Statt also zu beweisen, dass die Maschinerie durch die Freisetzung der Arbeiter von Lebensmitteln letztre gleichzeitig in Kapital zur Anwendung der erstern verwandelt, beweist der Herr Apologet mit dem probaten Ge- setz von Nachfrage und Zufuhr umgekehrt, dass die Maschinerie nicht nur in dem Produktionszweig, worin sie eingeführt, sondern auch in den Pro- duktionszweigen, worin sie nicht eingeführt wird, Arbeiter aufs Pflaster wirft.
Ausser der guten Absicht der Vertuschung liegt jener abgeschmack- ten Kompensationstheorie zu Grunde, erstens, dass die Maschinerie früher gebundne Arbeitskraft freisetzt, und falls zuschüssiges Kapital nach Anlage drängt, ihm mit der disponiblen Arbeitskraft gleich- zeitig disponibel gemachte Lebensmittel zur Verfügung stellt. Aber die Maschinerie deplacirt nicht nur die zunächst "überzählig" gemachten, sondern zugleich den neuen Menschenstrom, der jedem Industriezweig sein Kontingent zum regelmässigen Ersatz und Wachsthum liefert. Diese Er- satzmannschaft wird neu vertheilt und in andern Arbeitszweigen absorbirt, während die ursprünglichen Opfer grossentheils in der Uebergangs- periode verkommen und verkümmern. Zudem ist ihre Arbeitskraft durch die Theilung der Arbeit so vereinseitigt, dass sie nur in wenigen und daher beständig überfüllten niedrigen Arbeitszweigen Zugang finden215). Zweitens aber wird die unzweifelhafte Thatsache ausgesprochen, dass die Maschinerie an sich nicht verantwortlich ist für die "Freisetzung" der Arbeiter von Lebensmitteln. Sie verwohlfeilert und vermehrt das Produkt in dem Zweig, den sie ergreift, und lässt die in andern Industrie- zweigen producirte Lebensmittel-Masse zunächst unverändert. Nach wie vor ihrer Einführung besitzt die Gesellschaft also gleichviel oder mehr Lebensmittel für die deplacirten Arbeiter, ganz abgesehen von dem
215) Ein Ricardianer bemerkt hierüber gegen die Fadaisen J. B. Say's: "Bei entwickelter Theilung der Arbeit ist das Geschick der Arbeiter nur in dem besondern Zweig anwendbar, worin sie aufgebracht wurden; sie selbst sind eine Art von Maschinen. Es hilft daher absolut nichts papageimässig zu plappern, dass die Dinge eine Tendenz haben, ihr Niveau zu finden. Wir müssen um uns schauen und sehn, dass sie für lange Zeit ihr Niveau nicht finden können; dass wenn sie es finden, das Niveau niedriger steht als beim Aus- gang des Prozesses." ("An Inquiry into those Principles respecting the Nature of Demand etc. Lond. 1821", p. 72.)
Statt also zu beweisen, dass die Maschinerie durch die Freisetzung der Arbeiter von Lebensmitteln letztre gleichzeitig in Kapital zur Anwendung der erstern verwandelt, beweist der Herr Apologet mit dem probaten Ge- setz von Nachfrage und Zufuhr umgekehrt, dass die Maschinerie nicht nur in dem Produktionszweig, worin sie eingeführt, sondern auch in den Pro- duktionszweigen, worin sie nicht eingeführt wird, Arbeiter aufs Pflaster wirft.
Ausser der guten Absicht der Vertuschung liegt jener abgeschmack- ten Kompensationstheorie zu Grunde, erstens, dass die Maschinerie früher gebundne Arbeitskraft freisetzt, und falls zuschüssiges Kapital nach Anlage drängt, ihm mit der disponiblen Arbeitskraft gleich- zeitig disponibel gemachte Lebensmittel zur Verfügung stellt. Aber die Maschinerie deplacirt nicht nur die zunächst „überzählig“ gemachten, sondern zugleich den neuen Menschenstrom, der jedem Industriezweig sein Kontingent zum regelmässigen Ersatz und Wachsthum liefert. Diese Er- satzmannschaft wird neu vertheilt und in andern Arbeitszweigen absorbirt, während die ursprünglichen Opfer grossentheils in der Uebergangs- periode verkommen und verkümmern. Zudem ist ihre Arbeitskraft durch die Theilung der Arbeit so vereinseitigt, dass sie nur in wenigen und daher beständig überfüllten niedrigen Arbeitszweigen Zugang finden215). Zweitens aber wird die unzweifelhafte Thatsache ausgesprochen, dass die Maschinerie an sich nicht verantwortlich ist für die „Freisetzung“ der Arbeiter von Lebensmitteln. Sie verwohlfeilert und vermehrt das Produkt in dem Zweig, den sie ergreift, und lässt die in andern Industrie- zweigen producirte Lebensmittel-Masse zunächst unverändert. Nach wie vor ihrer Einführung besitzt die Gesellschaft also gleichviel oder mehr Lebensmittel für die deplacirten Arbeiter, ganz abgesehen von dem
215) Ein Ricardianer bemerkt hierüber gegen die Fadaisen J. B. Say’s: „Bei entwickelter Theilung der Arbeit ist das Geschick der Arbeiter nur in dem besondern Zweig anwendbar, worin sie aufgebracht wurden; sie selbst sind eine Art von Maschinen. Es hilft daher absolut nichts papageimässig zu plappern, dass die Dinge eine Tendenz haben, ihr Niveau zu finden. Wir müssen um uns schauen und sehn, dass sie für lange Zeit ihr Niveau nicht finden können; dass wenn sie es finden, das Niveau niedriger steht als beim Aus- gang des Prozesses.“ („An Inquiry into those Principles respecting the Nature of Demand etc. Lond. 1821“, p. 72.)
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setz von Nachfrage und Zufuhr umgekehrt, dass die Maschinerie nicht nur
in dem Produktionszweig, worin sie eingeführt, sondern auch in den Pro-
duktionszweigen, worin sie nicht eingeführt wird, Arbeiter aufs Pflaster
wirft.
Ausser der guten Absicht der Vertuschung liegt jener abgeschmack-
ten Kompensationstheorie zu Grunde, erstens, dass die Maschinerie früher
gebundne Arbeitskraft freisetzt, und falls zuschüssiges Kapital
nach Anlage drängt, ihm mit der disponiblen Arbeitskraft gleich-
zeitig disponibel gemachte Lebensmittel zur Verfügung stellt. Aber die
Maschinerie deplacirt nicht nur die zunächst „überzählig“ gemachten,
sondern zugleich den neuen Menschenstrom, der jedem Industriezweig sein
Kontingent zum regelmässigen Ersatz und Wachsthum liefert. Diese Er-
satzmannschaft wird neu vertheilt und in andern Arbeitszweigen absorbirt,
während die ursprünglichen Opfer grossentheils in der Uebergangs-
periode verkommen und verkümmern. Zudem ist ihre Arbeitskraft
durch die Theilung der Arbeit so vereinseitigt, dass sie nur in wenigen und
daher beständig überfüllten niedrigen Arbeitszweigen Zugang finden 215).
Zweitens aber wird die unzweifelhafte Thatsache ausgesprochen, dass die
Maschinerie an sich nicht verantwortlich ist für die „Freisetzung“
der Arbeiter von Lebensmitteln. Sie verwohlfeilert und vermehrt das
Produkt in dem Zweig, den sie ergreift, und lässt die in andern Industrie-
zweigen producirte Lebensmittel-Masse zunächst unverändert. Nach wie
vor ihrer Einführung besitzt die Gesellschaft also gleichviel oder mehr
Lebensmittel für die deplacirten Arbeiter, ganz abgesehen von dem
215) Ein Ricardianer bemerkt hierüber gegen die Fadaisen J. B. Say’s:
„Bei entwickelter Theilung der Arbeit ist das Geschick der Arbeiter nur in dem
besondern Zweig anwendbar, worin sie aufgebracht wurden; sie selbst sind
eine Art von Maschinen. Es hilft daher absolut nichts papageimässig zu
plappern, dass die Dinge eine Tendenz haben, ihr Niveau zu finden. Wir müssen
um uns schauen und sehn, dass sie für lange Zeit ihr Niveau nicht finden
können; dass wenn sie es finden, das Niveau niedriger steht als beim Aus-
gang des Prozesses.“ („An Inquiry into those Principles respecting
the Nature of Demand etc. Lond. 1821“, p. 72.)
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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