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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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ist, oder andrer Waare als Werthform gilt. Diess findet jedoch, wie wir
gesehn, nur dann für ein Arbeitsprodukt statt, wenn es, durch das Werthver-
hältniss andrer Waare zuihm
, sich in Aequivalentform befindet oder
andrer Waare gegenüber die Rolle des Aequivalents spielt.

Das Aequivalent hat unmittelbar gesellschaftliche Form, so-
fern es die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andrer
Waare
hat, und es hat diese Form unmittelbarer Austauschbarkeit, sofern es für
andre Waare als Werthkörper gilt, daher als Gleiches. Also gilt auch
die in ihm enthaltene bestimmte nützliche Arbeit als Arbeit in unmittel-
bar gesellschaftlicher Form
, d. h. als Arbeit, welche die Form der
Gleichheit
mit der in andrer Waare enthaltenen Arbeit besitzt. Eine be-
stimmte, konkrete Arbeit, wie Schneiderarbeit, kann nur die Form der
Gleichheit
mit der in verschiedenartigen Waare, z. B. der Leinwand, ent-
haltenen verschiedenartigen Arbeit besitzen, soweitihre bestimmte Form
als Ausdruck von Etwas gilt, was wirklich die Gleichheit der verschie-
denartigen Arbeiten oder das Gleiche in denselben bildet. Gleich sind
sie aber nur, soweit sie menschliche Arbeit überhaupt, abstrakt mensch-
liche Arbeit sind, d. h. Verausgabung menschlicher Arbeitskraft.
Weil also, wie bereits gezeigt, die im Aequivalent enthaltene bestimmte
konkrete Arbeit
als bestimmte Verwirklichungsform oder Er-
scheinungsform abstrakt menschlicher Arbeit gilt
, besitzt sie die
Form der Gleichheit mit andrer
Arbeit, und ist daher, obgleich Pri-
vatarbeit
, wie alle andre, Waaren producirende Arbeit, dennoch Arbeit in
unmittelbar gesellschaftlicher Form
. Eben desshalb stellt sie sich
dar in einem Produkt, das unmittelbar austauschbar mit andrer
Waare ist.

Die beiden zuletzt entwickelten Eigenthümlichkeiten der Aequivalent-
form
werden noch fassbarer, wenn wir zu dem grossen Forscher zurückgehn, der
die Werthform, wie so viele Denkformen, Gesellschaftsformen und Naturfor-
men zuerst analysirt hat, und meist glücklicher als seine modernen Nachfolger.
Es ist diess Aristoteles.

Zunächst spricht Aristoteles klar aus, dass die Geldform der Waare
nur die weiter entwickelte Gestalt der einfachen Werthform ist,
d. h. des Ausdrucks des Werths einer Waare in irgend einer beliebigen andern
Waare, denn er sagt:
"5 Polster = 1 Haus" ("Klinai pente anti oikias")
"unterscheidet sich nicht" von:
"5 Polster = so und so viel Geld"
("Klinai pente anti... osou ai pente klinai").

Er sieht ferner ein, dass das Werthverhältniss, worin dieser Werth-
ausdruck
steckt, seinerseits bedingt, dass das Haus dem Polster qualitativ
gleichgesetzt
wird, und dass diese sinnlich verschiednen Dinge ohnesolche
Wesensgleichheit nicht als kommensurable Grössen
auf einander

ist, oder andrer Waare als Werthform gilt. Diess findet jedoch, wie wir
gesehn, nur dann für ein Arbeitsprodukt statt, wenn es, durch das Werthver-
hältniss andrer Waare zuihm
, sich in Aequivalentform befindet oder
andrer Waare gegenüber die Rolle des Aequivalents spielt.

Das Aequivalent hat unmittelbar gesellschaftliche Form, so-
fern es die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andrer
Waare
hat, und es hat diese Form unmittelbarer Austauschbarkeit, sofern es für
andre Waare als Werthkörper gilt, daher als Gleiches. Also gilt auch
die in ihm enthaltene bestimmte nützliche Arbeit als Arbeit in unmittel-
bar gesellschaftlicher Form
, d. h. als Arbeit, welche die Form der
Gleichheit
mit der in andrer Waare enthaltenen Arbeit besitzt. Eine be-
stimmte, konkrete Arbeit, wie Schneiderarbeit, kann nur die Form der
Gleichheit
mit der in verschiedenartigen Waare, z. B. der Leinwand, ent-
haltenen verschiedenartigen Arbeit besitzen, soweitihre bestimmte Form
als Ausdruck von Etwas gilt, was wirklich die Gleichheit der verschie-
denartigen Arbeiten oder das Gleiche in denselben bildet. Gleich sind
sie aber nur, soweit sie menschliche Arbeit überhaupt, abstrakt mensch-
liche Arbeit sind, d. h. Verausgabung menschlicher Arbeitskraft.
Weil also, wie bereits gezeigt, die im Aequivalent enthaltene bestimmte
konkrete Arbeit
als bestimmte Verwirklichungsform oder Er-
scheinungsform abstrakt menschlicher Arbeit gilt
, besitzt sie die
Form der Gleichheit mit andrer
Arbeit, und ist daher, obgleich Pri-
vatarbeit
, wie alle andre, Waaren producirende Arbeit, dennoch Arbeit in
unmittelbar gesellschaftlicher Form
. Eben desshalb stellt sie sich
dar in einem Produkt, das unmittelbar austauschbar mit andrer
Waare ist.

Die beiden zuletzt entwickelten Eigenthümlichkeiten der Aequivalent-
form
werden noch fassbarer, wenn wir zu dem grossen Forscher zurückgehn, der
die Werthform, wie so viele Denkformen, Gesellschaftsformen und Naturfor-
men zuerst analysirt hat, und meist glücklicher als seine modernen Nachfolger.
Es ist diess Aristoteles.

Zunächst spricht Aristoteles klar aus, dass die Geldform der Waare
nur die weiter entwickelte Gestalt der einfachen Werthform ist,
d. h. des Ausdrucks des Werths einer Waare in irgend einer beliebigen andern
Waare, denn er sagt:
„5 Polster = 1 Haus“ („Κλίναι πέντε ἀντὶ οἰϰίας“)
„unterscheidet sich nicht“ von:
„5 Polster = so und so viel Geld
(„Κλίναι πέντε ἀντὶ… ὅσου αἱ πέντε ϰλίναι“).

Er sieht ferner ein, dass das Werthverhältniss, worin dieser Werth-
ausdruck
steckt, seinerseits bedingt, dass das Haus dem Polster qualitativ
gleichgesetzt
wird, und dass diese sinnlich verschiednen Dinge ohnesolche
Wesensgleichheit nicht als kommensurable Grössen
auf einander

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[772/0791] ist, oder andrer Waare als Werthform gilt. Diess findet jedoch, wie wir gesehn, nur dann für ein Arbeitsprodukt statt, wenn es, durch das Werthver- hältniss andrer Waare zuihm, sich in Aequivalentform befindet oder andrer Waare gegenüber die Rolle des Aequivalents spielt. Das Aequivalent hat unmittelbar gesellschaftliche Form, so- fern es die Form unmittelbarer Austauschbarkeit mit andrer Waare hat, und es hat diese Form unmittelbarer Austauschbarkeit, sofern es für andre Waare als Werthkörper gilt, daher als Gleiches. Also gilt auch die in ihm enthaltene bestimmte nützliche Arbeit als Arbeit in unmittel- bar gesellschaftlicher Form, d. h. als Arbeit, welche die Form der Gleichheit mit der in andrer Waare enthaltenen Arbeit besitzt. Eine be- stimmte, konkrete Arbeit, wie Schneiderarbeit, kann nur die Form der Gleichheit mit der in verschiedenartigen Waare, z. B. der Leinwand, ent- haltenen verschiedenartigen Arbeit besitzen, soweitihre bestimmte Form als Ausdruck von Etwas gilt, was wirklich die Gleichheit der verschie- denartigen Arbeiten oder das Gleiche in denselben bildet. Gleich sind sie aber nur, soweit sie menschliche Arbeit überhaupt, abstrakt mensch- liche Arbeit sind, d. h. Verausgabung menschlicher Arbeitskraft. Weil also, wie bereits gezeigt, die im Aequivalent enthaltene bestimmte konkrete Arbeit als bestimmte Verwirklichungsform oder Er- scheinungsform abstrakt menschlicher Arbeit gilt, besitzt sie die Form der Gleichheit mit andrer Arbeit, und ist daher, obgleich Pri- vatarbeit, wie alle andre, Waaren producirende Arbeit, dennoch Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form. Eben desshalb stellt sie sich dar in einem Produkt, das unmittelbar austauschbar mit andrer Waare ist. Die beiden zuletzt entwickelten Eigenthümlichkeiten der Aequivalent- form werden noch fassbarer, wenn wir zu dem grossen Forscher zurückgehn, der die Werthform, wie so viele Denkformen, Gesellschaftsformen und Naturfor- men zuerst analysirt hat, und meist glücklicher als seine modernen Nachfolger. Es ist diess Aristoteles. Zunächst spricht Aristoteles klar aus, dass die Geldform der Waare nur die weiter entwickelte Gestalt der einfachen Werthform ist, d. h. des Ausdrucks des Werths einer Waare in irgend einer beliebigen andern Waare, denn er sagt: „5 Polster = 1 Haus“ („Κλίναι πέντε ἀντὶ οἰϰίας“) „unterscheidet sich nicht“ von: „5 Polster = so und so viel Geld“ („Κλίναι πέντε ἀντὶ… ὅσου αἱ πέντε ϰλίναι“). Er sieht ferner ein, dass das Werthverhältniss, worin dieser Werth- ausdruck steckt, seinerseits bedingt, dass das Haus dem Polster qualitativ gleichgesetzt wird, und dass diese sinnlich verschiednen Dinge ohnesolche Wesensgleichheit nicht als kommensurable Grössen auf einander

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/791>, abgerufen am 22.11.2024.