Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

ökonomische Formbestimmtheit. Sie sind beide Waaren. Sie sind auch
Waaren von derselben Werthgrösse. Aber sie sind zugleich qua-
litativ verschiedne Gebrauchswerthe, z. B. Korn und Kleider.
Der Produktenaustausch, der Wechsel der verschiednen Stoffe, worin sich
die gesellschaftliche Arbeit darstellt, bildet hier den Inhalt der Bewegung.
Anders in der Circulation G -- W -- G. Sie scheint auf den ersten
Blick inhaltlos, weil tautologisch. Beide Extreme haben dieselbe öko-
nomische Formbestimmtheit. Sie sind beide Geld. Sie unterscheiden
sich auch nicht qualitativ als Gebrauchswerthe, denn Geld ist eben die
verwandelte Gestalt der Waaren, worin ihre besondern Gebrauchswerthe
ausgelöscht sind. Erst 100 Pfd. St. gegen Baumwolle und dann wieder
dieselbe Baumwolle gegen 100 Pfd. St. austauschen, also auf einem Um-
weg Geld gegen Geld, dasselbe gegen dasselbe, scheint eine ebenso zweck-
lose als abgeschmackte Operation4). Eine Geldsumme kann sich von der

4) "On n'echange pas de l'argent contre de l'argent," ruft Mercier de la
Riviere
den Merkantilisten zu. (l. c. p. 486.) In einem Werke, welches ex
professo
vom "Handel" und der "Spekulation" handelt, liest man: "Aller
Handel besteht im Austausch von Dingen verschiedner Art; und der Vortheil (für
den Kaufmann?) entspringt eben aus dieser Verschiedenheit. Ein Pfund Brod
gegen ein Pfund Brod austauschen, wäre ohne allen Vortheil ... daher der vor-
theilhafte Kontrast zwischen Handel und Spiel, welches nur Austausch
von Geld gegen Geld
ist." (Th. Corbet: "An Inquiry into
the Causes and Modes of the Wealth of Individuals; or the
Principles of Trade and Speculation explained. London
. 1841",
p. 5.) Obgleich Corbet nicht sieht, dass G -- G, Geld gegen Geld austauschen,
die charakteristische Circulationsform, nicht nur des Handelskapitals, sondern
allen Kapitals ist, giebt er wenigstens zu, dass diese Form einer Art des Handels,
der Spekulation, mit dem Spiel gemein sei, aber dann kommt MacCulloch
und findet, dass Kaufen um zu verkaufen Speculiren ist, und der Unter-
schied zwischen Speculation und Handel also wegfällt. "Every transaction
in which an individual buys produce in order to sell it again, is,
in fact, a speculation." (Mac Culloch: A Dictionary practical
etc. of Commerce. London 1847, p. 1056.) Ungleich naiver Pinto,
der Pindar der Amsterdamer Börse: "Le commerce est un jeu (dieser
Satz entlehnt aus Locke); et ce n'est pas avec des gueux qu'on peut gagner. Si
l'on gagnait long temps en tout avec tous, il faudrait rendre de bon accord les
plus grandes parties du profit, pour recommencer le jeu." (Pinto: Traite de
la Circulation et du Credit. Amsterdam
1771, p. 231.)

ökonomische Formbestimmtheit. Sie sind beide Waaren. Sie sind auch
Waaren von derselben Werthgrösse. Aber sie sind zugleich qua-
litativ verschiedne Gebrauchswerthe, z. B. Korn und Kleider.
Der Produktenaustausch, der Wechsel der verschiednen Stoffe, worin sich
die gesellschaftliche Arbeit darstellt, bildet hier den Inhalt der Bewegung.
Anders in der Circulation G — W — G. Sie scheint auf den ersten
Blick inhaltlos, weil tautologisch. Beide Extreme haben dieselbe öko-
nomische Formbestimmtheit. Sie sind beide Geld. Sie unterscheiden
sich auch nicht qualitativ als Gebrauchswerthe, denn Geld ist eben die
verwandelte Gestalt der Waaren, worin ihre besondern Gebrauchswerthe
ausgelöscht sind. Erst 100 Pfd. St. gegen Baumwolle und dann wieder
dieselbe Baumwolle gegen 100 Pfd. St. austauschen, also auf einem Um-
weg Geld gegen Geld, dasselbe gegen dasselbe, scheint eine ebenso zweck-
lose als abgeschmackte Operation4). Eine Geldsumme kann sich von der

4) „On n’échange pas de l’argent contre de l’argent,“ ruft Mercier de la
Rivière
den Merkantilisten zu. (l. c. p. 486.) In einem Werke, welches ex
professo
vom „Handel“ und der „Spekulation“ handelt, liest man: „Aller
Handel besteht im Austausch von Dingen verschiedner Art; und der Vortheil (für
den Kaufmann?) entspringt eben aus dieser Verschiedenheit. Ein Pfund Brod
gegen ein Pfund Brod austauschen, wäre ohne allen Vortheil … daher der vor-
theilhafte Kontrast zwischen Handel und Spiel, welches nur Austausch
von Geld gegen Geld
ist.“ (Th. Corbet: „An Inquiry into
the Causes and Modes of the Wealth of Individuals; or the
Principles of Trade and Speculation explained. London
. 1841“,
p. 5.) Obgleich Corbet nicht sieht, dass G — G, Geld gegen Geld austauschen,
die charakteristische Circulationsform, nicht nur des Handelskapitals, sondern
allen Kapitals ist, giebt er wenigstens zu, dass diese Form einer Art des Handels,
der Spekulation, mit dem Spiel gemein sei, aber dann kommt MacCulloch
und findet, dass Kaufen um zu verkaufen Speculiren ist, und der Unter-
schied zwischen Speculation und Handel also wegfällt. „Every transaction
in which an individual buys produce in order to sell it again, is,
in fact, a speculation.“ (Mac Culloch: A Dictionary practical
etc. of Commerce. London 1847, p. 1056.) Ungleich naiver Pinto,
der Pindar der Amsterdamer Börse: „Le commerce est un jeu (dieser
Satz entlehnt aus Locke); et ce n’est pas avec des gueux qu’on peut gagner. Si
l’on gagnait long temps en tout avec tous, il faudrait rendre de bon accord les
plus grandes parties du profit, pour recommencer le jeu.“ (Pinto: Traité de
la Circulation et du Credit. Amsterdam
1771, p. 231.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0130" n="111"/>
ökonomische Formbestimmtheit. Sie sind beide <hi rendition="#g">Waaren</hi>. Sie sind auch<lb/>
Waaren von <hi rendition="#g">derselben Werthgrösse</hi>. Aber sie sind zugleich qua-<lb/>
litativ <hi rendition="#g">verschiedne Gebrauchswerthe</hi>, z. B. Korn und Kleider.<lb/>
Der Produktenaustausch, der Wechsel der verschiednen Stoffe, worin sich<lb/>
die gesellschaftliche Arbeit darstellt, bildet hier den Inhalt der Bewegung.<lb/>
Anders in der Circulation G &#x2014; W &#x2014; G. Sie scheint auf den ersten<lb/>
Blick inhaltlos, weil tautologisch. Beide Extreme haben dieselbe öko-<lb/>
nomische Formbestimmtheit. Sie sind beide <hi rendition="#g">Geld</hi>. Sie unterscheiden<lb/>
sich auch nicht <hi rendition="#g">qualitativ</hi> als Gebrauchswerthe, denn Geld ist eben die<lb/>
verwandelte Gestalt der Waaren, worin ihre besondern Gebrauchswerthe<lb/>
ausgelöscht sind. Erst 100 Pfd. St. gegen Baumwolle und dann wieder<lb/>
dieselbe Baumwolle gegen 100 Pfd. St. austauschen, also auf einem Um-<lb/>
weg Geld gegen Geld, dasselbe gegen dasselbe, scheint eine ebenso zweck-<lb/>
lose als abgeschmackte Operation<note place="foot" n="4)">&#x201E;On n&#x2019;échange pas de l&#x2019;argent contre de l&#x2019;argent,&#x201C; ruft <hi rendition="#g">Mercier de la<lb/>
Rivière</hi> den Merkantilisten zu. (l. c. p. 486.) In einem Werke, welches <hi rendition="#g">ex<lb/>
professo</hi> vom &#x201E;<hi rendition="#g">Handel</hi>&#x201C; und der &#x201E;<hi rendition="#g">Spekulation</hi>&#x201C; handelt, liest man: &#x201E;Aller<lb/>
Handel besteht im Austausch von Dingen verschiedner Art; und der Vortheil (für<lb/>
den Kaufmann?) entspringt eben aus dieser Verschiedenheit. Ein Pfund Brod<lb/>
gegen ein Pfund Brod austauschen, wäre ohne allen Vortheil &#x2026; daher der vor-<lb/>
theilhafte Kontrast zwischen <hi rendition="#g">Handel</hi> und <hi rendition="#g">Spiel</hi>, welches nur <hi rendition="#g">Austausch<lb/>
von Geld gegen Geld</hi> ist.&#x201C; (<hi rendition="#g">Th. Corbet</hi>: &#x201E;<hi rendition="#g">An Inquiry into<lb/>
the Causes and Modes of the Wealth of Individuals; or the<lb/>
Principles of Trade and Speculation explained. London</hi>. 1841&#x201C;,<lb/>
p. 5.) Obgleich Corbet nicht sieht, dass G &#x2014; G, Geld gegen Geld austauschen,<lb/>
die charakteristische Circulationsform, nicht nur des <hi rendition="#g">Handelskapitals</hi>, sondern<lb/><hi rendition="#g">allen</hi> Kapitals ist, giebt er wenigstens zu, dass diese Form einer Art des Handels,<lb/>
der <hi rendition="#g">Spekulation</hi>, mit dem <hi rendition="#g">Spiel</hi> gemein sei, aber dann kommt <hi rendition="#g">MacCulloch</hi><lb/>
und findet, dass <hi rendition="#g">Kaufen um zu verkaufen</hi> Speculiren ist, und der Unter-<lb/>
schied zwischen Speculation und Handel also wegfällt. &#x201E;<hi rendition="#g">Every transaction</hi><lb/>
in which an individual <hi rendition="#g">buys produce in order to sell it again</hi>, is,<lb/>
in fact, a <hi rendition="#g">speculation</hi>.&#x201C; (<hi rendition="#g">Mac Culloch: A Dictionary practical</hi><lb/>
etc. <hi rendition="#g">of Commerce. London</hi> 1847, p. 1056.) Ungleich naiver <hi rendition="#g">Pinto</hi>,<lb/>
der Pindar der Amsterdamer Börse: &#x201E;<hi rendition="#g">Le commerce est un jeu</hi> (dieser<lb/>
Satz entlehnt aus <hi rendition="#g">Locke</hi>); et ce n&#x2019;est pas avec des gueux qu&#x2019;on peut gagner. Si<lb/>
l&#x2019;on gagnait long temps en tout avec tous, il faudrait rendre de bon accord les<lb/>
plus grandes parties du profit, pour recommencer le jeu.&#x201C; (<hi rendition="#g">Pinto: Traité de<lb/>
la Circulation et du Credit. Amsterdam</hi> 1771, p. 231.)</note>. Eine Geldsumme kann sich von der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0130] ökonomische Formbestimmtheit. Sie sind beide Waaren. Sie sind auch Waaren von derselben Werthgrösse. Aber sie sind zugleich qua- litativ verschiedne Gebrauchswerthe, z. B. Korn und Kleider. Der Produktenaustausch, der Wechsel der verschiednen Stoffe, worin sich die gesellschaftliche Arbeit darstellt, bildet hier den Inhalt der Bewegung. Anders in der Circulation G — W — G. Sie scheint auf den ersten Blick inhaltlos, weil tautologisch. Beide Extreme haben dieselbe öko- nomische Formbestimmtheit. Sie sind beide Geld. Sie unterscheiden sich auch nicht qualitativ als Gebrauchswerthe, denn Geld ist eben die verwandelte Gestalt der Waaren, worin ihre besondern Gebrauchswerthe ausgelöscht sind. Erst 100 Pfd. St. gegen Baumwolle und dann wieder dieselbe Baumwolle gegen 100 Pfd. St. austauschen, also auf einem Um- weg Geld gegen Geld, dasselbe gegen dasselbe, scheint eine ebenso zweck- lose als abgeschmackte Operation 4). Eine Geldsumme kann sich von der 4) „On n’échange pas de l’argent contre de l’argent,“ ruft Mercier de la Rivière den Merkantilisten zu. (l. c. p. 486.) In einem Werke, welches ex professo vom „Handel“ und der „Spekulation“ handelt, liest man: „Aller Handel besteht im Austausch von Dingen verschiedner Art; und der Vortheil (für den Kaufmann?) entspringt eben aus dieser Verschiedenheit. Ein Pfund Brod gegen ein Pfund Brod austauschen, wäre ohne allen Vortheil … daher der vor- theilhafte Kontrast zwischen Handel und Spiel, welches nur Austausch von Geld gegen Geld ist.“ (Th. Corbet: „An Inquiry into the Causes and Modes of the Wealth of Individuals; or the Principles of Trade and Speculation explained. London. 1841“, p. 5.) Obgleich Corbet nicht sieht, dass G — G, Geld gegen Geld austauschen, die charakteristische Circulationsform, nicht nur des Handelskapitals, sondern allen Kapitals ist, giebt er wenigstens zu, dass diese Form einer Art des Handels, der Spekulation, mit dem Spiel gemein sei, aber dann kommt MacCulloch und findet, dass Kaufen um zu verkaufen Speculiren ist, und der Unter- schied zwischen Speculation und Handel also wegfällt. „Every transaction in which an individual buys produce in order to sell it again, is, in fact, a speculation.“ (Mac Culloch: A Dictionary practical etc. of Commerce. London 1847, p. 1056.) Ungleich naiver Pinto, der Pindar der Amsterdamer Börse: „Le commerce est un jeu (dieser Satz entlehnt aus Locke); et ce n’est pas avec des gueux qu’on peut gagner. Si l’on gagnait long temps en tout avec tous, il faudrait rendre de bon accord les plus grandes parties du profit, pour recommencer le jeu.“ (Pinto: Traité de la Circulation et du Credit. Amsterdam 1771, p. 231.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/130
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/130>, abgerufen am 23.11.2024.