viel ist klar, dass es an den wirklichen Bestandtheilen des Bankier- kapitals -- Geld, Wechsel, Depotpapiere -- nichts ändert, ob diese verschiednen Elemente sein eignes Kapital repräsentiren oder De- positen, das Kapital andrer Leute. Dieselbe Eintheilung bliebe, sowohl wenn er bloss mit eignem Kapital sein Geschäft betriebe, wie wenn bloss mit bei ihm deponirten Kapital.
Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede bestimmte und regelmässige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Werthsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann.
Die Sache ist einfach: Gesetzt der Durchschnittszinsfuss sei 5 % jährlich. Eine Summe von 500 £ würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 £ einbringen. Jede feste jähr- liche Einnahme von 25 £ wird daher als Zins eines Kapitals von 500 £ betrachtet. Dies ist und bleibt jedoch eine rein illusorische Vorstellung, ausser in dem Fall, dass die Quelle der 25 £, sei diese nun ein blosser Eigenthumstitel resp. Schuldforderung, oder sei sie ein wirkliches Produktionselement, wie etwa ein Grundstück, direkt übertragbar ist oder eine Form erhält, worin sie übertrag- bar wird. Nehmen wir als Beispiele Staatsschuld und Arbeitslohn.
Der Staat hat seinen Gläubigern jährlich ein gewisses Quantum Zins für das geborgte Kapital zu zahlen. Der Gläubiger kann hier nicht seinem Schuldner aufkündigen, sondern nur die Forde- rung, seinen Besitztitel darüber, verkaufen. Das Kapital selbst ist aufgegessen, verausgabt vom Staat. Es existirt nicht mehr. Was der Staatsgläubiger besitzt, ist 1) ein Schuldschein auf den Staat, sage von 100 £; 2) gibt dieser Schuldschein ihm den Anspruch auf die jährlichen Staatseinnahmen, d. h. das jährliche Produkt der Steuern, für einen gewissen Betrag, sage 5 £ oder 5 %; 3) kann er diesen Schuldschein von 100 £ beliebig an andre Personen ver- kaufen. Ist der Zinsfuss 5 %, und dazu Sicherheit des Staats vorausgesetzt, so kann der Besitzer A den Schuldschein in der Regel zu 100 £ an B verkaufen; denn für B ist es dasselbe, ob er 100 £ zu 5 % jährlich ausleiht, oder ob er durch Zahlung von 100 £ sich einen jährlichen Tribut vom Staat zum Betrage von 5 £ sichert. Aber in allen diesen Fällen bleibt das Kapital, als
viel ist klar, dass es an den wirklichen Bestandtheilen des Bankier- kapitals — Geld, Wechsel, Depôtpapiere — nichts ändert, ob diese verschiednen Elemente sein eignes Kapital repräsentiren oder De- positen, das Kapital andrer Leute. Dieselbe Eintheilung bliebe, sowohl wenn er bloss mit eignem Kapital sein Geschäft betriebe, wie wenn bloss mit bei ihm deponirten Kapital.
Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede bestimmte und regelmässige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Werthsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann.
Die Sache ist einfach: Gesetzt der Durchschnittszinsfuss sei 5 % jährlich. Eine Summe von 500 £ würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 £ einbringen. Jede feste jähr- liche Einnahme von 25 £ wird daher als Zins eines Kapitals von 500 £ betrachtet. Dies ist und bleibt jedoch eine rein illusorische Vorstellung, ausser in dem Fall, dass die Quelle der 25 £, sei diese nun ein blosser Eigenthumstitel resp. Schuldforderung, oder sei sie ein wirkliches Produktionselement, wie etwa ein Grundstück, direkt übertragbar ist oder eine Form erhält, worin sie übertrag- bar wird. Nehmen wir als Beispiele Staatsschuld und Arbeitslohn.
Der Staat hat seinen Gläubigern jährlich ein gewisses Quantum Zins für das geborgte Kapital zu zahlen. Der Gläubiger kann hier nicht seinem Schuldner aufkündigen, sondern nur die Forde- rung, seinen Besitztitel darüber, verkaufen. Das Kapital selbst ist aufgegessen, verausgabt vom Staat. Es existirt nicht mehr. Was der Staatsgläubiger besitzt, ist 1) ein Schuldschein auf den Staat, sage von 100 £; 2) gibt dieser Schuldschein ihm den Anspruch auf die jährlichen Staatseinnahmen, d. h. das jährliche Produkt der Steuern, für einen gewissen Betrag, sage 5 £ oder 5 %; 3) kann er diesen Schuldschein von 100 £ beliebig an andre Personen ver- kaufen. Ist der Zinsfuss 5 %, und dazu Sicherheit des Staats vorausgesetzt, so kann der Besitzer A den Schuldschein in der Regel zu 100 £ an B verkaufen; denn für B ist es dasselbe, ob er 100 £ zu 5 % jährlich ausleiht, oder ob er durch Zahlung von 100 £ sich einen jährlichen Tribut vom Staat zum Betrage von 5 £ sichert. Aber in allen diesen Fällen bleibt das Kapital, als
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[2/0011]
viel ist klar, dass es an den wirklichen Bestandtheilen des Bankier-
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positen, das Kapital andrer Leute. Dieselbe Eintheilung bliebe,
sowohl wenn er bloss mit eignem Kapital sein Geschäft betriebe,
wie wenn bloss mit bei ihm deponirten Kapital.
Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass
jede bestimmte und regelmässige Geldrevenue als Zins eines Kapitals
erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst
wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins
findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso
erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Werthsumme als
Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich
als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder
wirklichen Zins, den sie tragen kann.
Die Sache ist einfach: Gesetzt der Durchschnittszinsfuss sei 5 %
jährlich. Eine Summe von 500 £ würde also jährlich, wenn in
zinstragendes Kapital verwandelt, 25 £ einbringen. Jede feste jähr-
liche Einnahme von 25 £ wird daher als Zins eines Kapitals von
500 £ betrachtet. Dies ist und bleibt jedoch eine rein illusorische
Vorstellung, ausser in dem Fall, dass die Quelle der 25 £, sei
diese nun ein blosser Eigenthumstitel resp. Schuldforderung, oder
sei sie ein wirkliches Produktionselement, wie etwa ein Grundstück,
direkt übertragbar ist oder eine Form erhält, worin sie übertrag-
bar wird. Nehmen wir als Beispiele Staatsschuld und Arbeitslohn.
Der Staat hat seinen Gläubigern jährlich ein gewisses Quantum
Zins für das geborgte Kapital zu zahlen. Der Gläubiger kann
hier nicht seinem Schuldner aufkündigen, sondern nur die Forde-
rung, seinen Besitztitel darüber, verkaufen. Das Kapital selbst ist
aufgegessen, verausgabt vom Staat. Es existirt nicht mehr. Was
der Staatsgläubiger besitzt, ist 1) ein Schuldschein auf den Staat,
sage von 100 £; 2) gibt dieser Schuldschein ihm den Anspruch
auf die jährlichen Staatseinnahmen, d. h. das jährliche Produkt der
Steuern, für einen gewissen Betrag, sage 5 £ oder 5 %; 3) kann er
diesen Schuldschein von 100 £ beliebig an andre Personen ver-
kaufen. Ist der Zinsfuss 5 %, und dazu Sicherheit des Staats
vorausgesetzt, so kann der Besitzer A den Schuldschein in der
Regel zu 100 £ an B verkaufen; denn für B ist es dasselbe, ob
er 100 £ zu 5 % jährlich ausleiht, oder ob er durch Zahlung von
100 £ sich einen jährlichen Tribut vom Staat zum Betrage von
5 £ sichert. Aber in allen diesen Fällen bleibt das Kapital, als
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/11>, abgerufen am 23.11.2024.
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