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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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in demselben Geschäftszweig verschieden machen, trägt dazu bei, die Ein-
sicht in die wahre Natur des Mehrwerths zu erschweren.

Die Grenze zwischen eigentlicher Reparatur und Ersatz, zwischen
Erhaltungskosten und Erneuerungskosten, ist eine mehr oder weniger
fliessende. Daher der ewige Streit bei Eisenbahnen z. B. ob gewisse Aus-
gaben Reparatur oder Ersatz sind, ob sie aus laufender Ausgabe oder dem
Grundkapital bestritten werden müssen. Uebertragung von Reparaturaus-
gaben auf Kapitalkonto, statt auf Revenuekonto, ist das bekannte Mittel,
wodurch Eisenbahndirektionen ihre Dividenden künstlich in die Höhe schrauben.
Jedoch hat auch hierfür die Erfahrung die wesentlichsten Anhaltspunkte be-
reits geliefert. Die nachträglichen Arbeiten während der ersten Lebens-
periode der Eisenbahn z. B. sind "keine Reparaturen, sondern müssen an-
gesehn werden als wesentlicher Bestandtheil des Bahnbaus, und sind also
dem Kapitalkonto zu belasten, da sie nicht aus dem Verschleiss oder der
normalen Wirkung des Verkehrs herrühren, sondern der ursprünglichen
und unvermeidlichen Unvollkommenheit des Bahnbaus geschuldet sind."
(Lardner, l. c., p. 40.) "Dagegen ist es die einzig richtige Methode, die
Revenue eines jeden Jahres zu belasten mit der Entwerthung, die noth-
wendiger Weise eingetreten ist, damit diese Revenue verdient werden konnte,
einerlei ob die Summe wirklich ausgegeben ist oder nicht." (Captain
Fitzmaurice, Committee of Inquiry on Caledonian Railway, abgedruckt in
Money Market Review, 1867.)

Praktisch unmöglich und zwecklos wird die Trennung von Ersatz
und Erhaltung des fixen Kapitals in der Landwirthschaft, wenigstens soweit
sie noch nicht mit Dampf arbeitet. "Bei einem vollständigen, jedoch nicht
übertrieben starken Bestande des Geräth-Inventars (Bedarf an Acker- und
sonstigen Arbeits- und Wirthschaftsgeräthen aller Art) pflegt man im
grossen Durchschnitt die jährliche Abnutzung und Unterhaltung des Ge-
räth-Inventars nach Verschiedenheit der vorliegenden Verhältnisse zu 15 bis
25 % vom Anschaffungskapital anzuschlagen." (Kirchhof, Handbuch
der landwirthschaftlichen Betriebslehre, Berlin 1862, p. 137.)

Bei dem Betriebsmaterial einer Eisenbahn ist Reparatur und Ersatz
gar nicht zu trennen. "Wir erhalten unser Betriebsmaterial der Zahl nach
aufrecht. Welche Anzahl von Lokomotiven wir auch haben, diese Zahl
erhalten wir aufrecht. Wird eine im Lauf der Zeit unbrauchbar, so dass
es vortheilhafter ist eine neue zu bauen, so bauen wir sie auf Kosten

in demselben Geschäftszweig verschieden machen, trägt dazu bei, die Ein-
sicht in die wahre Natur des Mehrwerths zu erschweren.

Die Grenze zwischen eigentlicher Reparatur und Ersatz, zwischen
Erhaltungskosten und Erneuerungskosten, ist eine mehr oder weniger
fliessende. Daher der ewige Streit bei Eisenbahnen z. B. ob gewisse Aus-
gaben Reparatur oder Ersatz sind, ob sie aus laufender Ausgabe oder dem
Grundkapital bestritten werden müssen. Uebertragung von Reparaturaus-
gaben auf Kapitalkonto, statt auf Revenuekonto, ist das bekannte Mittel,
wodurch Eisenbahndirektionen ihre Dividenden künstlich in die Höhe schrauben.
Jedoch hat auch hierfür die Erfahrung die wesentlichsten Anhaltspunkte be-
reits geliefert. Die nachträglichen Arbeiten während der ersten Lebens-
periode der Eisenbahn z. B. sind „keine Reparaturen, sondern müssen an-
gesehn werden als wesentlicher Bestandtheil des Bahnbaus, und sind also
dem Kapitalkonto zu belasten, da sie nicht aus dem Verschleiss oder der
normalen Wirkung des Verkehrs herrühren, sondern der ursprünglichen
und unvermeidlichen Unvollkommenheit des Bahnbaus geschuldet sind.“
(Lardner, l. c., p. 40.) „Dagegen ist es die einzig richtige Methode, die
Revenue eines jeden Jahres zu belasten mit der Entwerthung, die noth-
wendiger Weise eingetreten ist, damit diese Revenue verdient werden konnte,
einerlei ob die Summe wirklich ausgegeben ist oder nicht.“ (Captain
Fitzmaurice, Committee of Inquiry on Caledonian Railway, abgedruckt in
Money Market Review, 1867.)

Praktisch unmöglich und zwecklos wird die Trennung von Ersatz
und Erhaltung des fixen Kapitals in der Landwirthschaft, wenigstens soweit
sie noch nicht mit Dampf arbeitet. „Bei einem vollständigen, jedoch nicht
übertrieben starken Bestande des Geräth-Inventars (Bedarf an Acker- und
sonstigen Arbeits- und Wirthschaftsgeräthen aller Art) pflegt man im
grossen Durchschnitt die jährliche Abnutzung und Unterhaltung des Ge-
räth-Inventars nach Verschiedenheit der vorliegenden Verhältnisse zu 15 bis
25 % vom Anschaffungskapital anzuschlagen.“ (Kirchhof, Handbuch
der landwirthschaftlichen Betriebslehre, Berlin 1862, p. 137.)

Bei dem Betriebsmaterial einer Eisenbahn ist Reparatur und Ersatz
gar nicht zu trennen. „Wir erhalten unser Betriebsmaterial der Zahl nach
aufrecht. Welche Anzahl von Lokomotiven wir auch haben, diese Zahl
erhalten wir aufrecht. Wird eine im Lauf der Zeit unbrauchbar, so dass
es vortheilhafter ist eine neue zu bauen, so bauen wir sie auf Kosten

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[157/0191] in demselben Geschäftszweig verschieden machen, trägt dazu bei, die Ein- sicht in die wahre Natur des Mehrwerths zu erschweren. Die Grenze zwischen eigentlicher Reparatur und Ersatz, zwischen Erhaltungskosten und Erneuerungskosten, ist eine mehr oder weniger fliessende. Daher der ewige Streit bei Eisenbahnen z. B. ob gewisse Aus- gaben Reparatur oder Ersatz sind, ob sie aus laufender Ausgabe oder dem Grundkapital bestritten werden müssen. Uebertragung von Reparaturaus- gaben auf Kapitalkonto, statt auf Revenuekonto, ist das bekannte Mittel, wodurch Eisenbahndirektionen ihre Dividenden künstlich in die Höhe schrauben. Jedoch hat auch hierfür die Erfahrung die wesentlichsten Anhaltspunkte be- reits geliefert. Die nachträglichen Arbeiten während der ersten Lebens- periode der Eisenbahn z. B. sind „keine Reparaturen, sondern müssen an- gesehn werden als wesentlicher Bestandtheil des Bahnbaus, und sind also dem Kapitalkonto zu belasten, da sie nicht aus dem Verschleiss oder der normalen Wirkung des Verkehrs herrühren, sondern der ursprünglichen und unvermeidlichen Unvollkommenheit des Bahnbaus geschuldet sind.“ (Lardner, l. c., p. 40.) „Dagegen ist es die einzig richtige Methode, die Revenue eines jeden Jahres zu belasten mit der Entwerthung, die noth- wendiger Weise eingetreten ist, damit diese Revenue verdient werden konnte, einerlei ob die Summe wirklich ausgegeben ist oder nicht.“ (Captain Fitzmaurice, Committee of Inquiry on Caledonian Railway, abgedruckt in Money Market Review, 1867.) Praktisch unmöglich und zwecklos wird die Trennung von Ersatz und Erhaltung des fixen Kapitals in der Landwirthschaft, wenigstens soweit sie noch nicht mit Dampf arbeitet. „Bei einem vollständigen, jedoch nicht übertrieben starken Bestande des Geräth-Inventars (Bedarf an Acker- und sonstigen Arbeits- und Wirthschaftsgeräthen aller Art) pflegt man im grossen Durchschnitt die jährliche Abnutzung und Unterhaltung des Ge- räth-Inventars nach Verschiedenheit der vorliegenden Verhältnisse zu 15 bis 25 % vom Anschaffungskapital anzuschlagen.“ (Kirchhof, Handbuch der landwirthschaftlichen Betriebslehre, Berlin 1862, p. 137.) Bei dem Betriebsmaterial einer Eisenbahn ist Reparatur und Ersatz gar nicht zu trennen. „Wir erhalten unser Betriebsmaterial der Zahl nach aufrecht. Welche Anzahl von Lokomotiven wir auch haben, diese Zahl erhalten wir aufrecht. Wird eine im Lauf der Zeit unbrauchbar, so dass es vortheilhafter ist eine neue zu bauen, so bauen wir sie auf Kosten

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/191>, abgerufen am 28.03.2024.