschuldung, Hypothek u. s. w. anticipirt ist.
Für den Kapitalisten dagegen ist sowohl die Auslage von variablem
wie konstantem Kapital Vorschuss von Kapital. Der relativ grössre
Vorschuss des letztern verringert unter sonst gleichbleibenden Um-
ständen den Kostpreis, wie wirklich auch den Werth der Waaren.
Obgleich daher der Profit bloss aus der Mehrarbeit, also bloss aus
der Anwendung von variablem Kapital entspringt, kann es dem
einzelnen Kapitalisten doch so scheinen, dass die lebendige Arbeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0238" n="229"/>
Kapital stets wohlfeiler als die von variablem. Es setzt dies in<lb/>
der That die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende<lb/>
Kreditentwicklung und Reichlichkeit von Leihkapital voraus. Auf<lb/>
der einen Seite wende ich 100 <hi rendition="#i">£</hi> zusätzliches konstantes Kapital<lb/>
an, wenn 100 <hi rendition="#i">£</hi> das Produkt von 5 Arbeitern, während des Jahrs;<lb/>
auf der andern 100 <hi rendition="#i">£</hi> in variablem Kapital. Ist die Rate des<lb/>
Mehrwerths = 100 %, so der Werth den die 5 Arbeiter geschaffen<lb/>
haben = 200 <hi rendition="#i">£</hi>; dagegen der Werth von 100 <hi rendition="#i">£</hi> konstantem Ka-<lb/>
pital ist = 100 <hi rendition="#i">£</hi>, und als Kapital vielleicht = 105 <hi rendition="#i">£</hi>, wenn der Zins-<lb/>
fuss = 5 %. Dieselben Geldsummen, je nachdem sie der Produk-<lb/>
tion vorgeschossen werden als Werthgrössen von konstantem oder<lb/>
von variablem Kapital, drücken sehr verschiedne Werthe aus, in<lb/>
ihrem Produkt betrachtet. Was ferner die Kosten der Waaren<lb/>
vom Standpunkt des Kapitalisten angeht, findet noch der Unter-<lb/>
schied statt, dass von den 100 <hi rendition="#i">£</hi> konstantes Kapital, soweit dies<lb/>
in fixem Kapital angelegt, nur der Verschleiss in den Werth der<lb/>
Waare eingeht, während die 100 <hi rendition="#i">£</hi> für Arbeitslohn ganz darin<lb/>
reproducirt sein müssen.</p><lb/>
            <p>Bei Kolonisten und überhaupt selbständigen Kleinproducenten,<lb/>
die über Kapital gar nicht oder nur zu hohen Zinsen verfügen<lb/>
können, ist der Produktentheil, der den Arbeitslohn vertritt, ihre<lb/>
Revenue, während er für den Kapitalisten Kapitalvorschuss ist<lb/>
Jener betrachtet diese Arbeitsauslage daher als unumgängliche Vor-<lb/>
bedingung für den Arbeitsertrag, um den es sich zunächst handelt.<lb/>
Was aber seine überschüssige Arbeit betrifft, nach Abzug jener<lb/>
nothwendigen Arbeit, so realisirt sie sich jedenfalls in einem über-<lb/>
schüssigen Produkt; und sobald er dies verkaufen oder auch selbst<lb/>
verwenden kann, betrachtet er dies als etwas, was ihm nichts ge-<lb/>
kostet hat, weil keine vergegenständlichte Arbeit. Es ist diese<lb/>
allein, deren Verausgabung ihm als Veräusserung von Reichthum<lb/>
gilt. Er sucht natürlich so hoch zu verkaufen als möglich; aber<lb/>
selbst der Verkauf unter dem Werth und unter dem kapitalistischen<lb/>
Produktionspreis gilt ihm immer noch als Profit, soweit dieser<lb/>
Profit nicht durch Verschuldung, Hypothek u. s. w. anticipirt ist.<lb/>
Für den Kapitalisten dagegen ist sowohl die Auslage von variablem<lb/>
wie konstantem Kapital Vorschuss von Kapital. Der relativ grössre<lb/>
Vorschuss des letztern verringert unter sonst gleichbleibenden Um-<lb/>
ständen den Kostpreis, wie wirklich auch den Werth der Waaren.<lb/>
Obgleich daher der Profit bloss aus der Mehrarbeit, also bloss aus<lb/>
der Anwendung von variablem Kapital entspringt, kann es dem<lb/>
einzelnen Kapitalisten doch so scheinen, dass die lebendige Arbeit<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0238] Kapital stets wohlfeiler als die von variablem. Es setzt dies in der That die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Kreditentwicklung und Reichlichkeit von Leihkapital voraus. Auf der einen Seite wende ich 100 £ zusätzliches konstantes Kapital an, wenn 100 £ das Produkt von 5 Arbeitern, während des Jahrs; auf der andern 100 £ in variablem Kapital. Ist die Rate des Mehrwerths = 100 %, so der Werth den die 5 Arbeiter geschaffen haben = 200 £; dagegen der Werth von 100 £ konstantem Ka- pital ist = 100 £, und als Kapital vielleicht = 105 £, wenn der Zins- fuss = 5 %. Dieselben Geldsummen, je nachdem sie der Produk- tion vorgeschossen werden als Werthgrössen von konstantem oder von variablem Kapital, drücken sehr verschiedne Werthe aus, in ihrem Produkt betrachtet. Was ferner die Kosten der Waaren vom Standpunkt des Kapitalisten angeht, findet noch der Unter- schied statt, dass von den 100 £ konstantes Kapital, soweit dies in fixem Kapital angelegt, nur der Verschleiss in den Werth der Waare eingeht, während die 100 £ für Arbeitslohn ganz darin reproducirt sein müssen. Bei Kolonisten und überhaupt selbständigen Kleinproducenten, die über Kapital gar nicht oder nur zu hohen Zinsen verfügen können, ist der Produktentheil, der den Arbeitslohn vertritt, ihre Revenue, während er für den Kapitalisten Kapitalvorschuss ist Jener betrachtet diese Arbeitsauslage daher als unumgängliche Vor- bedingung für den Arbeitsertrag, um den es sich zunächst handelt. Was aber seine überschüssige Arbeit betrifft, nach Abzug jener nothwendigen Arbeit, so realisirt sie sich jedenfalls in einem über- schüssigen Produkt; und sobald er dies verkaufen oder auch selbst verwenden kann, betrachtet er dies als etwas, was ihm nichts ge- kostet hat, weil keine vergegenständlichte Arbeit. Es ist diese allein, deren Verausgabung ihm als Veräusserung von Reichthum gilt. Er sucht natürlich so hoch zu verkaufen als möglich; aber selbst der Verkauf unter dem Werth und unter dem kapitalistischen Produktionspreis gilt ihm immer noch als Profit, soweit dieser Profit nicht durch Verschuldung, Hypothek u. s. w. anticipirt ist. Für den Kapitalisten dagegen ist sowohl die Auslage von variablem wie konstantem Kapital Vorschuss von Kapital. Der relativ grössre Vorschuss des letztern verringert unter sonst gleichbleibenden Um- ständen den Kostpreis, wie wirklich auch den Werth der Waaren. Obgleich daher der Profit bloss aus der Mehrarbeit, also bloss aus der Anwendung von variablem Kapital entspringt, kann es dem einzelnen Kapitalisten doch so scheinen, dass die lebendige Arbeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/238
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/238>, abgerufen am 25.11.2024.