Dreiundzwanzigstes Kapitel. Zins und Unternehmergewinn.
Der Zins, wie wir in den beiden vorhergehenden Kapiteln gesehn, erscheint ursprünglich, ist ursprünglich, und bleibt in Wirklichkeit nichts als ein Theil des Profits, d. h. des Mehrwerths, den der fungirende Kapitalist, Industrieller oder Kaufmann, soweit er nicht eignes Kapital, sondern geliehenes Kapital anwendet, wegzahlen muss an den Eigenthümer und Verleiher dieses Kapitals. Wendet er nur eignes Kapital an, so findet keine solche Theilung des Profits statt; dieser gehört ihm ganz. In der That, soweit die Eigner des Kapitals es selbst im Reproduktionsprocess anwenden, konkurriren sie nicht mit zur Bestimmung der Zinsrate, und schon hierin zeigt sich, wie die Kategorie des Zinses -- unmöglich ohne die Bestimmung eines Zinsfusses -- der Bewegung des industriellen Kapitals an sich fremd ist.
"The rate of interest may be defined to be that proportional sum which the lender is content to receive, and the borrower to pay, for a year or for any longer or shorter period for the use of a certain amount of moneyed capital ... when the owner of capital employs it actively in reproduction, he does not come under the head of those capitalists, the proportion of whom, to the number of borrowers, determines the rate of interest." (Th. Tooke, Hist. of Prices, edit. Newmarch. London 1857. II, p. 355.) Es ist in der That nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapita- listen und industrielle Kapitalisten, die einen Theil des Profits in Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft; und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Ka- pitalisten, die den Zinsfuss schafft.
So lang das Kapital im Reproduktionsprocess fungirt, -- selbst vorausgesetzt es gehöre dem industriellen Kapitalisten selbst, sodass er es an keinen Verleiher zurückzuzahlen hat -- so lange hat er zu seiner Verfügung als Privatmann nicht dies Kapital selbst, sondern nur den Profit, den er als Revenue verausgaben kann. Solang sein Kapital als Kapital fungirt, gehört es dem Reproduk- tionsprocess, ist es darin festgelegt. Er ist zwar sein Eigenthümer, aber dies Eigenthum befähigt ihn nicht, so lange er es als Kapital zur Ausbeutung von Arbeit benützt, in andrer Weise darüber zu verfügen. Ganz so verhält es sich mit dem Geldkapitalisten. So lange sein Kapital ausgeliehen ist und daher als Geldkapital wirkt, bringt es ihm Zins, einen Theil des Profits, aber über die Haupt-
23*
Dreiundzwanzigstes Kapitel. Zins und Unternehmergewinn.
Der Zins, wie wir in den beiden vorhergehenden Kapiteln gesehn, erscheint ursprünglich, ist ursprünglich, und bleibt in Wirklichkeit nichts als ein Theil des Profits, d. h. des Mehrwerths, den der fungirende Kapitalist, Industrieller oder Kaufmann, soweit er nicht eignes Kapital, sondern geliehenes Kapital anwendet, wegzahlen muss an den Eigenthümer und Verleiher dieses Kapitals. Wendet er nur eignes Kapital an, so findet keine solche Theilung des Profits statt; dieser gehört ihm ganz. In der That, soweit die Eigner des Kapitals es selbst im Reproduktionsprocess anwenden, konkurriren sie nicht mit zur Bestimmung der Zinsrate, und schon hierin zeigt sich, wie die Kategorie des Zinses — unmöglich ohne die Bestimmung eines Zinsfusses — der Bewegung des industriellen Kapitals an sich fremd ist.
„The rate of interest may be defined to be that proportional sum which the lender is content to receive, and the borrower to pay, for a year or for any longer or shorter period for the use of a certain amount of moneyed capital … when the owner of capital employs it actively in reproduction, he does not come under the head of those capitalists, the proportion of whom, to the number of borrowers, determines the rate of interest.“ (Th. Tooke, Hist. of Prices, edit. Newmarch. London 1857. II, p. 355.) Es ist in der That nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapita- listen und industrielle Kapitalisten, die einen Theil des Profits in Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft; und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Ka- pitalisten, die den Zinsfuss schafft.
So lang das Kapital im Reproduktionsprocess fungirt, — selbst vorausgesetzt es gehöre dem industriellen Kapitalisten selbst, sodass er es an keinen Verleiher zurückzuzahlen hat — so lange hat er zu seiner Verfügung als Privatmann nicht dies Kapital selbst, sondern nur den Profit, den er als Revenue verausgaben kann. Solang sein Kapital als Kapital fungirt, gehört es dem Reproduk- tionsprocess, ist es darin festgelegt. Er ist zwar sein Eigenthümer, aber dies Eigenthum befähigt ihn nicht, so lange er es als Kapital zur Ausbeutung von Arbeit benützt, in andrer Weise darüber zu verfügen. Ganz so verhält es sich mit dem Geldkapitalisten. So lange sein Kapital ausgeliehen ist und daher als Geldkapital wirkt, bringt es ihm Zins, einen Theil des Profits, aber über die Haupt-
23*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0389"n="355"/><divn="3"><head><hirendition="#g">Dreiundzwanzigstes Kapitel</hi>.<lb/><hirendition="#b">Zins und Unternehmergewinn.</hi></head><lb/><p>Der Zins, wie wir in den beiden vorhergehenden Kapiteln gesehn,<lb/>
erscheint ursprünglich, ist ursprünglich, und bleibt in Wirklichkeit<lb/>
nichts als ein Theil des Profits, d. h. des Mehrwerths, den der<lb/>
fungirende Kapitalist, Industrieller oder Kaufmann, soweit er nicht<lb/>
eignes Kapital, sondern geliehenes Kapital anwendet, wegzahlen<lb/>
muss an den Eigenthümer und Verleiher dieses Kapitals. Wendet<lb/>
er nur eignes Kapital an, so findet keine solche Theilung des<lb/>
Profits statt; dieser gehört ihm ganz. In der That, soweit die<lb/>
Eigner des Kapitals es selbst im Reproduktionsprocess anwenden,<lb/>
konkurriren sie nicht mit zur Bestimmung der Zinsrate, und schon<lb/>
hierin zeigt sich, wie die Kategorie des Zinses — unmöglich ohne<lb/>
die Bestimmung eines Zinsfusses — der Bewegung des industriellen<lb/>
Kapitals an sich fremd ist.</p><lb/><p>„The rate of interest may be defined to be that proportional<lb/>
sum which the lender is content to receive, and the borrower to<lb/>
pay, for a year or for any longer or shorter period for the use<lb/>
of a certain amount of moneyed capital … when the owner of<lb/>
capital employs it actively in reproduction, he does not come<lb/>
under the head of those capitalists, the proportion of whom, to<lb/>
the number of borrowers, determines the rate of interest.“ (Th. Tooke,<lb/>
Hist. of Prices, edit. Newmarch. London 1857. II, p. 355.) Es ist<lb/>
in der That nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapita-<lb/>
listen und industrielle Kapitalisten, die einen Theil des Profits in<lb/>
Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft;<lb/>
und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Ka-<lb/>
pitalisten, die den Zinsfuss schafft.</p><lb/><p>So lang das Kapital im Reproduktionsprocess fungirt, — selbst<lb/>
vorausgesetzt es gehöre dem industriellen Kapitalisten selbst, sodass<lb/>
er es an keinen Verleiher zurückzuzahlen hat — so lange hat er<lb/>
zu seiner Verfügung als Privatmann nicht dies Kapital selbst,<lb/>
sondern nur den Profit, den er als Revenue verausgaben kann.<lb/>
Solang sein Kapital als Kapital fungirt, gehört es dem Reproduk-<lb/>
tionsprocess, ist es darin festgelegt. Er ist zwar sein Eigenthümer,<lb/>
aber dies Eigenthum befähigt ihn nicht, so lange er es als Kapital<lb/>
zur Ausbeutung von Arbeit benützt, in andrer Weise darüber zu<lb/>
verfügen. Ganz so verhält es sich mit dem Geldkapitalisten. So<lb/>
lange sein Kapital ausgeliehen ist und daher als Geldkapital wirkt,<lb/>
bringt es ihm Zins, einen Theil des Profits, aber über die Haupt-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">23*</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[355/0389]
Dreiundzwanzigstes Kapitel.
Zins und Unternehmergewinn.
Der Zins, wie wir in den beiden vorhergehenden Kapiteln gesehn,
erscheint ursprünglich, ist ursprünglich, und bleibt in Wirklichkeit
nichts als ein Theil des Profits, d. h. des Mehrwerths, den der
fungirende Kapitalist, Industrieller oder Kaufmann, soweit er nicht
eignes Kapital, sondern geliehenes Kapital anwendet, wegzahlen
muss an den Eigenthümer und Verleiher dieses Kapitals. Wendet
er nur eignes Kapital an, so findet keine solche Theilung des
Profits statt; dieser gehört ihm ganz. In der That, soweit die
Eigner des Kapitals es selbst im Reproduktionsprocess anwenden,
konkurriren sie nicht mit zur Bestimmung der Zinsrate, und schon
hierin zeigt sich, wie die Kategorie des Zinses — unmöglich ohne
die Bestimmung eines Zinsfusses — der Bewegung des industriellen
Kapitals an sich fremd ist.
„The rate of interest may be defined to be that proportional
sum which the lender is content to receive, and the borrower to
pay, for a year or for any longer or shorter period for the use
of a certain amount of moneyed capital … when the owner of
capital employs it actively in reproduction, he does not come
under the head of those capitalists, the proportion of whom, to
the number of borrowers, determines the rate of interest.“ (Th. Tooke,
Hist. of Prices, edit. Newmarch. London 1857. II, p. 355.) Es ist
in der That nur die Trennung der Kapitalisten in Geldkapita-
listen und industrielle Kapitalisten, die einen Theil des Profits in
Zins verwandelt, die überhaupt die Kategorie des Zinses schafft;
und es ist nur die Konkurrenz zwischen diesen beiden Sorten Ka-
pitalisten, die den Zinsfuss schafft.
So lang das Kapital im Reproduktionsprocess fungirt, — selbst
vorausgesetzt es gehöre dem industriellen Kapitalisten selbst, sodass
er es an keinen Verleiher zurückzuzahlen hat — so lange hat er
zu seiner Verfügung als Privatmann nicht dies Kapital selbst,
sondern nur den Profit, den er als Revenue verausgaben kann.
Solang sein Kapital als Kapital fungirt, gehört es dem Reproduk-
tionsprocess, ist es darin festgelegt. Er ist zwar sein Eigenthümer,
aber dies Eigenthum befähigt ihn nicht, so lange er es als Kapital
zur Ausbeutung von Arbeit benützt, in andrer Weise darüber zu
verfügen. Ganz so verhält es sich mit dem Geldkapitalisten. So
lange sein Kapital ausgeliehen ist und daher als Geldkapital wirkt,
bringt es ihm Zins, einen Theil des Profits, aber über die Haupt-
23*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/389>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.