Ursprungsweise -- und dieser Umstand beherrscht das Kapital als be- wusstes Motiv -- blieb so die Ausdehnung der bereits maschinenmässig betriebenen Industrie und das Eindringen der Maschinerie in neue Produk- tionszweige rein bedingt durch das Wachsthum einer Arbeiterkategorie, die wegen der halbkünstlerischen Natur ihres Geschäfts nur allmälig und nicht sprungweis vermehrt werden konnte. Aber auf einer gewissen Entwick- lungsstufe gerieth die grosse Industrie auch technologisch in Wider- streit mit ihrer handwerks- und manufakturmässigen Unterlage. Die Aus- reckung des Umfangs der Bewegungsmaschinen, des Transmissionsmecha- nismus und der Werkzeugmaschinen, die grössere Komplikation, Mannich- faltigkeit und erforderte Regelmässigkeit ihrer Bestandtheile, im Masse wie die Werkzeugmaschine sich von dem handwerksmässigen Model, das ihren Bau ursprünglich beherrscht, losriss, und eine freie, nur durch ihre mecha- nische Aufgabe bestimmte Gestalt erhielt103), die Ausbildung des automa- tischen Systems und die stets unvermeidlichere Anwendung von schwer zu bewältigendem Material, z. B. Eisen statt Holz -- die Lösung aller dieser naturwüchsig entspringenden Aufgaben stiess überall auf die persönlichen Schranken, die auch das in der Manufaktur kombinirte Arbeiterpersonal nur dem Grad, nicht dem Wesen nach durchbricht. Maschinen z. B. wie die moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne Kardirmaschine konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden.
Die Umwälzung der Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie bedingt ihre Umwälzung in der andern. Es gilt diess zunächst für solche Industriezweige, welche, trotz der Isolation durch die gesellschaft- liche Theilung der Arbeit, so dass jeder derselben eine selbstständige
103) Der mechanische Webstuhl in seiner ersten Form besteht hauptsächlich aus Holz, der verbesserte, moderne aus Eisen. Wie sehr im Anfang die alte Form des Produktionsmittels seine neue Form beherrscht, zeigt u. a. die oberflächlichste Vergleichung des modernen Dampfwebstuhls mit dem alten, der modernen Blas- instrumente in Eisengiessereien mit der ersten unbehilflichen mechanischen Wieder- geburt des gewöhnlichen Blasbalgs, und vielleicht schlagender als alles andre eine vor der Erfindung der jetzigen Lokomotiven versuchte Lokomotive, die in der That zwei Füsse hatte, welche sie abwechselnd wie ein Pferd aufhob. Erst nach weiterer Entwicklung der Mechanik und gehäufter praktischer Erfahrung wird die Form gänzlich durch das mechanische Princip bestimmt und daher gänzlich emancipirt von der überlieferten Körperform des Werkzeugs, das sich zur Maschine entpuppt.
I. 24
Ursprungsweise — und dieser Umstand beherrscht das Kapital als be- wusstes Motiv — blieb so die Ausdehnung der bereits maschinenmässig betriebenen Industrie und das Eindringen der Maschinerie in neue Produk- tionszweige rein bedingt durch das Wachsthum einer Arbeiterkategorie, die wegen der halbkünstlerischen Natur ihres Geschäfts nur allmälig und nicht sprungweis vermehrt werden konnte. Aber auf einer gewissen Entwick- lungsstufe gerieth die grosse Industrie auch technologisch in Wider- streit mit ihrer handwerks- und manufakturmässigen Unterlage. Die Aus- reckung des Umfangs der Bewegungsmaschinen, des Transmissionsmecha- nismus und der Werkzeugmaschinen, die grössere Komplikation, Mannich- faltigkeit und erforderte Regelmässigkeit ihrer Bestandtheile, im Masse wie die Werkzeugmaschine sich von dem handwerksmässigen Model, das ihren Bau ursprünglich beherrscht, losriss, und eine freie, nur durch ihre mecha- nische Aufgabe bestimmte Gestalt erhielt103), die Ausbildung des automa- tischen Systems und die stets unvermeidlichere Anwendung von schwer zu bewältigendem Material, z. B. Eisen statt Holz — die Lösung aller dieser naturwüchsig entspringenden Aufgaben stiess überall auf die persönlichen Schranken, die auch das in der Manufaktur kombinirte Arbeiterpersonal nur dem Grad, nicht dem Wesen nach durchbricht. Maschinen z. B. wie die moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne Kardirmaschine konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden.
Die Umwälzung der Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie bedingt ihre Umwälzung in der andern. Es gilt diess zunächst für solche Industriezweige, welche, trotz der Isolation durch die gesellschaft- liche Theilung der Arbeit, so dass jeder derselben eine selbstständige
103) Der mechanische Webstuhl in seiner ersten Form besteht hauptsächlich aus Holz, der verbesserte, moderne aus Eisen. Wie sehr im Anfang die alte Form des Produktionsmittels seine neue Form beherrscht, zeigt u. a. die oberflächlichste Vergleichung des modernen Dampfwebstuhls mit dem alten, der modernen Blas- instrumente in Eisengiessereien mit der ersten unbehilflichen mechanischen Wieder- geburt des gewöhnlichen Blasbalgs, und vielleicht schlagender als alles andre eine vor der Erfindung der jetzigen Lokomotiven versuchte Lokomotive, die in der That zwei Füsse hatte, welche sie abwechselnd wie ein Pferd aufhob. Erst nach weiterer Entwicklung der Mechanik und gehäufter praktischer Erfahrung wird die Form gänzlich durch das mechanische Princip bestimmt und daher gänzlich emancipirt von der überlieferten Körperform des Werkzeugs, das sich zur Maschine entpuppt.
I. 24
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0388"n="369"/>
Ursprungsweise — und dieser Umstand beherrscht das Kapital als <hirendition="#g">be-<lb/>
wusstes Motiv</hi>— blieb so die Ausdehnung der bereits maschinenmässig<lb/>
betriebenen Industrie und das Eindringen der Maschinerie in neue Produk-<lb/>
tionszweige rein bedingt durch das Wachsthum einer Arbeiterkategorie, die<lb/>
wegen der halbkünstlerischen Natur ihres Geschäfts nur allmälig und nicht<lb/>
sprungweis vermehrt werden konnte. Aber auf einer gewissen Entwick-<lb/>
lungsstufe gerieth die grosse Industrie auch <hirendition="#g">technologisch</hi> in Wider-<lb/>
streit mit ihrer handwerks- und manufakturmässigen Unterlage. Die Aus-<lb/>
reckung des Umfangs der Bewegungsmaschinen, des Transmissionsmecha-<lb/>
nismus und der Werkzeugmaschinen, die grössere Komplikation, Mannich-<lb/>
faltigkeit und erforderte Regelmässigkeit ihrer Bestandtheile, im Masse wie<lb/>
die Werkzeugmaschine sich von dem handwerksmässigen Model, das ihren<lb/>
Bau ursprünglich beherrscht, losriss, und eine freie, nur durch ihre mecha-<lb/>
nische Aufgabe bestimmte Gestalt erhielt<noteplace="foot"n="103)">Der mechanische Webstuhl in seiner ersten Form besteht hauptsächlich<lb/>
aus Holz, der verbesserte, moderne aus Eisen. Wie sehr im Anfang die alte Form<lb/>
des Produktionsmittels seine neue Form beherrscht, zeigt u. a. die oberflächlichste<lb/>
Vergleichung des modernen Dampfwebstuhls mit dem alten, der modernen Blas-<lb/>
instrumente in Eisengiessereien mit der ersten unbehilflichen mechanischen Wieder-<lb/>
geburt des gewöhnlichen Blasbalgs, und vielleicht schlagender als alles andre eine<lb/>
vor der Erfindung der jetzigen Lokomotiven versuchte Lokomotive, die in der That<lb/>
zwei Füsse hatte, welche sie abwechselnd wie ein Pferd aufhob. Erst nach weiterer<lb/>
Entwicklung der Mechanik und gehäufter praktischer Erfahrung wird die Form<lb/>
gänzlich durch das mechanische Princip bestimmt und daher gänzlich emancipirt<lb/>
von der überlieferten Körperform des Werkzeugs, das sich zur Maschine entpuppt.</note>, die Ausbildung des automa-<lb/>
tischen Systems und die stets unvermeidlichere Anwendung von schwer zu<lb/>
bewältigendem Material, z. B. Eisen statt Holz — die Lösung aller dieser<lb/>
naturwüchsig entspringenden Aufgaben stiess überall auf die persönlichen<lb/>
Schranken, die auch das in der Manufaktur kombinirte Arbeiterpersonal nur<lb/>
dem Grad, nicht dem Wesen nach durchbricht. Maschinen z. B. wie die<lb/>
moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne<lb/>
Kardirmaschine konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden.</p><lb/><p>Die Umwälzung der Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie<lb/>
bedingt ihre Umwälzung in der andern. Es gilt diess zunächst für solche<lb/>
Industriezweige, welche, trotz der Isolation durch die <hirendition="#g">gesellschaft-<lb/>
liche</hi> Theilung der Arbeit, so dass jeder derselben eine selbstständige<lb/><fwplace="bottom"type="sig">I. 24</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[369/0388]
Ursprungsweise — und dieser Umstand beherrscht das Kapital als be-
wusstes Motiv — blieb so die Ausdehnung der bereits maschinenmässig
betriebenen Industrie und das Eindringen der Maschinerie in neue Produk-
tionszweige rein bedingt durch das Wachsthum einer Arbeiterkategorie, die
wegen der halbkünstlerischen Natur ihres Geschäfts nur allmälig und nicht
sprungweis vermehrt werden konnte. Aber auf einer gewissen Entwick-
lungsstufe gerieth die grosse Industrie auch technologisch in Wider-
streit mit ihrer handwerks- und manufakturmässigen Unterlage. Die Aus-
reckung des Umfangs der Bewegungsmaschinen, des Transmissionsmecha-
nismus und der Werkzeugmaschinen, die grössere Komplikation, Mannich-
faltigkeit und erforderte Regelmässigkeit ihrer Bestandtheile, im Masse wie
die Werkzeugmaschine sich von dem handwerksmässigen Model, das ihren
Bau ursprünglich beherrscht, losriss, und eine freie, nur durch ihre mecha-
nische Aufgabe bestimmte Gestalt erhielt 103), die Ausbildung des automa-
tischen Systems und die stets unvermeidlichere Anwendung von schwer zu
bewältigendem Material, z. B. Eisen statt Holz — die Lösung aller dieser
naturwüchsig entspringenden Aufgaben stiess überall auf die persönlichen
Schranken, die auch das in der Manufaktur kombinirte Arbeiterpersonal nur
dem Grad, nicht dem Wesen nach durchbricht. Maschinen z. B. wie die
moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne
Kardirmaschine konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden.
Die Umwälzung der Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie
bedingt ihre Umwälzung in der andern. Es gilt diess zunächst für solche
Industriezweige, welche, trotz der Isolation durch die gesellschaft-
liche Theilung der Arbeit, so dass jeder derselben eine selbstständige
103) Der mechanische Webstuhl in seiner ersten Form besteht hauptsächlich
aus Holz, der verbesserte, moderne aus Eisen. Wie sehr im Anfang die alte Form
des Produktionsmittels seine neue Form beherrscht, zeigt u. a. die oberflächlichste
Vergleichung des modernen Dampfwebstuhls mit dem alten, der modernen Blas-
instrumente in Eisengiessereien mit der ersten unbehilflichen mechanischen Wieder-
geburt des gewöhnlichen Blasbalgs, und vielleicht schlagender als alles andre eine
vor der Erfindung der jetzigen Lokomotiven versuchte Lokomotive, die in der That
zwei Füsse hatte, welche sie abwechselnd wie ein Pferd aufhob. Erst nach weiterer
Entwicklung der Mechanik und gehäufter praktischer Erfahrung wird die Form
gänzlich durch das mechanische Princip bestimmt und daher gänzlich emancipirt
von der überlieferten Körperform des Werkzeugs, das sich zur Maschine entpuppt.
I. 24
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/388>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.