Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Ankettung zu treiben. Wenn sich der Sklave für 14 Tage entfernt, ist
er zur Sklaverei auf Lebenszeit verurtheilt und soll auf Stirn oder Backen
mit dem Buchstaben S gebrandmarkt, wenn er zum drittenmal fortläuft,
als Staatsverräther hingerichtet werden. Der Meister kann ihn verkaufen,
vermachen, als Sklaven ausdingen, ganz wie anderes bewegliches Gut und
Vieh. Unternehmen die Sklaven etwas gegen die Herrschaft, so sollen sie
ebenfalls hingerichtet werden. Friedensrichter sollen auf Information den
Kerls nachspüren. Findet sich, dass ein Herumstreicher drei Tage gelun-
gert hat, so soll er nach seinem Geburtsort gebracht, mit rothglühendem
Eisen auf die Brust mit dem Zeichen V gebrandmarkt, und dort in Ketten
auf der Strasse oder zu sonstigen Diensten verwandt werden. Giebt der
Vagabund einen falschen Geburtsort an, so soll er zur Strafe der lebens-
längliche Sklave dieses Orts, der Einwohner oder Korporation sein und
mit S gebrandmarkt werden. Alle Personen haben das Recht, den Vaga-
bunden ihre Kinder wegzunehmen und als Lehrlinge, Jungen bis zum
24. Jahr, Mädchen bis zum 20. Jahr, zu halten. Laufen sie weg, so sol-
len sie bis zu diesem Alter die Sklaven der Lehrmeister sein, die sie in
Ketten legen, geisseln u. s. w. können, wie sie wollen. Jeder Meister
darf einen eisernen Ring um Hals, Arme oder Beine seines Sklaven legen,
damit er ihn besser kennt und seiner sichrer ist221). Der letzte Theil
dieses Statuts sieht vor, dass gewisse Arme von dem Ort oder den Individuen
beschäftigt werden sollen, die ihnen zu essen und zu trinken geben und
Arbeit für sie finden wollen. Diese Sorte Pfarreisklaven hat sich bis tief
ins 19. Jahrhundert in England erhalten unter dem Namen roundsmen
(Umgeher).

Elisabeth, 1572: Bettler ohne Licenz und über 14 Jahre alt
sollen hart gepeitscht und am linken Ohrlappen gebrandmarkt werden,
falls sie keiner für zwei Jahre in Dienst nehmen will; im
Wiederholungsfall, wenn über 18 Jahre alt, sollen sie -- hingerichtet wer-
den, falls sie Niemand für zwei Jahre in Dienst nehmen

221) Der Verfasser des "Essay on Trade etc. 1770" bemerkt: "Unter
der Regierung Edward's VI. scheinen sich die Engländer in der That mit vollem
Ernst auf Encouragirung der Manufakturen und Beschäftigung der Armen verlegt
zu haben. Diess ersehn wir aus einem merkwürdigen Statut, worin es heisst, dass
alle Vagabunden gebrandmarkt werden sollen u. s. w." (l. c. p. 8.)

Ankettung zu treiben. Wenn sich der Sklave für 14 Tage entfernt, ist
er zur Sklaverei auf Lebenszeit verurtheilt und soll auf Stirn oder Backen
mit dem Buchstaben S gebrandmarkt, wenn er zum drittenmal fortläuft,
als Staatsverräther hingerichtet werden. Der Meister kann ihn verkaufen,
vermachen, als Sklaven ausdingen, ganz wie anderes bewegliches Gut und
Vieh. Unternehmen die Sklaven etwas gegen die Herrschaft, so sollen sie
ebenfalls hingerichtet werden. Friedensrichter sollen auf Information den
Kerls nachspüren. Findet sich, dass ein Herumstreicher drei Tage gelun-
gert hat, so soll er nach seinem Geburtsort gebracht, mit rothglühendem
Eisen auf die Brust mit dem Zeichen V gebrandmarkt, und dort in Ketten
auf der Strasse oder zu sonstigen Diensten verwandt werden. Giebt der
Vagabund einen falschen Geburtsort an, so soll er zur Strafe der lebens-
längliche Sklave dieses Orts, der Einwohner oder Korporation sein und
mit S gebrandmarkt werden. Alle Personen haben das Recht, den Vaga-
bunden ihre Kinder wegzunehmen und als Lehrlinge, Jungen bis zum
24. Jahr, Mädchen bis zum 20. Jahr, zu halten. Laufen sie weg, so sol-
len sie bis zu diesem Alter die Sklaven der Lehrmeister sein, die sie in
Ketten legen, geisseln u. s. w. können, wie sie wollen. Jeder Meister
darf einen eisernen Ring um Hals, Arme oder Beine seines Sklaven legen,
damit er ihn besser kennt und seiner sichrer ist221). Der letzte Theil
dieses Statuts sieht vor, dass gewisse Arme von dem Ort oder den Individuen
beschäftigt werden sollen, die ihnen zu essen und zu trinken geben und
Arbeit für sie finden wollen. Diese Sorte Pfarreisklaven hat sich bis tief
ins 19. Jahrhundert in England erhalten unter dem Namen roundsmen
(Umgeher).

Elisabeth, 1572: Bettler ohne Licenz und über 14 Jahre alt
sollen hart gepeitscht und am linken Ohrlappen gebrandmarkt werden,
falls sie keiner für zwei Jahre in Dienst nehmen will; im
Wiederholungsfall, wenn über 18 Jahre alt, sollen sie — hingerichtet wer-
den, falls sie Niemand für zwei Jahre in Dienst nehmen

221) Der Verfasser des „Essay on Trade etc. 1770“ bemerkt: „Unter
der Regierung Edward’s VI. scheinen sich die Engländer in der That mit vollem
Ernst auf Encouragirung der Manufakturen und Beschäftigung der Armen verlegt
zu haben. Diess ersehn wir aus einem merkwürdigen Statut, worin es heisst, dass
alle Vagabunden gebrandmarkt werden sollen u. s. w.“ (l. c. p. 8.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0739" n="720"/>
Ankettung zu treiben. Wenn sich der Sklave für 14 Tage entfernt, ist<lb/>
er zur Sklaverei auf Lebenszeit verurtheilt und soll auf Stirn oder Backen<lb/>
mit dem Buchstaben S gebrandmarkt, wenn er zum drittenmal fortläuft,<lb/>
als Staatsverräther hingerichtet werden. Der Meister kann ihn verkaufen,<lb/>
vermachen, als Sklaven ausdingen, ganz wie anderes bewegliches Gut und<lb/>
Vieh. Unternehmen die Sklaven etwas gegen die Herrschaft, so sollen sie<lb/>
ebenfalls hingerichtet werden. Friedensrichter sollen auf Information den<lb/>
Kerls nachspüren. Findet sich, dass ein Herumstreicher drei Tage gelun-<lb/>
gert hat, so soll er nach seinem Geburtsort gebracht, mit rothglühendem<lb/>
Eisen auf die Brust mit dem Zeichen V gebrandmarkt, und dort in Ketten<lb/>
auf der Strasse oder zu sonstigen Diensten verwandt werden. Giebt der<lb/>
Vagabund einen falschen Geburtsort an, so soll er zur Strafe der lebens-<lb/>
längliche Sklave dieses Orts, der Einwohner oder Korporation sein und<lb/>
mit S gebrandmarkt werden. Alle Personen haben das Recht, den Vaga-<lb/>
bunden ihre Kinder wegzunehmen und als Lehrlinge, Jungen bis zum<lb/>
24. Jahr, Mädchen bis zum 20. Jahr, zu halten. Laufen sie weg, so sol-<lb/>
len sie bis zu diesem Alter die Sklaven der Lehrmeister sein, die sie in<lb/>
Ketten legen, geisseln u. s. w. können, wie sie wollen. Jeder Meister<lb/>
darf einen eisernen Ring um Hals, Arme oder Beine seines Sklaven legen,<lb/>
damit er ihn besser kennt und seiner sichrer ist<note place="foot" n="221)">Der Verfasser des &#x201E;<hi rendition="#g">Essay on Trade</hi> etc. 1770&#x201C; bemerkt: &#x201E;Unter<lb/>
der Regierung Edward&#x2019;s VI. scheinen sich die Engländer in der That mit vollem<lb/>
Ernst auf Encouragirung der Manufakturen und Beschäftigung der Armen verlegt<lb/>
zu haben. Diess ersehn wir aus einem merkwürdigen Statut, worin es heisst, dass<lb/>
alle Vagabunden gebrandmarkt werden sollen u. s. w.&#x201C; (l. c. p. 8.)</note>. Der letzte Theil<lb/>
dieses Statuts sieht vor, dass gewisse Arme von dem Ort oder den Individuen<lb/>
beschäftigt werden sollen, die ihnen zu essen und zu trinken geben und<lb/>
Arbeit für sie finden wollen. Diese Sorte Pfarreisklaven hat sich bis tief<lb/>
ins 19. Jahrhundert in England erhalten unter dem Namen <hi rendition="#g">roundsmen</hi><lb/>
(Umgeher).</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Elisabeth, 1572</hi>: Bettler ohne Licenz und über 14 Jahre alt<lb/>
sollen hart gepeitscht und am linken Ohrlappen gebrandmarkt werden,<lb/><hi rendition="#g">falls sie keiner für zwei Jahre in Dienst nehmen will</hi>; im<lb/>
Wiederholungsfall, wenn über 18 Jahre alt, sollen sie &#x2014; hingerichtet wer-<lb/>
den, <hi rendition="#g">falls sie Niemand für zwei Jahre in Dienst nehmen<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[720/0739] Ankettung zu treiben. Wenn sich der Sklave für 14 Tage entfernt, ist er zur Sklaverei auf Lebenszeit verurtheilt und soll auf Stirn oder Backen mit dem Buchstaben S gebrandmarkt, wenn er zum drittenmal fortläuft, als Staatsverräther hingerichtet werden. Der Meister kann ihn verkaufen, vermachen, als Sklaven ausdingen, ganz wie anderes bewegliches Gut und Vieh. Unternehmen die Sklaven etwas gegen die Herrschaft, so sollen sie ebenfalls hingerichtet werden. Friedensrichter sollen auf Information den Kerls nachspüren. Findet sich, dass ein Herumstreicher drei Tage gelun- gert hat, so soll er nach seinem Geburtsort gebracht, mit rothglühendem Eisen auf die Brust mit dem Zeichen V gebrandmarkt, und dort in Ketten auf der Strasse oder zu sonstigen Diensten verwandt werden. Giebt der Vagabund einen falschen Geburtsort an, so soll er zur Strafe der lebens- längliche Sklave dieses Orts, der Einwohner oder Korporation sein und mit S gebrandmarkt werden. Alle Personen haben das Recht, den Vaga- bunden ihre Kinder wegzunehmen und als Lehrlinge, Jungen bis zum 24. Jahr, Mädchen bis zum 20. Jahr, zu halten. Laufen sie weg, so sol- len sie bis zu diesem Alter die Sklaven der Lehrmeister sein, die sie in Ketten legen, geisseln u. s. w. können, wie sie wollen. Jeder Meister darf einen eisernen Ring um Hals, Arme oder Beine seines Sklaven legen, damit er ihn besser kennt und seiner sichrer ist 221). Der letzte Theil dieses Statuts sieht vor, dass gewisse Arme von dem Ort oder den Individuen beschäftigt werden sollen, die ihnen zu essen und zu trinken geben und Arbeit für sie finden wollen. Diese Sorte Pfarreisklaven hat sich bis tief ins 19. Jahrhundert in England erhalten unter dem Namen roundsmen (Umgeher). Elisabeth, 1572: Bettler ohne Licenz und über 14 Jahre alt sollen hart gepeitscht und am linken Ohrlappen gebrandmarkt werden, falls sie keiner für zwei Jahre in Dienst nehmen will; im Wiederholungsfall, wenn über 18 Jahre alt, sollen sie — hingerichtet wer- den, falls sie Niemand für zwei Jahre in Dienst nehmen 221) Der Verfasser des „Essay on Trade etc. 1770“ bemerkt: „Unter der Regierung Edward’s VI. scheinen sich die Engländer in der That mit vollem Ernst auf Encouragirung der Manufakturen und Beschäftigung der Armen verlegt zu haben. Diess ersehn wir aus einem merkwürdigen Statut, worin es heisst, dass alle Vagabunden gebrandmarkt werden sollen u. s. w.“ (l. c. p. 8.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/739
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/739>, abgerufen am 25.11.2024.