des Rohstoffs schiesst diesen dem verarbeitenden Fabrikanten vor und er- hält von ihm eine Zahlungspromesse auf fixen Verfalltag. Der Fabrikant, nach Ausführung seines Theils der Arbeit, schiesst wiederum und zu ähn- lichen Bedingungen sein Produkt einem andern Fabrikanten vor, der es weiter verarbeiten muss, und so erstreckt sich der Kredit immer weiter, von einem zum andern bis zum Konsumenten. Der Grosshändler macht dem Klein- händler Waarenvorschüsse, während er selbst solche vom Fabrikanten oder vom Kommissionär erhält. Jeder borgt mit der einen Hand und leiht mit der andern, zuweilen Geld, aber weit häufiger Produkte. So vollzieht sich, in den industriellen Beziehungen, ein unaufhörlicher Austausch von Vor- schüssen, die sich kombiniren und in allen Richtungen durchkreuzen. Grade in der Vervielfältigung und dem Wachsthum dieser gegenseitigen Vorschüsse besteht die Entwicklung des Kredits, und hier ist der wahre Sitz seiner Macht."
Die andre Seite des Kreditwesens schliesst sich an die Ent wicklung des Geldhandels, die natürlich in der kapitalistischen Produktion Schritt hält mit der Entwicklung des Waarenhandels. Wir haben im vorigen Abschnitt (Kapitel XIX) gesehn, wie sich die Aufbewahrung der Reservefonds der Geschäftsleute, die tech- nischen Operationen des Geldeinnehmens und Auszahlens, der inter- nationalen Zahlungen, und damit der Barrenhandel, in den Händen der Geldhändler koncentrirt. Im Anschluss an diesen Geldhandel entwickelt sich die andre Seite des Kreditwesens, die Verwaltung des zinstragenden Kapitals oder des Geldkapitals, als besondre Funktion der Geldhändler. Das Borgen und Verleihen des Geldes wird ihr besondres Geschäft. Sie treten als Vermittler zwischen den wirklichen Verleiher und den Borger von Geldkapital. All- gemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu grossen Massen zu koncentriren, sodass statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerciellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits koncentriren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Centralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Centralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allge- meinen darin, dass sie zu niedrigern Zinsen borgt als sie ausleiht.
Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fliesst ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst koncentrirt sich in ihrer Hand, da sie Kassirer der industriellen Kapitalisten sind, das Geld- kapital, das jeder Producent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufliesst. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der Reservefonds der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher koncentrirt, auf das
des Rohstoffs schiesst diesen dem verarbeitenden Fabrikanten vor und er- hält von ihm eine Zahlungspromesse auf fixen Verfalltag. Der Fabrikant, nach Ausführung seines Theils der Arbeit, schiesst wiederum und zu ähn- lichen Bedingungen sein Produkt einem andern Fabrikanten vor, der es weiter verarbeiten muss, und so erstreckt sich der Kredit immer weiter, von einem zum andern bis zum Konsumenten. Der Grosshändler macht dem Klein- händler Waarenvorschüsse, während er selbst solche vom Fabrikanten oder vom Kommissionär erhält. Jeder borgt mit der einen Hand und leiht mit der andern, zuweilen Geld, aber weit häufiger Produkte. So vollzieht sich, in den industriellen Beziehungen, ein unaufhörlicher Austausch von Vor- schüssen, die sich kombiniren und in allen Richtungen durchkreuzen. Grade in der Vervielfältigung und dem Wachsthum dieser gegenseitigen Vorschüsse besteht die Entwicklung des Kredits, und hier ist der wahre Sitz seiner Macht.“
Die andre Seite des Kreditwesens schliesst sich an die Ent wicklung des Geldhandels, die natürlich in der kapitalistischen Produktion Schritt hält mit der Entwicklung des Waarenhandels. Wir haben im vorigen Abschnitt (Kapitel XIX) gesehn, wie sich die Aufbewahrung der Reservefonds der Geschäftsleute, die tech- nischen Operationen des Geldeinnehmens und Auszahlens, der inter- nationalen Zahlungen, und damit der Barrenhandel, in den Händen der Geldhändler koncentrirt. Im Anschluss an diesen Geldhandel entwickelt sich die andre Seite des Kreditwesens, die Verwaltung des zinstragenden Kapitals oder des Geldkapitals, als besondre Funktion der Geldhändler. Das Borgen und Verleihen des Geldes wird ihr besondres Geschäft. Sie treten als Vermittler zwischen den wirklichen Verleiher und den Borger von Geldkapital. All- gemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu grossen Massen zu koncentriren, sodass statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerciellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits koncentriren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Centralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Centralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allge- meinen darin, dass sie zu niedrigern Zinsen borgt als sie ausleiht.
Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fliesst ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst koncentrirt sich in ihrer Hand, da sie Kassirer der industriellen Kapitalisten sind, das Geld- kapital, das jeder Producent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufliesst. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der Reservefonds der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher koncentrirt, auf das
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des Rohstoffs schiesst diesen dem verarbeitenden Fabrikanten vor und er-
hält von ihm eine Zahlungspromesse auf fixen Verfalltag. Der Fabrikant,
nach Ausführung seines Theils der Arbeit, schiesst wiederum und zu ähn-
lichen Bedingungen sein Produkt einem andern Fabrikanten vor, der es weiter
verarbeiten muss, und so erstreckt sich der Kredit immer weiter, von einem
zum andern bis zum Konsumenten. Der Grosshändler macht dem Klein-
händler Waarenvorschüsse, während er selbst solche vom Fabrikanten oder
vom Kommissionär erhält. Jeder borgt mit der einen Hand und leiht mit
der andern, zuweilen Geld, aber weit häufiger Produkte. So vollzieht sich,
in den industriellen Beziehungen, ein unaufhörlicher Austausch von Vor-
schüssen, die sich kombiniren und in allen Richtungen durchkreuzen. Grade
in der Vervielfältigung und dem Wachsthum dieser gegenseitigen Vorschüsse
besteht die Entwicklung des Kredits, und hier ist der wahre Sitz seiner
Macht.“
Die andre Seite des Kreditwesens schliesst sich an die Ent
wicklung des Geldhandels, die natürlich in der kapitalistischen
Produktion Schritt hält mit der Entwicklung des Waarenhandels.
Wir haben im vorigen Abschnitt (Kapitel XIX) gesehn, wie sich
die Aufbewahrung der Reservefonds der Geschäftsleute, die tech-
nischen Operationen des Geldeinnehmens und Auszahlens, der inter-
nationalen Zahlungen, und damit der Barrenhandel, in den Händen
der Geldhändler koncentrirt. Im Anschluss an diesen Geldhandel
entwickelt sich die andre Seite des Kreditwesens, die Verwaltung
des zinstragenden Kapitals oder des Geldkapitals, als besondre
Funktion der Geldhändler. Das Borgen und Verleihen des Geldes
wird ihr besondres Geschäft. Sie treten als Vermittler zwischen
den wirklichen Verleiher und den Borger von Geldkapital. All-
gemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite
darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu grossen Massen
zu koncentriren, sodass statt des einzelnen Geldverleihers die
Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen
und kommerciellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die
allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits koncentriren
sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die
ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite
die Centralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern
die Centralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allge-
meinen darin, dass sie zu niedrigern Zinsen borgt als sie ausleiht.
Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fliesst
ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst koncentrirt sich in ihrer
Hand, da sie Kassirer der industriellen Kapitalisten sind, das Geld-
kapital, das jeder Producent und Kaufmann als Reservefonds hält,
oder das ihm als Zahlung zufliesst. Diese Fonds verwandeln sich
so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der Reservefonds
der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher koncentrirt, auf das
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/422>, abgerufen am 27.11.2024.
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