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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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schaftlichen Gründen den guten Rodbertus als einen ökonomischen
Stern allererster Grösse ausposaunten, sind ausnahmslos die Antwort
schuldig geblieben. Dagegen haben andre Leute es der Mühe
werth gehalten, sich mit dem Problem zu beschäftigen.

In seiner Kritik des II. Bandes (Conrads Jahrbücher, XI, 5, 1885,
S. 452--65) nimmt Prof. W. Lexis die Frage auf, wenn er auch
keine direkte Lösung geben will. Er sagt: "Die Lösung jenes
Widerspruchs" (zwischen dem Ricardo-Marx'schen Werthgesetz und
der gleichen Durchschnittsprofitrate) "ist unmöglich, wenn die
verschiednen Waarenarten vereinzelt betrachtet werden und ihr
Werth gleich ihrem Tauschwerth und dieser gleich oder proportional
ihrem Preise sein soll". Sie ist nach ihm nur möglich, wenn
man "für die einzelnen Waarenarten die Bemessung des Werthes
nach der Arbeit aufgibt, und nur die Waarenproduktion im
Ganzen, und die Vertheilung derselben unter die Gesammtklassen der
Kapitalisten und Arbeiter ins Auge fasst ... Von dem Gesammt-
produkt erhält die Arbeiterklasse nur einen gewissen Theil ...
der andre den Kapitalisten zufallende Theil bildet im Marx'schen
Sinne das Mehrprodukt und demnach auch ... den Mehrwerth.
Die Mitglieder der Kapitalistenklasse vertheilen nun diesen gesammten
Mehrwerth unter sich, nicht nach Maßgabe der von ihnen
beschäftigten Arbeiterzahl, sondern nach Verhältniss der von jedem
gestellten Kapitalgrösse, wobei auch Grund und Boden als Kapital-
werth mit in Rechnung gezogen wird". Die Marx'schen, durch
die in den Waaren verkörperten Arbeitseinheiten bestimmten Ideal-
werthe entsprechen nicht den Preisen, können aber "als Ausgangs-
punkt einer Verschiebung betrachtet werden, die zu den wirklichen
Preisen führt. Die letzteren sind dadurch bedingt, dass gleich
grosse Kapitalien gleich grosse Gewinne verlangen." Dadurch
werden einige Kapitalisten für ihre Waaren höhere Preise erhalten
als deren Idealwerthe, andre erhalten niedrigere. "Da aber die
Einbussen und Zulagen an Mehrwerth sich innerhalb der Kapitalisten-
klasse gegenseitig aufheben, so ist die Gesammtgrösse des Mehr-
werths dieselbe, als wenn alle Preise den Idealwerthen der
Waaren proportinal wären."

Man sieht, die Frage ist hier nicht entfernt gelöst, aber sie ist,
wenn auch in laxer und verflachender Weise, doch im Ganzen richtig

schaftlichen Gründen den guten Rodbertus als einen ökonomischen
Stern allererster Grösse ausposaunten, sind ausnahmslos die Antwort
schuldig geblieben. Dagegen haben andre Leute es der Mühe
werth gehalten, sich mit dem Problem zu beschäftigen.

In seiner Kritik des II. Bandes (Conrads Jahrbücher, XI, 5, 1885,
S. 452—65) nimmt Prof. W. Lexis die Frage auf, wenn er auch
keine direkte Lösung geben will. Er sagt: „Die Lösung jenes
Widerspruchs“ (zwischen dem Ricardo-Marx’schen Werthgesetz und
der gleichen Durchschnittsprofitrate) „ist unmöglich, wenn die
verschiednen Waarenarten vereinzelt betrachtet werden und ihr
Werth gleich ihrem Tauschwerth und dieser gleich oder proportional
ihrem Preise sein soll“. Sie ist nach ihm nur möglich, wenn
man „für die einzelnen Waarenarten die Bemessung des Werthes
nach der Arbeit aufgibt, und nur die Waarenproduktion im
Ganzen, und die Vertheilung derselben unter die Gesammtklassen der
Kapitalisten und Arbeiter ins Auge fasst … Von dem Gesammt-
produkt erhält die Arbeiterklasse nur einen gewissen Theil …
der andre den Kapitalisten zufallende Theil bildet im Marx’schen
Sinne das Mehrprodukt und demnach auch … den Mehrwerth.
Die Mitglieder der Kapitalistenklasse vertheilen nun diesen gesammten
Mehrwerth unter sich, nicht nach Maßgabe der von ihnen
beschäftigten Arbeiterzahl, sondern nach Verhältniss der von jedem
gestellten Kapitalgrösse, wobei auch Grund und Boden als Kapital-
werth mit in Rechnung gezogen wird“. Die Marx’schen, durch
die in den Waaren verkörperten Arbeitseinheiten bestimmten Ideal-
werthe entsprechen nicht den Preisen, können aber „als Ausgangs-
punkt einer Verschiebung betrachtet werden, die zu den wirklichen
Preisen führt. Die letzteren sind dadurch bedingt, dass gleich
grosse Kapitalien gleich grosse Gewinne verlangen.“ Dadurch
werden einige Kapitalisten für ihre Waaren höhere Preise erhalten
als deren Idealwerthe, andre erhalten niedrigere. „Da aber die
Einbussen und Zulagen an Mehrwerth sich innerhalb der Kapitalisten-
klasse gegenseitig aufheben, so ist die Gesammtgrösse des Mehr-
werths dieselbe, als wenn alle Preise den Idealwerthen der
Waaren proportinal wären.“

Man sieht, die Frage ist hier nicht entfernt gelöst, aber sie ist,
wenn auch in laxer und verflachender Weise, doch im Ganzen richtig

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[XI/0017] schaftlichen Gründen den guten Rodbertus als einen ökonomischen Stern allererster Grösse ausposaunten, sind ausnahmslos die Antwort schuldig geblieben. Dagegen haben andre Leute es der Mühe werth gehalten, sich mit dem Problem zu beschäftigen. In seiner Kritik des II. Bandes (Conrads Jahrbücher, XI, 5, 1885, S. 452—65) nimmt Prof. W. Lexis die Frage auf, wenn er auch keine direkte Lösung geben will. Er sagt: „Die Lösung jenes Widerspruchs“ (zwischen dem Ricardo-Marx’schen Werthgesetz und der gleichen Durchschnittsprofitrate) „ist unmöglich, wenn die verschiednen Waarenarten vereinzelt betrachtet werden und ihr Werth gleich ihrem Tauschwerth und dieser gleich oder proportional ihrem Preise sein soll“. Sie ist nach ihm nur möglich, wenn man „für die einzelnen Waarenarten die Bemessung des Werthes nach der Arbeit aufgibt, und nur die Waarenproduktion im Ganzen, und die Vertheilung derselben unter die Gesammtklassen der Kapitalisten und Arbeiter ins Auge fasst … Von dem Gesammt- produkt erhält die Arbeiterklasse nur einen gewissen Theil … der andre den Kapitalisten zufallende Theil bildet im Marx’schen Sinne das Mehrprodukt und demnach auch … den Mehrwerth. Die Mitglieder der Kapitalistenklasse vertheilen nun diesen gesammten Mehrwerth unter sich, nicht nach Maßgabe der von ihnen beschäftigten Arbeiterzahl, sondern nach Verhältniss der von jedem gestellten Kapitalgrösse, wobei auch Grund und Boden als Kapital- werth mit in Rechnung gezogen wird“. Die Marx’schen, durch die in den Waaren verkörperten Arbeitseinheiten bestimmten Ideal- werthe entsprechen nicht den Preisen, können aber „als Ausgangs- punkt einer Verschiebung betrachtet werden, die zu den wirklichen Preisen führt. Die letzteren sind dadurch bedingt, dass gleich grosse Kapitalien gleich grosse Gewinne verlangen.“ Dadurch werden einige Kapitalisten für ihre Waaren höhere Preise erhalten als deren Idealwerthe, andre erhalten niedrigere. „Da aber die Einbussen und Zulagen an Mehrwerth sich innerhalb der Kapitalisten- klasse gegenseitig aufheben, so ist die Gesammtgrösse des Mehr- werths dieselbe, als wenn alle Preise den Idealwerthen der Waaren proportinal wären.“ Man sieht, die Frage ist hier nicht entfernt gelöst, aber sie ist, wenn auch in laxer und verflachender Weise, doch im Ganzen richtig

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/17>, abgerufen am 28.03.2024.