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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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kraft producirt hätte. Die allgemeinen Bedingungen aller Pro-
duktion von Waaren vorausgesetzt, besteht die Produktion des abso-
luten Mehrwerths einfach in der Verlängerung des Arbeitstags
über die Grenze der zum Leben des Arbeiters selbst nothwendigen
Arbeitszeit
, und in der Aneignung der Mehrarbeit durch das
Kapital. Dieser Prozess kann vorgehn und geht vor auf Grundlage von
Betriebsweisen, die ohne Zuthun des Kapitals historisch überliefert sind.
Es findet dann nur eine formelle Metamorphose statt, oder die kapitali-
stische Ausbeutungsweise unterscheidet sich von den früheren, wie Skla-
vensystem u. s. w., nur dadurch, dass die Mehrarbeit hier durch direkten
Zwang
abgerungen, dort durch "freiwilligen" Verkauf der Arbeitskraft
vermittelt wird. Die Produktion des absoluten Mehrwerths unterstellt
also nur formelle Subsumtion der Arbeit unter das Ka-
pital
.

Die Produktion des relativen Mehrwerths setzt die Pro-
duktion des absoluten Mehrwerths voraus, also auch die entsprechende
allgemeine Form der kapitalistischen Produktion. Ihr Zweck ist Erhöhung
des Mehrwerths durch Verkürzung der nothwendigen Arbeitszeit, unabhängig
von den Grenzen des Arbeitstags. Das Ziel wird erreicht durch Ent-
wicklung der Produktivkräfte der Arbeit. Diess bedingt jedoch eine Re-
volution des Arbeitsprozesses selbst. Es genügt nicht mehr ihn zu ver-
längern, er muss neu gestaltet werden. Die Produktion des relativen
Mehrwerths unterstellt also eine specifisch kapitalistische
Produktionsweise
, die mit ihren Methoden, Mitteln und Bedingungen
selbst erst auf Grundlage der formellen Subsumtion der Arbeit unter das
Kapital naturwüchsig entsteht und ausgebildet wird. An die Stelle der
formellen tritt die reelle Subsumtion der Arbeit unter das
Kapital
.

Es genügt blosser Hinweis auf Zwitterformen, worin die
Mehrarbeit weder durch direkten Zwang dem Producenten ausgepumpt
wird, noch auch dessen formelle Unterordnung unter das Kapital ein-
getreten ist. Das Kapital hat sich hier noch nicht unmittelbar des Arbeits-
prozesses bemächtigt. Neben die selbstständigen Producenten,
die in überlieferter, urväterlicher Betriebsweise handwerkern oder acker-
bauen, tritt der Wucherer oder der Kaufmann, dasWucherkapital oder das
Handelskapital, das sie parasitenmässig aussaugt. Vorherrschaft dieser

kraft producirt hätte. Die allgemeinen Bedingungen aller Pro-
duktion von Waaren vorausgesetzt, besteht die Produktion des abso-
luten Mehrwerths einfach in der Verlängerung des Arbeitstags
über die Grenze der zum Leben des Arbeiters selbst nothwendigen
Arbeitszeit
, und in der Aneignung der Mehrarbeit durch das
Kapital. Dieser Prozess kann vorgehn und geht vor auf Grundlage von
Betriebsweisen, die ohne Zuthun des Kapitals historisch überliefert sind.
Es findet dann nur eine formelle Metamorphose statt, oder die kapitali-
stische Ausbeutungsweise unterscheidet sich von den früheren, wie Skla-
vensystem u. s. w., nur dadurch, dass die Mehrarbeit hier durch direkten
Zwang
abgerungen, dort durch „freiwilligen“ Verkauf der Arbeitskraft
vermittelt wird. Die Produktion des absoluten Mehrwerths unterstellt
also nur formelle Subsumtion der Arbeit unter das Ka-
pital
.

Die Produktion des relativen Mehrwerths setzt die Pro-
duktion des absoluten Mehrwerths voraus, also auch die entsprechende
allgemeine Form der kapitalistischen Produktion. Ihr Zweck ist Erhöhung
des Mehrwerths durch Verkürzung der nothwendigen Arbeitszeit, unabhängig
von den Grenzen des Arbeitstags. Das Ziel wird erreicht durch Ent-
wicklung der Produktivkräfte der Arbeit. Diess bedingt jedoch eine Re-
volution des Arbeitsprozesses selbst. Es genügt nicht mehr ihn zu ver-
längern, er muss neu gestaltet werden. Die Produktion des relativen
Mehrwerths unterstellt also eine specifisch kapitalistische
Produktionsweise
, die mit ihren Methoden, Mitteln und Bedingungen
selbst erst auf Grundlage der formellen Subsumtion der Arbeit unter das
Kapital naturwüchsig entsteht und ausgebildet wird. An die Stelle der
formellen tritt die reelle Subsumtion der Arbeit unter das
Kapital
.

Es genügt blosser Hinweis auf Zwitterformen, worin die
Mehrarbeit weder durch direkten Zwang dem Producenten ausgepumpt
wird, noch auch dessen formelle Unterordnung unter das Kapital ein-
getreten ist. Das Kapital hat sich hier noch nicht unmittelbar des Arbeits-
prozesses bemächtigt. Neben die selbstständigen Producenten,
die in überlieferter, urväterlicher Betriebsweise handwerkern oder acker-
bauen, tritt der Wucherer oder der Kaufmann, dasWucherkapital oder das
Handelskapital, das sie parasitenmässig aussaugt. Vorherrschaft dieser

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[498/0517] kraft producirt hätte. Die allgemeinen Bedingungen aller Pro- duktion von Waaren vorausgesetzt, besteht die Produktion des abso- luten Mehrwerths einfach in der Verlängerung des Arbeitstags über die Grenze der zum Leben des Arbeiters selbst nothwendigen Arbeitszeit, und in der Aneignung der Mehrarbeit durch das Kapital. Dieser Prozess kann vorgehn und geht vor auf Grundlage von Betriebsweisen, die ohne Zuthun des Kapitals historisch überliefert sind. Es findet dann nur eine formelle Metamorphose statt, oder die kapitali- stische Ausbeutungsweise unterscheidet sich von den früheren, wie Skla- vensystem u. s. w., nur dadurch, dass die Mehrarbeit hier durch direkten Zwang abgerungen, dort durch „freiwilligen“ Verkauf der Arbeitskraft vermittelt wird. Die Produktion des absoluten Mehrwerths unterstellt also nur formelle Subsumtion der Arbeit unter das Ka- pital. Die Produktion des relativen Mehrwerths setzt die Pro- duktion des absoluten Mehrwerths voraus, also auch die entsprechende allgemeine Form der kapitalistischen Produktion. Ihr Zweck ist Erhöhung des Mehrwerths durch Verkürzung der nothwendigen Arbeitszeit, unabhängig von den Grenzen des Arbeitstags. Das Ziel wird erreicht durch Ent- wicklung der Produktivkräfte der Arbeit. Diess bedingt jedoch eine Re- volution des Arbeitsprozesses selbst. Es genügt nicht mehr ihn zu ver- längern, er muss neu gestaltet werden. Die Produktion des relativen Mehrwerths unterstellt also eine specifisch kapitalistische Produktionsweise, die mit ihren Methoden, Mitteln und Bedingungen selbst erst auf Grundlage der formellen Subsumtion der Arbeit unter das Kapital naturwüchsig entsteht und ausgebildet wird. An die Stelle der formellen tritt die reelle Subsumtion der Arbeit unter das Kapital. Es genügt blosser Hinweis auf Zwitterformen, worin die Mehrarbeit weder durch direkten Zwang dem Producenten ausgepumpt wird, noch auch dessen formelle Unterordnung unter das Kapital ein- getreten ist. Das Kapital hat sich hier noch nicht unmittelbar des Arbeits- prozesses bemächtigt. Neben die selbstständigen Producenten, die in überlieferter, urväterlicher Betriebsweise handwerkern oder acker- bauen, tritt der Wucherer oder der Kaufmann, dasWucherkapital oder das Handelskapital, das sie parasitenmässig aussaugt. Vorherrschaft dieser

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/517>, abgerufen am 22.11.2024.