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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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In den historischen Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise
-- und jeder kapitalistische Parvenü macht diess historische Stadium in-
dividuell durch -- herrschen Bereicherungstrieb und Geiz als absolute
Leidenschaften vor. Aber der Fortschritt der kapitalistischen Produk-
tion schafft nicht nur eine Welt von Genüssen. Er öffnet mit der Speku-
lation und dem Kreditwesen tausend Quellen plötzlicher Bereicherung.
Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein konventioneller Grad von
Verschwendung, die zugleich Schaustellung des Reichthums und daher
Kreditmittel ist, sogar zu einer Geschäftsnothwendigkeit des "unglück-
lichen" Kapitalisten. Der Luxus geht in die Repräsentationskosten des Ka-
pitals ein. Ohnehin bereichert sich der Kapitalist nicht, gleich dem Schatz-
bildner, im Verhältniss seiner persönlichen Arbeit und seines persönlichen
Nichtkonsums, sondern im Mass, worin er fremde Arbeitskraft aussaugt
und dem Arbeiter Entsagung aller Lebensgenüsse aufzwingt. Obgleich
daher die Verschwendung des Kapitalisten nie den bona fide. Charakter
der Verschwendung des flotten Feudalherrn besitzt, in ihrem Hin-
tergrund vielmehr stets schmutzigster Geiz und ängstlichste Berechnung
lauern, wächst dennoch seine Verschwendung mit seiner Accumulation,
ohne dass die eine die andre zu beabbruchen braucht. Damit entwickelt
sich gleichzeitig in der Hochbrust des Kapitalindividuums ein faustischer
Konflikt zwischen Accumulations- und Genusstrieb.

"Die Industrie von Manchester", heisst es in einer Schrift, die Dr.
Aikin
1795 veröffentlichte, "kann in vier Perioden getheilt werden.
In der ersten waren die Fabrikanten gezwungen, hart für ihren Lebens-
unterhalt zu arbeiten." Sie bereicherten sich besonders durch Bestehlung
der Eltern, die ihnen Jungen als apprentices (Lehrlinge) zuwiesen und da-
für schwer blechen mussten, während die Lehrlinge ausgehungert wurden.
Andrerseits waren die Durchschnittsprofite niedrig und die Accumulation
verlangte grosse Sparsamkeit. Sie lebten wie Schatzbildner und verzehr-
ten bei weitem nicht einmal die Zinsen ihres Kapitals. "In der zweiten
Periode hatten sie begonnen, kleine Vermögen zu erwerben, arbeiteten
aber ebenso hart als zuvor," denn die unmittelbare Exploitation der
Arbeit kostet Arbeit, wie jeder Sklaventreiber weiss, "und lebten nach
wie vor in demselben frugalen Styl. ... In der dritten Periode begann der
Luxus und das Geschäft wurde ausgedehnt durch Aussendung von Reitern
(berittenen Commis Voyageurs) für Ordres in jeder Marktstadt des König-

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In den historischen Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise
— und jeder kapitalistische Parvenü macht diess historische Stadium in-
dividuell durch — herrschen Bereicherungstrieb und Geiz als absolute
Leidenschaften vor. Aber der Fortschritt der kapitalistischen Produk-
tion schafft nicht nur eine Welt von Genüssen. Er öffnet mit der Speku-
lation und dem Kreditwesen tausend Quellen plötzlicher Bereicherung.
Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein konventioneller Grad von
Verschwendung, die zugleich Schaustellung des Reichthums und daher
Kreditmittel ist, sogar zu einer Geschäftsnothwendigkeit des „unglück-
lichen“ Kapitalisten. Der Luxus geht in die Repräsentationskosten des Ka-
pitals ein. Ohnehin bereichert sich der Kapitalist nicht, gleich dem Schatz-
bildner, im Verhältniss seiner persönlichen Arbeit und seines persönlichen
Nichtkonsums, sondern im Mass, worin er fremde Arbeitskraft aussaugt
und dem Arbeiter Entsagung aller Lebensgenüsse aufzwingt. Obgleich
daher die Verschwendung des Kapitalisten nie den bona fide. Charakter
der Verschwendung des flotten Feudalherrn besitzt, in ihrem Hin-
tergrund vielmehr stets schmutzigster Geiz und ängstlichste Berechnung
lauern, wächst dennoch seine Verschwendung mit seiner Accumulation,
ohne dass die eine die andre zu beabbruchen braucht. Damit entwickelt
sich gleichzeitig in der Hochbrust des Kapitalindividuums ein faustischer
Konflikt zwischen Accumulations- und Genusstrieb.

„Die Industrie von Manchester“, heisst es in einer Schrift, die Dr.
Aikin
1795 veröffentlichte, „kann in vier Perioden getheilt werden.
In der ersten waren die Fabrikanten gezwungen, hart für ihren Lebens-
unterhalt zu arbeiten.“ Sie bereicherten sich besonders durch Bestehlung
der Eltern, die ihnen Jungen als apprentices (Lehrlinge) zuwiesen und da-
für schwer blechen mussten, während die Lehrlinge ausgehungert wurden.
Andrerseits waren die Durchschnittsprofite niedrig und die Accumulation
verlangte grosse Sparsamkeit. Sie lebten wie Schatzbildner und verzehr-
ten bei weitem nicht einmal die Zinsen ihres Kapitals. „In der zweiten
Periode hatten sie begonnen, kleine Vermögen zu erwerben, arbeiteten
aber ebenso hart als zuvor,“ denn die unmittelbare Exploitation der
Arbeit kostet Arbeit, wie jeder Sklaventreiber weiss, „und lebten nach
wie vor in demselben frugalen Styl. … In der dritten Periode begann der
Luxus und das Geschäft wurde ausgedehnt durch Aussendung von Reitern
(berittenen Commis Voyageurs) für Ordres in jeder Marktstadt des König-

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[579/0598] In den historischen Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise — und jeder kapitalistische Parvenü macht diess historische Stadium in- dividuell durch — herrschen Bereicherungstrieb und Geiz als absolute Leidenschaften vor. Aber der Fortschritt der kapitalistischen Produk- tion schafft nicht nur eine Welt von Genüssen. Er öffnet mit der Speku- lation und dem Kreditwesen tausend Quellen plötzlicher Bereicherung. Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein konventioneller Grad von Verschwendung, die zugleich Schaustellung des Reichthums und daher Kreditmittel ist, sogar zu einer Geschäftsnothwendigkeit des „unglück- lichen“ Kapitalisten. Der Luxus geht in die Repräsentationskosten des Ka- pitals ein. Ohnehin bereichert sich der Kapitalist nicht, gleich dem Schatz- bildner, im Verhältniss seiner persönlichen Arbeit und seines persönlichen Nichtkonsums, sondern im Mass, worin er fremde Arbeitskraft aussaugt und dem Arbeiter Entsagung aller Lebensgenüsse aufzwingt. Obgleich daher die Verschwendung des Kapitalisten nie den bona fide. Charakter der Verschwendung des flotten Feudalherrn besitzt, in ihrem Hin- tergrund vielmehr stets schmutzigster Geiz und ängstlichste Berechnung lauern, wächst dennoch seine Verschwendung mit seiner Accumulation, ohne dass die eine die andre zu beabbruchen braucht. Damit entwickelt sich gleichzeitig in der Hochbrust des Kapitalindividuums ein faustischer Konflikt zwischen Accumulations- und Genusstrieb. „Die Industrie von Manchester“, heisst es in einer Schrift, die Dr. Aikin 1795 veröffentlichte, „kann in vier Perioden getheilt werden. In der ersten waren die Fabrikanten gezwungen, hart für ihren Lebens- unterhalt zu arbeiten.“ Sie bereicherten sich besonders durch Bestehlung der Eltern, die ihnen Jungen als apprentices (Lehrlinge) zuwiesen und da- für schwer blechen mussten, während die Lehrlinge ausgehungert wurden. Andrerseits waren die Durchschnittsprofite niedrig und die Accumulation verlangte grosse Sparsamkeit. Sie lebten wie Schatzbildner und verzehr- ten bei weitem nicht einmal die Zinsen ihres Kapitals. „In der zweiten Periode hatten sie begonnen, kleine Vermögen zu erwerben, arbeiteten aber ebenso hart als zuvor,“ denn die unmittelbare Exploitation der Arbeit kostet Arbeit, wie jeder Sklaventreiber weiss, „und lebten nach wie vor in demselben frugalen Styl. … In der dritten Periode begann der Luxus und das Geschäft wurde ausgedehnt durch Aussendung von Reitern (berittenen Commis Voyageurs) für Ordres in jeder Marktstadt des König- 37*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/598>, abgerufen am 22.11.2024.