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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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Sehn wir uns nun das freigesetzte, in der That suspendirte Kapital
näher an, so zeigt sich, dass ein bedeutender Theil desselben stets die
Form von Geldkapital besitzen muss. Bleiben wir bei dem Beispiel:
Arbeitsperiode 6 Wochen, Cirkulationsperiode 3 Wochen, Auslage per
Woche 100 £. In der Mitte der zweiten Arbeitsperiode, Ende der 9.
Woche, fliessen 600 £ zurück, von denen nur 300 £ während des
Rests der Arbeitsperiode anzulegen sind. Ende der zweiten Arbeitsperiode
werden also 300 £ davon freigesetzt. In welchem Zustand befinden sich
diese 300 £? Wir wollen annehmen, dass 1/3 für Arbeitslohn, 2/3 für
Roh- und Hülfsstoffe auszulegen sind. Von den zurückgeflossnen 600 £
befinden sich also 200 £ für Arbeitslohn in Geldform, und 400 £ in
der Form von produktivem Vorrath, in der Form von Elementen des
konstanten flüssigen produktiven Kapitals. Da aber für die zweite Hälfte
der Arbeitsperiode II nur die Hälfte dieses produktiven Vorraths erheischt
ist, befindet sich die andre Hälfte während 3 Wochen in der Form von
überschüssigem, d. h. von über eine Arbeitsperiode überschüssigem pro-
duktiven Vorrath. Der Kapitalist weiss aber, dass er von diesem Theil
(= 400 £) des zurückfliessenden Kapitals nur die Hälfte = 200 £
für die laufende Arbeitsperiode braucht. Es wird also von den Markt-
verhältnissen abhängen, ob er diese 200 £ sofort wieder ganz oder nur
zum Theil in überschüssigen produktiven Vorrath verwandeln, oder sie
ganz oder theilweise in Erwartung günstigerer Marktverhältnisse als Geld-
kapital festhalten wird. Andrerseits versteht sich von selbst, dass der in
Arbeitslohn auszulegende Theil, = 200 £ in Geldform festgehalten wird.
Der Kapitalist kann die Arbeitskraft nicht wie das Rohmaterial im Waaren-
lager deponiren, nachdem er sie gekauft hat. Er muss sie dem Produk-
tionsprocess einverleiben und zahlt sie Ende der Woche. Von dem frei-
gesetzten Kapital von 300 £ werden also jedenfalls diese 100 £ die
Form von freigesetztem, d. h. nicht für die Arbeitsperiode nöthigem Geld-
kapital besitzen. Das in Form von Geldkapital freigesetzte Kapital muss
also mindestens gleich sein dem variablen, in Arbeitslohn ausgelegten
Kapitaltheil; im Maximum kann es das ganze freigesetzte Kapital um-
fassen. In der Wirklichkeit schwankt es beständig zwischen diesem Mini-
mum und Maximum.

Das so durch den blossen Mechanismus der Umschlagsbewegung frei-
gesetzte Geldkapital (neben dem durch den successiven Rückfluss des fixen

Sehn wir uns nun das freigesetzte, in der That suspendirte Kapital
näher an, so zeigt sich, dass ein bedeutender Theil desselben stets die
Form von Geldkapital besitzen muss. Bleiben wir bei dem Beispiel:
Arbeitsperiode 6 Wochen, Cirkulationsperiode 3 Wochen, Auslage per
Woche 100 £. In der Mitte der zweiten Arbeitsperiode, Ende der 9.
Woche, fliessen 600 £ zurück, von denen nur 300 £ während des
Rests der Arbeitsperiode anzulegen sind. Ende der zweiten Arbeitsperiode
werden also 300 £ davon freigesetzt. In welchem Zustand befinden sich
diese 300 £? Wir wollen annehmen, dass ⅓ für Arbeitslohn, ⅔ für
Roh- und Hülfsstoffe auszulegen sind. Von den zurückgeflossnen 600 £
befinden sich also 200 £ für Arbeitslohn in Geldform, und 400 £ in
der Form von produktivem Vorrath, in der Form von Elementen des
konstanten flüssigen produktiven Kapitals. Da aber für die zweite Hälfte
der Arbeitsperiode II nur die Hälfte dieses produktiven Vorraths erheischt
ist, befindet sich die andre Hälfte während 3 Wochen in der Form von
überschüssigem, d. h. von über eine Arbeitsperiode überschüssigem pro-
duktiven Vorrath. Der Kapitalist weiss aber, dass er von diesem Theil
(= 400 £) des zurückfliessenden Kapitals nur die Hälfte = 200 £
für die laufende Arbeitsperiode braucht. Es wird also von den Markt-
verhältnissen abhängen, ob er diese 200 £ sofort wieder ganz oder nur
zum Theil in überschüssigen produktiven Vorrath verwandeln, oder sie
ganz oder theilweise in Erwartung günstigerer Marktverhältnisse als Geld-
kapital festhalten wird. Andrerseits versteht sich von selbst, dass der in
Arbeitslohn auszulegende Theil, = 200 £ in Geldform festgehalten wird.
Der Kapitalist kann die Arbeitskraft nicht wie das Rohmaterial im Waaren-
lager deponiren, nachdem er sie gekauft hat. Er muss sie dem Produk-
tionsprocess einverleiben und zahlt sie Ende der Woche. Von dem frei-
gesetzten Kapital von 300 £ werden also jedenfalls diese 100 £ die
Form von freigesetztem, d. h. nicht für die Arbeitsperiode nöthigem Geld-
kapital besitzen. Das in Form von Geldkapital freigesetzte Kapital muss
also mindestens gleich sein dem variablen, in Arbeitslohn ausgelegten
Kapitaltheil; im Maximum kann es das ganze freigesetzte Kapital um-
fassen. In der Wirklichkeit schwankt es beständig zwischen diesem Mini-
mum und Maximum.

Das so durch den blossen Mechanismus der Umschlagsbewegung frei-
gesetzte Geldkapital (neben dem durch den successiven Rückfluss des fixen

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[266/0300] Sehn wir uns nun das freigesetzte, in der That suspendirte Kapital näher an, so zeigt sich, dass ein bedeutender Theil desselben stets die Form von Geldkapital besitzen muss. Bleiben wir bei dem Beispiel: Arbeitsperiode 6 Wochen, Cirkulationsperiode 3 Wochen, Auslage per Woche 100 £. In der Mitte der zweiten Arbeitsperiode, Ende der 9. Woche, fliessen 600 £ zurück, von denen nur 300 £ während des Rests der Arbeitsperiode anzulegen sind. Ende der zweiten Arbeitsperiode werden also 300 £ davon freigesetzt. In welchem Zustand befinden sich diese 300 £? Wir wollen annehmen, dass ⅓ für Arbeitslohn, ⅔ für Roh- und Hülfsstoffe auszulegen sind. Von den zurückgeflossnen 600 £ befinden sich also 200 £ für Arbeitslohn in Geldform, und 400 £ in der Form von produktivem Vorrath, in der Form von Elementen des konstanten flüssigen produktiven Kapitals. Da aber für die zweite Hälfte der Arbeitsperiode II nur die Hälfte dieses produktiven Vorraths erheischt ist, befindet sich die andre Hälfte während 3 Wochen in der Form von überschüssigem, d. h. von über eine Arbeitsperiode überschüssigem pro- duktiven Vorrath. Der Kapitalist weiss aber, dass er von diesem Theil (= 400 £) des zurückfliessenden Kapitals nur die Hälfte = 200 £ für die laufende Arbeitsperiode braucht. Es wird also von den Markt- verhältnissen abhängen, ob er diese 200 £ sofort wieder ganz oder nur zum Theil in überschüssigen produktiven Vorrath verwandeln, oder sie ganz oder theilweise in Erwartung günstigerer Marktverhältnisse als Geld- kapital festhalten wird. Andrerseits versteht sich von selbst, dass der in Arbeitslohn auszulegende Theil, = 200 £ in Geldform festgehalten wird. Der Kapitalist kann die Arbeitskraft nicht wie das Rohmaterial im Waaren- lager deponiren, nachdem er sie gekauft hat. Er muss sie dem Produk- tionsprocess einverleiben und zahlt sie Ende der Woche. Von dem frei- gesetzten Kapital von 300 £ werden also jedenfalls diese 100 £ die Form von freigesetztem, d. h. nicht für die Arbeitsperiode nöthigem Geld- kapital besitzen. Das in Form von Geldkapital freigesetzte Kapital muss also mindestens gleich sein dem variablen, in Arbeitslohn ausgelegten Kapitaltheil; im Maximum kann es das ganze freigesetzte Kapital um- fassen. In der Wirklichkeit schwankt es beständig zwischen diesem Mini- mum und Maximum. Das so durch den blossen Mechanismus der Umschlagsbewegung frei- gesetzte Geldkapital (neben dem durch den successiven Rückfluss des fixen

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/300>, abgerufen am 07.05.2024.