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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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gleichzeitig auf Spekulation im Bau hatte, muss er jetzt ein ausgedehntes
Grundstück kaufen (d. h. in kontinentaler Ausdrucksweise auf meist 99
Jahre miethen), bis zu 100 oder 200 Häuser darauf errichten und sich
so auf eine Unternehmung einlassen, die sein Vermögen um das zwanzig-
bis fünfzigfache übersteigt. Die Fonds werden beschafft durch Aufnahme
von Hypotheken und das Geld dem Unternehmer zur Verfügung gestellt
im Maß, wie der Bau der einzelnen Häuser fortschreitet. Kommt dann
eine Krisis, die die Einzahlung der Vorschussraten zum Stocken bringt,
so scheitert gewöhnlich die ganze Unternehmung; im besten Fall bleiben
die Häuser unvollendet bis auf bessre Zeiten, im schlimmsten kommen sie
unter den Hammer und werden zum halben Preis losgeschlagen. Ohne
Spekulationsbau, und das auf grosser Stufenleiter, kann heute kein Unter-
nehmer mehr vorankommen. Der Profit aus dem Bauen selbst ist äusserst
gering; sein Hauptgewinn besteht in Steigerung der Grundrente, in ge-
schickter Auswahl und Ausnutzung des Bauterrains. Auf diesem Wege
der die Nachfrage nach Häusern anticipirenden Spekulation sind fast ganz
Belgravia und Tyburnia und die zahllosen Tausende von Villen um London
gebaut worden. (Abgekürzt aus Report from the Select Committee on
Bank Acts. Part I, 1857, Evidence, Fragen 5413--18, 5535--36.)

Die Ausführung von Werken von bedeutend langer Arbeitsperiode
und grofser Stufenleiter fällt erst vollständig der kapitalistischen Pro-
duktion anheim, wenn die Koncentration des Kapitals bereits sehr be-
deutend ist, andrerseits die Entwicklung des Kreditsystems dem Kapitalisten
das bequeme Auskunftsmittel bietet, fremdes statt sein eignes Kapital
vorzuschiessen und daher auch zu riskiren. Es versteht sich jedoch von
selbst, dass der Umstand, ob das der Produktion vorgeschossne Kapital
seinem Anwender gehört oder nicht gehört, auf Umschlagsgechwindigkeit
und Umschlagszeit keinen Einfluss hat.

Die Umstände, welche das Produkt des einzelnen Arbeitstags ver-
größern, wie Kooperation, Theilung der Arbeit, Anwendung der Maschi-
nerie, verkürzen zugleich die Arbeitsperiode bei zusammenhängenden Pro-
duktionsakten. So verkürzt Maschinerie die Bauzeit von Häusern, Brücken
etc.; die Mäh- und Dreschmaschine etc. verkürzen die Arbeitsperiode, er-
heischt um das gereifte Korn in fertige Waare zu verwandeln. Ver-
besserter Schiffsbau verkürzt mit vermehrter Geschwindigkeit die Umschlags-
zeit des in der Schifffahrt ausgelegten Kapitals. Diese Verbesserungen,

gleichzeitig auf Spekulation im Bau hatte, muss er jetzt ein ausgedehntes
Grundstück kaufen (d. h. in kontinentaler Ausdrucksweise auf meist 99
Jahre miethen), bis zu 100 oder 200 Häuser darauf errichten und sich
so auf eine Unternehmung einlassen, die sein Vermögen um das zwanzig-
bis fünfzigfache übersteigt. Die Fonds werden beschafft durch Aufnahme
von Hypotheken und das Geld dem Unternehmer zur Verfügung gestellt
im Maß, wie der Bau der einzelnen Häuser fortschreitet. Kommt dann
eine Krisis, die die Einzahlung der Vorschussraten zum Stocken bringt,
so scheitert gewöhnlich die ganze Unternehmung; im besten Fall bleiben
die Häuser unvollendet bis auf bessre Zeiten, im schlimmsten kommen sie
unter den Hammer und werden zum halben Preis losgeschlagen. Ohne
Spekulationsbau, und das auf grosser Stufenleiter, kann heute kein Unter-
nehmer mehr vorankommen. Der Profit aus dem Bauen selbst ist äusserst
gering; sein Hauptgewinn besteht in Steigerung der Grundrente, in ge-
schickter Auswahl und Ausnutzung des Bauterrains. Auf diesem Wege
der die Nachfrage nach Häusern anticipirenden Spekulation sind fast ganz
Belgravia und Tyburnia und die zahllosen Tausende von Villen um London
gebaut worden. (Abgekürzt aus Report from the Select Committee on
Bank Acts. Part I, 1857, Evidence, Fragen 5413—18, 5535—36.)

Die Ausführung von Werken von bedeutend langer Arbeitsperiode
und grofser Stufenleiter fällt erst vollständig der kapitalistischen Pro-
duktion anheim, wenn die Koncentration des Kapitals bereits sehr be-
deutend ist, andrerseits die Entwicklung des Kreditsystems dem Kapitalisten
das bequeme Auskunftsmittel bietet, fremdes statt sein eignes Kapital
vorzuschiessen und daher auch zu riskiren. Es versteht sich jedoch von
selbst, dass der Umstand, ob das der Produktion vorgeschossne Kapital
seinem Anwender gehört oder nicht gehört, auf Umschlagsgechwindigkeit
und Umschlagszeit keinen Einfluss hat.

Die Umstände, welche das Produkt des einzelnen Arbeitstags ver-
größern, wie Kooperation, Theilung der Arbeit, Anwendung der Maschi-
nerie, verkürzen zugleich die Arbeitsperiode bei zusammenhängenden Pro-
duktionsakten. So verkürzt Maschinerie die Bauzeit von Häusern, Brücken
etc.; die Mäh- und Dreschmaschine etc. verkürzen die Arbeitsperiode, er-
heischt um das gereifte Korn in fertige Waare zu verwandeln. Ver-
besserter Schiffsbau verkürzt mit vermehrter Geschwindigkeit die Umschlags-
zeit des in der Schifffahrt ausgelegten Kapitals. Diese Verbesserungen,

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[216/0250] gleichzeitig auf Spekulation im Bau hatte, muss er jetzt ein ausgedehntes Grundstück kaufen (d. h. in kontinentaler Ausdrucksweise auf meist 99 Jahre miethen), bis zu 100 oder 200 Häuser darauf errichten und sich so auf eine Unternehmung einlassen, die sein Vermögen um das zwanzig- bis fünfzigfache übersteigt. Die Fonds werden beschafft durch Aufnahme von Hypotheken und das Geld dem Unternehmer zur Verfügung gestellt im Maß, wie der Bau der einzelnen Häuser fortschreitet. Kommt dann eine Krisis, die die Einzahlung der Vorschussraten zum Stocken bringt, so scheitert gewöhnlich die ganze Unternehmung; im besten Fall bleiben die Häuser unvollendet bis auf bessre Zeiten, im schlimmsten kommen sie unter den Hammer und werden zum halben Preis losgeschlagen. Ohne Spekulationsbau, und das auf grosser Stufenleiter, kann heute kein Unter- nehmer mehr vorankommen. Der Profit aus dem Bauen selbst ist äusserst gering; sein Hauptgewinn besteht in Steigerung der Grundrente, in ge- schickter Auswahl und Ausnutzung des Bauterrains. Auf diesem Wege der die Nachfrage nach Häusern anticipirenden Spekulation sind fast ganz Belgravia und Tyburnia und die zahllosen Tausende von Villen um London gebaut worden. (Abgekürzt aus Report from the Select Committee on Bank Acts. Part I, 1857, Evidence, Fragen 5413—18, 5535—36.) Die Ausführung von Werken von bedeutend langer Arbeitsperiode und grofser Stufenleiter fällt erst vollständig der kapitalistischen Pro- duktion anheim, wenn die Koncentration des Kapitals bereits sehr be- deutend ist, andrerseits die Entwicklung des Kreditsystems dem Kapitalisten das bequeme Auskunftsmittel bietet, fremdes statt sein eignes Kapital vorzuschiessen und daher auch zu riskiren. Es versteht sich jedoch von selbst, dass der Umstand, ob das der Produktion vorgeschossne Kapital seinem Anwender gehört oder nicht gehört, auf Umschlagsgechwindigkeit und Umschlagszeit keinen Einfluss hat. Die Umstände, welche das Produkt des einzelnen Arbeitstags ver- größern, wie Kooperation, Theilung der Arbeit, Anwendung der Maschi- nerie, verkürzen zugleich die Arbeitsperiode bei zusammenhängenden Pro- duktionsakten. So verkürzt Maschinerie die Bauzeit von Häusern, Brücken etc.; die Mäh- und Dreschmaschine etc. verkürzen die Arbeitsperiode, er- heischt um das gereifte Korn in fertige Waare zu verwandeln. Ver- besserter Schiffsbau verkürzt mit vermehrter Geschwindigkeit die Umschlags- zeit des in der Schifffahrt ausgelegten Kapitals. Diese Verbesserungen,

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/250>, abgerufen am 23.04.2024.