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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Austausch zu Produktionspreisen, wozu eine bestimmte Höhe kapi-
talistischer Entwicklung nöthig ist.

In welcher Weise immer die Preise der verschiednen Waaren
zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das
Werthgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Pro-
duktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt,
steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.

Abgesehn von der Beherrschung der Preise und der Preisbe-
wegung durch das Werthgesetz, ist es also durchaus sachgemäß,
die Werthe der Waaren nicht nur theoretisch, sondern historisch
als das prius der Produktionspreise zu betrachten. Es gilt dies
für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und
dieser Zustand findet sich, in der alten wie in der modernen Welt,
beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Hand-
werker. Es stimmt dies auch mit unsrer früher ausgesprochnen
Ansicht27), dass die Entwicklung der Produkte zu Waaren entspringt
durch den Austausch zwischen verschiednen Gemeinwesen, nicht
zwischen den Gliedern einer und derselben Gemeinde. Wie für
diesen ursprünglichen Zustand, so gilt es für die späteren Zu-
stände, die auf Sklaverei und Leibeigenschaft gegründet sind, und
für die Zunftorganisation des Handwerks, so lange die in jedem
Produktionszweig festgelegten Produktionsmittel nur mit Schwierig-
keit aus der einen Sphäre in die andre übertragbar sind, und die
verschiednen Produktionssphären sich daher innerhalb gewisser
Grenzen zu einander verhalten, wie fremde Länder oder kommu-
nistische Gemeinwesen.

Damit die Preise, wozu Waaren sich gegeneinander austauschen,
ihren Werthen annähernd entsprechen, ist nichts nöthig als dass
1) der Austausch der verschiednen Waaren aufhört ein rein zu-
fälliger oder nur gelegentlicher zu sein; 2) dass, soweit wir den
direkten Waarenaustausch betrachten, diese Waaren beiderseits in
den annähernd dem wechselseitigen Bedürfniss entsprechenden
Verhältnissmengen producirt werden, was die wechselseitige Er-
fahrung des Absatzes mitbringt, und was so als Resultat aus dem
fortgesetzten Austausch selbst herauswächst; und 3), soweit wir vom
Verkauf sprechen, dass kein natürliches oder künstliches Monopol
eine der kontrahirenden Seiten befähige, über den Werth zu ver-
kaufen, oder sie zwinge, unter ihm loszuschlagen. Unter zufälligem

27) Damals, 1865, noch blosse "Ansicht" von Marx. Heute, seit der um-
fangreichen Untersuchung der ursprünglichen Gemeinwesen von Maurer bis
auf Morgan, kaum noch irgendwo bestrittene Thatsache. -- F. E.

Austausch zu Produktionspreisen, wozu eine bestimmte Höhe kapi-
talistischer Entwicklung nöthig ist.

In welcher Weise immer die Preise der verschiednen Waaren
zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das
Werthgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Pro-
duktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt,
steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.

Abgesehn von der Beherrschung der Preise und der Preisbe-
wegung durch das Werthgesetz, ist es also durchaus sachgemäß,
die Werthe der Waaren nicht nur theoretisch, sondern historisch
als das prius der Produktionspreise zu betrachten. Es gilt dies
für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und
dieser Zustand findet sich, in der alten wie in der modernen Welt,
beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Hand-
werker. Es stimmt dies auch mit unsrer früher ausgesprochnen
Ansicht27), dass die Entwicklung der Produkte zu Waaren entspringt
durch den Austausch zwischen verschiednen Gemeinwesen, nicht
zwischen den Gliedern einer und derselben Gemeinde. Wie für
diesen ursprünglichen Zustand, so gilt es für die späteren Zu-
stände, die auf Sklaverei und Leibeigenschaft gegründet sind, und
für die Zunftorganisation des Handwerks, so lange die in jedem
Produktionszweig festgelegten Produktionsmittel nur mit Schwierig-
keit aus der einen Sphäre in die andre übertragbar sind, und die
verschiednen Produktionssphären sich daher innerhalb gewisser
Grenzen zu einander verhalten, wie fremde Länder oder kommu-
nistische Gemeinwesen.

Damit die Preise, wozu Waaren sich gegeneinander austauschen,
ihren Werthen annähernd entsprechen, ist nichts nöthig als dass
1) der Austausch der verschiednen Waaren aufhört ein rein zu-
fälliger oder nur gelegentlicher zu sein; 2) dass, soweit wir den
direkten Waarenaustausch betrachten, diese Waaren beiderseits in
den annähernd dem wechselseitigen Bedürfniss entsprechenden
Verhältnissmengen producirt werden, was die wechselseitige Er-
fahrung des Absatzes mitbringt, und was so als Resultat aus dem
fortgesetzten Austausch selbst herauswächst; und 3), soweit wir vom
Verkauf sprechen, dass kein natürliches oder künstliches Monopol
eine der kontrahirenden Seiten befähige, über den Werth zu ver-
kaufen, oder sie zwinge, unter ihm loszuschlagen. Unter zufälligem

27) Damals, 1865, noch blosse „Ansicht“ von Marx. Heute, seit der um-
fangreichen Untersuchung der ursprünglichen Gemeinwesen von Maurer bis
auf Morgan, kaum noch irgendwo bestrittene Thatsache. — F. E.
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[156/0190] Austausch zu Produktionspreisen, wozu eine bestimmte Höhe kapi- talistischer Entwicklung nöthig ist. In welcher Weise immer die Preise der verschiednen Waaren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Werthgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Pro- duktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen. Abgesehn von der Beherrschung der Preise und der Preisbe- wegung durch das Werthgesetz, ist es also durchaus sachgemäß, die Werthe der Waaren nicht nur theoretisch, sondern historisch als das prius der Produktionspreise zu betrachten. Es gilt dies für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und dieser Zustand findet sich, in der alten wie in der modernen Welt, beim selbstarbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Hand- werker. Es stimmt dies auch mit unsrer früher ausgesprochnen Ansicht 27), dass die Entwicklung der Produkte zu Waaren entspringt durch den Austausch zwischen verschiednen Gemeinwesen, nicht zwischen den Gliedern einer und derselben Gemeinde. Wie für diesen ursprünglichen Zustand, so gilt es für die späteren Zu- stände, die auf Sklaverei und Leibeigenschaft gegründet sind, und für die Zunftorganisation des Handwerks, so lange die in jedem Produktionszweig festgelegten Produktionsmittel nur mit Schwierig- keit aus der einen Sphäre in die andre übertragbar sind, und die verschiednen Produktionssphären sich daher innerhalb gewisser Grenzen zu einander verhalten, wie fremde Länder oder kommu- nistische Gemeinwesen. Damit die Preise, wozu Waaren sich gegeneinander austauschen, ihren Werthen annähernd entsprechen, ist nichts nöthig als dass 1) der Austausch der verschiednen Waaren aufhört ein rein zu- fälliger oder nur gelegentlicher zu sein; 2) dass, soweit wir den direkten Waarenaustausch betrachten, diese Waaren beiderseits in den annähernd dem wechselseitigen Bedürfniss entsprechenden Verhältnissmengen producirt werden, was die wechselseitige Er- fahrung des Absatzes mitbringt, und was so als Resultat aus dem fortgesetzten Austausch selbst herauswächst; und 3), soweit wir vom Verkauf sprechen, dass kein natürliches oder künstliches Monopol eine der kontrahirenden Seiten befähige, über den Werth zu ver- kaufen, oder sie zwinge, unter ihm loszuschlagen. Unter zufälligem 27) Damals, 1865, noch blosse „Ansicht“ von Marx. Heute, seit der um- fangreichen Untersuchung der ursprünglichen Gemeinwesen von Maurer bis auf Morgan, kaum noch irgendwo bestrittene Thatsache. — F. E.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/190>, abgerufen am 19.04.2024.