Münzgestalt. Der in dem Preise oder Geldnamen der Waaren vorge- stellte Gewichtstheil Gold muss ihnen in der Circulation als gleichnamiges Goldstück oder Münze gegenübertreten. Wie die Feststellung des Massstabs der Preise, fällt das Geschäft der Münzung dem Staat anheim. In den verschiedenen Nationaluniformen, die Gold und Silber als Münzen tragen, auf dem Weltmarkt aber wieder ausziehn, erscheint die Scheidung zwischen den innern oder nationalen Sphären der Waarencirculation und ihrer allgemeinen Weltmarktssphäre.
Goldmünze und Barrengold unterscheiden sich also von Haus aus nur durch die Figur, und das Gold ist beständig aus einer Form in die andre verwandelbar65). Der Weg aus der Münze ist aber zugleich der Gang zum Schmelztiegel. Im Umlauf verschleissen nämlich die Goldmünzen, die eine mehr, die andre weniger. Goldtitel und Goldsubstanz, Nominal- gehalt und Realgehalt beginnen ihren Scheidungsprozess. Gleichnamige Goldmünzen werden von ungleichem Werth, weil verschiednem Gewicht. Das Gold als Circulationsmittel weicht ab vom Gold als Massstab der Preise, und hört damit auch auf wirkliches Aequivalent der Waaren zu sein, deren Preise es realisirt. Die Geschichte dieser Wirren bildet die Münzgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert. Die naturwüchsige Tendenz des Cirkulationsprozesses, das Goldsein der Münze in Goldschein oder die Münze in ein Symbol ihres officiellen Metall- gehalts zu verwandeln, ist selbst anerkannt durch die modernsten Gesetze
65) Es liegt natürlich ganz jenseits meines Zwecks, Details wie Schlagschatz u. dgl. zu behandeln. Gegenüber dem romantischen Sykophanten Adam Müller jedoch, der "die grossartige Liberalität" bewundert, womit die "eng- lische Regierung unentgeldlich münzt", folgendes Urtheil Sir Dud- ley North's: "Silver and gold, like other commodities, have their ebbings and flowings. Upon the arrival of quantities from Spain ... it is carried into the Tower, and coined. Not long after there will come a demand for bullion, to be exported again. If there is none, but all happens to be in coin, what then? Melt it down again; there's no loss in it, for the coining costs the owner nothing. Thus the nation has been abused, and made to pay for the twisting of straw, for asses to eat. If the merchant (North war selbst einer der grössten Kaufleute zu Charles II. Zeit) had to pay the price of the coinage, he would not have sent his silver to the Tower without consideration; and coined money would always keep a value above uncoined silver." (North l. c. p. 18.)
Münzgestalt. Der in dem Preise oder Geldnamen der Waaren vorge- stellte Gewichtstheil Gold muss ihnen in der Circulation als gleichnamiges Goldstück oder Münze gegenübertreten. Wie die Feststellung des Massstabs der Preise, fällt das Geschäft der Münzung dem Staat anheim. In den verschiedenen Nationaluniformen, die Gold und Silber als Münzen tragen, auf dem Weltmarkt aber wieder ausziehn, erscheint die Scheidung zwischen den innern oder nationalen Sphären der Waarencirculation und ihrer allgemeinen Weltmarktssphäre.
Goldmünze und Barrengold unterscheiden sich also von Haus aus nur durch die Figur, und das Gold ist beständig aus einer Form in die andre verwandelbar65). Der Weg aus der Münze ist aber zugleich der Gang zum Schmelztiegel. Im Umlauf verschleissen nämlich die Goldmünzen, die eine mehr, die andre weniger. Goldtitel und Goldsubstanz, Nominal- gehalt und Realgehalt beginnen ihren Scheidungsprozess. Gleichnamige Goldmünzen werden von ungleichem Werth, weil verschiednem Gewicht. Das Gold als Circulationsmittel weicht ab vom Gold als Massstab der Preise, und hört damit auch auf wirkliches Aequivalent der Waaren zu sein, deren Preise es realisirt. Die Geschichte dieser Wirren bildet die Münzgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert. Die naturwüchsige Tendenz des Cirkulationsprozesses, das Goldsein der Münze in Goldschein oder die Münze in ein Symbol ihres officiellen Metall- gehalts zu verwandeln, ist selbst anerkannt durch die modernsten Gesetze
65) Es liegt natürlich ganz jenseits meines Zwecks, Details wie Schlagschatz u. dgl. zu behandeln. Gegenüber dem romantischen Sykophanten Adam Müller jedoch, der „die grossartige Liberalität“ bewundert, womit die „eng- lische Regierung unentgeldlich münzt“, folgendes Urtheil Sir Dud- ley North’s: „Silver and gold, like other commodities, have their ebbings and flowings. Upon the arrival of quantities from Spain … it is carried into the Tower, and coined. Not long after there will come a demand for bullion, to be exported again. If there is none, but all happens to be in coin, what then? Melt it down again; there’s no loss in it, for the coining costs the owner nothing. Thus the nation has been abused, and made to pay for the twisting of straw, for asses to eat. If the merchant (North war selbst einer der grössten Kaufleute zu Charles II. Zeit) had to pay the price of the coinage, he would not have sent his silver to the Tower without consideration; and coined money would always keep a value above uncoined silver.“ (North l. c. p. 18.)
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Münzgestalt. Der in dem Preise oder Geldnamen der Waaren vorge-
stellte Gewichtstheil Gold muss ihnen in der Circulation als gleichnamiges
Goldstück oder Münze gegenübertreten. Wie die Feststellung des
Massstabs der Preise, fällt das Geschäft der Münzung dem Staat anheim.
In den verschiedenen Nationaluniformen, die Gold und Silber als Münzen
tragen, auf dem Weltmarkt aber wieder ausziehn, erscheint die Scheidung
zwischen den innern oder nationalen Sphären der Waarencirculation und
ihrer allgemeinen Weltmarktssphäre.
Goldmünze und Barrengold unterscheiden sich also von Haus aus nur
durch die Figur, und das Gold ist beständig aus einer Form in die andre
verwandelbar 65). Der Weg aus der Münze ist aber zugleich der Gang
zum Schmelztiegel. Im Umlauf verschleissen nämlich die Goldmünzen,
die eine mehr, die andre weniger. Goldtitel und Goldsubstanz, Nominal-
gehalt und Realgehalt beginnen ihren Scheidungsprozess. Gleichnamige
Goldmünzen werden von ungleichem Werth, weil verschiednem Gewicht.
Das Gold als Circulationsmittel weicht ab vom Gold als Massstab der
Preise, und hört damit auch auf wirkliches Aequivalent der Waaren zu
sein, deren Preise es realisirt. Die Geschichte dieser Wirren bildet die
Münzgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert.
Die naturwüchsige Tendenz des Cirkulationsprozesses, das Goldsein der
Münze in Goldschein oder die Münze in ein Symbol ihres officiellen Metall-
gehalts zu verwandeln, ist selbst anerkannt durch die modernsten Gesetze
65) Es liegt natürlich ganz jenseits meines Zwecks, Details wie Schlagschatz
u. dgl. zu behandeln. Gegenüber dem romantischen Sykophanten Adam Müller
jedoch, der „die grossartige Liberalität“ bewundert, womit die „eng-
lische Regierung unentgeldlich münzt“, folgendes Urtheil Sir Dud-
ley North’s: „Silver and gold, like other commodities, have their ebbings and
flowings. Upon the arrival of quantities from Spain … it is carried into the
Tower, and coined. Not long after there will come a demand for bullion, to
be exported again. If there is none, but all happens to be in coin, what then?
Melt it down again; there’s no loss in it, for the coining costs the owner nothing.
Thus the nation has been abused, and made to pay for the twisting of straw, for
asses to eat. If the merchant (North war selbst einer der grössten Kaufleute zu
Charles II. Zeit) had to pay the price of the coinage, he would not have sent his
silver to the Tower without consideration; and coined money would always keep a
value above uncoined silver.“ (North l. c. p. 18.)
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/105>, abgerufen am 22.07.2024.
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