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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Entweder wechselt dies Quantum selbst, wird zu klein oder zu
gross, sodass also die Reproduktion auf einem andren Maßstab
stattgefunden hätte, als dem, der den gegebnen Marktwerth regu-
lirte. In diesem Fall hat sich die Zufuhr verändert, obgleich die
Nachfrage dieselbe blieb, und dadurch ist relative Ueberproduktion
oder Unterproduktion eingetreten. Oder aber die Reproduktion,
d. h. die Zufuhr bleibt dieselbe, aber die Nachfrage ist gefallen
oder gestiegen, was aus verschiednen Gründen geschehn kann.
Obgleich hier die absolute Grösse der Zufuhr dieselbe geblieben,
hat ihre relative Grösse, ihre Grösse verglichen mit, oder gemessen
an, dem Bedürfniss sich verändert. Die Wirkung ist dieselbe wie
im ersten Fall, nur in umgekehrter Richtung. Endlich: wenn
Veränderungen auf beiden Seiten stattfinden, aber entweder in
entgegengesetzter Richtung, oder wenn in derselben Richtung, nicht
in demselben Maß, wenn also in einem Wort doppelseitige Aen-
derungen stattfinden, die aber die frühere Proportion zwischen den
beiden Seiten ändern, so muss das Endresultat immer auf einen
der zwei oben betrachteten Fälle herauskommen.

Die eigentliche Schwierigkeit bei der allgemeinen Begriffsbe-
stimmung der Nachfrage und Zufuhr ist die, dass sie auf Tauto-
logie hinauszulaufen scheint. Betrachten wir zunächst die Zufuhr,
das auf dem Markt befindliche Produkt, oder das für ihn geliefert
werden kann. Um nicht in hier ganz nutzlose Details einzugehn,
denken wir hier an die Masse der jährlichen Reproduktion in
jedem bestimmten Industriezweig und sehn dabei ab von der
grössern oder geringern Fähigkeit, die verschiedne Waaren besitzen,
dem Markt entzogen und für die Konsumtion, sage des nächsten
Jahres, aufgespeichert zu werden. Diese jährliche Reproduktion
drückt zunächst ein bestimmtes Quantum aus, Maß oder Anzahl,
je nachdem die Waarenmasse als diskrete oder kontinuirliche ge-
messen wird; es sind nicht nur Gebrauchswerthe, die menschliche
Bedürfnisse befriedigen, sondern diese Gebrauchswerthe befinden
sich auf dem Markt in einem gegebnen Umfang. Zweitens aber
hat diese Waarenmenge einen bestimmten Marktwerth, den man
ausdrücken kann in einen Multipel des Marktwerths der Waare
oder des Waarenmaßes, die als Einheiten dienen. Zwischen dem
quantitativen Umfang der auf dem Markt befindlichen Waaren
und ihrem Marktwerth existirt daher kein nothwendiger Zusammen-
hang, indem z. B. manche Waaren specifisch hohen Werth haben,
andre specifisch niedrigen Werth, sodass eine gegebne Werthsumme
sich in einem sehr grossen Quantum der einen und einem sehr

Entweder wechselt dies Quantum selbst, wird zu klein oder zu
gross, sodass also die Reproduktion auf einem andren Maßstab
stattgefunden hätte, als dem, der den gegebnen Marktwerth regu-
lirte. In diesem Fall hat sich die Zufuhr verändert, obgleich die
Nachfrage dieselbe blieb, und dadurch ist relative Ueberproduktion
oder Unterproduktion eingetreten. Oder aber die Reproduktion,
d. h. die Zufuhr bleibt dieselbe, aber die Nachfrage ist gefallen
oder gestiegen, was aus verschiednen Gründen geschehn kann.
Obgleich hier die absolute Grösse der Zufuhr dieselbe geblieben,
hat ihre relative Grösse, ihre Grösse verglichen mit, oder gemessen
an, dem Bedürfniss sich verändert. Die Wirkung ist dieselbe wie
im ersten Fall, nur in umgekehrter Richtung. Endlich: wenn
Veränderungen auf beiden Seiten stattfinden, aber entweder in
entgegengesetzter Richtung, oder wenn in derselben Richtung, nicht
in demselben Maß, wenn also in einem Wort doppelseitige Aen-
derungen stattfinden, die aber die frühere Proportion zwischen den
beiden Seiten ändern, so muss das Endresultat immer auf einen
der zwei oben betrachteten Fälle herauskommen.

Die eigentliche Schwierigkeit bei der allgemeinen Begriffsbe-
stimmung der Nachfrage und Zufuhr ist die, dass sie auf Tauto-
logie hinauszulaufen scheint. Betrachten wir zunächst die Zufuhr,
das auf dem Markt befindliche Produkt, oder das für ihn geliefert
werden kann. Um nicht in hier ganz nutzlose Details einzugehn,
denken wir hier an die Masse der jährlichen Reproduktion in
jedem bestimmten Industriezweig und sehn dabei ab von der
grössern oder geringern Fähigkeit, die verschiedne Waaren besitzen,
dem Markt entzogen und für die Konsumtion, sage des nächsten
Jahres, aufgespeichert zu werden. Diese jährliche Reproduktion
drückt zunächst ein bestimmtes Quantum aus, Maß oder Anzahl,
je nachdem die Waarenmasse als diskrete oder kontinuirliche ge-
messen wird; es sind nicht nur Gebrauchswerthe, die menschliche
Bedürfnisse befriedigen, sondern diese Gebrauchswerthe befinden
sich auf dem Markt in einem gegebnen Umfang. Zweitens aber
hat diese Waarenmenge einen bestimmten Marktwerth, den man
ausdrücken kann in einen Multipel des Marktwerths der Waare
oder des Waarenmaßes, die als Einheiten dienen. Zwischen dem
quantitativen Umfang der auf dem Markt befindlichen Waaren
und ihrem Marktwerth existirt daher kein nothwendiger Zusammen-
hang, indem z. B. manche Waaren specifisch hohen Werth haben,
andre specifisch niedrigen Werth, sodass eine gegebne Werthsumme
sich in einem sehr grossen Quantum der einen und einem sehr

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[165/0199] Entweder wechselt dies Quantum selbst, wird zu klein oder zu gross, sodass also die Reproduktion auf einem andren Maßstab stattgefunden hätte, als dem, der den gegebnen Marktwerth regu- lirte. In diesem Fall hat sich die Zufuhr verändert, obgleich die Nachfrage dieselbe blieb, und dadurch ist relative Ueberproduktion oder Unterproduktion eingetreten. Oder aber die Reproduktion, d. h. die Zufuhr bleibt dieselbe, aber die Nachfrage ist gefallen oder gestiegen, was aus verschiednen Gründen geschehn kann. Obgleich hier die absolute Grösse der Zufuhr dieselbe geblieben, hat ihre relative Grösse, ihre Grösse verglichen mit, oder gemessen an, dem Bedürfniss sich verändert. Die Wirkung ist dieselbe wie im ersten Fall, nur in umgekehrter Richtung. Endlich: wenn Veränderungen auf beiden Seiten stattfinden, aber entweder in entgegengesetzter Richtung, oder wenn in derselben Richtung, nicht in demselben Maß, wenn also in einem Wort doppelseitige Aen- derungen stattfinden, die aber die frühere Proportion zwischen den beiden Seiten ändern, so muss das Endresultat immer auf einen der zwei oben betrachteten Fälle herauskommen. Die eigentliche Schwierigkeit bei der allgemeinen Begriffsbe- stimmung der Nachfrage und Zufuhr ist die, dass sie auf Tauto- logie hinauszulaufen scheint. Betrachten wir zunächst die Zufuhr, das auf dem Markt befindliche Produkt, oder das für ihn geliefert werden kann. Um nicht in hier ganz nutzlose Details einzugehn, denken wir hier an die Masse der jährlichen Reproduktion in jedem bestimmten Industriezweig und sehn dabei ab von der grössern oder geringern Fähigkeit, die verschiedne Waaren besitzen, dem Markt entzogen und für die Konsumtion, sage des nächsten Jahres, aufgespeichert zu werden. Diese jährliche Reproduktion drückt zunächst ein bestimmtes Quantum aus, Maß oder Anzahl, je nachdem die Waarenmasse als diskrete oder kontinuirliche ge- messen wird; es sind nicht nur Gebrauchswerthe, die menschliche Bedürfnisse befriedigen, sondern diese Gebrauchswerthe befinden sich auf dem Markt in einem gegebnen Umfang. Zweitens aber hat diese Waarenmenge einen bestimmten Marktwerth, den man ausdrücken kann in einen Multipel des Marktwerths der Waare oder des Waarenmaßes, die als Einheiten dienen. Zwischen dem quantitativen Umfang der auf dem Markt befindlichen Waaren und ihrem Marktwerth existirt daher kein nothwendiger Zusammen- hang, indem z. B. manche Waaren specifisch hohen Werth haben, andre specifisch niedrigen Werth, sodass eine gegebne Werthsumme sich in einem sehr grossen Quantum der einen und einem sehr

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/199>, abgerufen am 22.11.2024.