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Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.

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Ich habe an einem andern Orte die Bedeutung der Wahl vom 10. De¬
zember entwickelt. Ich komme hier nicht darauf zurück. Es genügt hier
zu bemerken, daß sie eine Reaktion der Bauern, die die Kosten der
Februarrevolution hatten zahlen müssen, gegen die übrigen Klassen der Nation,
eine Reaktion des Landes gegen die Stadt war. Sie fand großen
Anklang in der Armee, der die Republikaner des "National" keinen Ruhm
verschafft hatten, noch Zulage, unter der großen Bourgeoisie, die den Bonaparte
als Brücke zur Monarchie, unter den Proletariern und Kleinbürgern, die
ihn als Geißel für Cavaignac begrüßten. Ich werde später Gelegenheit
finden, auf das Verhältniß der Bauern zur französischen Revolution näher
einzugehn.

Die Epoche vom 20. Dezember 1848 bis zur Auflösung der Konstitu¬
ante im Mai 1849 umfaßt die Geschichte des Untergangs der Bourgeois-
Republikaner. Nachdem sie eine Republik für die Bourgeoisie gegründet,
das revolutionäre Proletariat von dem Terrain vertrieben und das demo¬
kratische Kleinbürgerthum einstweilen zum Schweigen gebracht haben, werden
sie selbst von der Masse der Bourgeoisie bei Seite geschoben, die diese Re¬
publik mit Recht als ihr Eigenthum mit Beschlag belegt. Diese
Bourgeois-Masse war aber royalistisch. Ein Theil derselben, die großen
Grundeigenthümer, hatte unter der Restauration geherrscht und war
daher legitimistisch. Der andre, die Finanzaristokraten und großen
Industriellen, hatte unter der Julimonarchie geherrscht und war daher orlea¬
nistisch
. Die Großwürdenträger der Armee, der Universität, der Kirche,
des Barreau's, der Akademie und der Presse vertheilten sich auf beide Seiten,
wenn auch in verschiedener Proportion. Hier in der bürgerlichen Republik, die
weder den Namen Bourbon noch den Namen Orleans trug, sondern den
Namen Kapital, hatten sie die Staatsform gefunden, worunter sie gemein¬
sam
herrschen konnten. Schon die Juniinsurrektion hatte sie zur "Partei der
Ordnung" vereinigt. Jetzt galt es zunächst, die Koterie der Bourgeois-Re¬
publikaner zu beseitigen, die noch die Sitze der Nationalversammlung inne
hielt. Eben so brutal, wie diese reinen Republikaner dem Volke gegenüber
die physische Gewalt mißbraucht hatten, ebenso feig, kleinlaut, muthlos,
gebrochen, kampfunfähig wichen sie jetzt zurück, wo es galt, der exekutiven
Gewalt und den Royalisten gegenüber ihr Republikanerthum und ihr gesetz¬
geberisches Recht zu behaupten. Ich habe hier nicht die schmähliche Geschichte
ihrer Auflösung zu erzählen. Es war ein Vergehen, kein Untergehen. Ihre

Ich habe an einem andern Orte die Bedeutung der Wahl vom 10. De¬
zember entwickelt. Ich komme hier nicht darauf zurück. Es genügt hier
zu bemerken, daß ſie eine Reaktion der Bauern, die die Koſten der
Februarrevolution hatten zahlen müſſen, gegen die übrigen Klaſſen der Nation,
eine Reaktion des Landes gegen die Stadt war. Sie fand großen
Anklang in der Armee, der die Republikaner des „National“ keinen Ruhm
verſchafft hatten, noch Zulage, unter der großen Bourgeoiſie, die den Bonaparte
als Brücke zur Monarchie, unter den Proletariern und Kleinbürgern, die
ihn als Geißel für Cavaignac begrüßten. Ich werde ſpäter Gelegenheit
finden, auf das Verhältniß der Bauern zur franzöſiſchen Revolution näher
einzugehn.

Die Epoche vom 20. Dezember 1848 bis zur Auflöſung der Konſtitu¬
ante im Mai 1849 umfaßt die Geſchichte des Untergangs der Bourgeois-
Republikaner. Nachdem ſie eine Republik für die Bourgeoiſie gegründet,
das revolutionäre Proletariat von dem Terrain vertrieben und das demo¬
kratiſche Kleinbürgerthum einſtweilen zum Schweigen gebracht haben, werden
ſie ſelbſt von der Maſſe der Bourgeoiſie bei Seite geſchoben, die dieſe Re¬
publik mit Recht als ihr Eigenthum mit Beſchlag belegt. Dieſe
Bourgeois–Maſſe war aber royaliſtiſch. Ein Theil derſelben, die großen
Grundeigenthümer, hatte unter der Reſtauration geherrſcht und war
daher legitimiſtiſch. Der andre, die Finanzariſtokraten und großen
Induſtriellen, hatte unter der Julimonarchie geherrſcht und war daher orlea¬
niſtiſch
. Die Großwürdenträger der Armee, der Univerſität, der Kirche,
des Barreau's, der Akademie und der Preſſe vertheilten ſich auf beide Seiten,
wenn auch in verſchiedener Proportion. Hier in der bürgerlichen Republik, die
weder den Namen Bourbon noch den Namen Orleans trug, ſondern den
Namen Kapital, hatten ſie die Staatsform gefunden, worunter ſie gemein¬
ſam
herrſchen konnten. Schon die Juniinſurrektion hatte ſie zur „Partei der
Ordnung“ vereinigt. Jetzt galt es zunächſt, die Koterie der Bourgeois-Re¬
publikaner zu beſeitigen, die noch die Sitze der Nationalverſammlung inne
hielt. Eben ſo brutal, wie dieſe reinen Republikaner dem Volke gegenüber
die phyſiſche Gewalt mißbraucht hatten, ebenſo feig, kleinlaut, muthlos,
gebrochen, kampfunfähig wichen ſie jetzt zurück, wo es galt, der exekutiven
Gewalt und den Royaliſten gegenüber ihr Republikanerthum und ihr geſetz¬
geberiſches Recht zu behaupten. Ich habe hier nicht die ſchmähliche Geſchichte
ihrer Auflöſung zu erzählen. Es war ein Vergehen, kein Untergehen. Ihre

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[18/0030] Ich habe an einem andern Orte die Bedeutung der Wahl vom 10. De¬ zember entwickelt. Ich komme hier nicht darauf zurück. Es genügt hier zu bemerken, daß ſie eine Reaktion der Bauern, die die Koſten der Februarrevolution hatten zahlen müſſen, gegen die übrigen Klaſſen der Nation, eine Reaktion des Landes gegen die Stadt war. Sie fand großen Anklang in der Armee, der die Republikaner des „National“ keinen Ruhm verſchafft hatten, noch Zulage, unter der großen Bourgeoiſie, die den Bonaparte als Brücke zur Monarchie, unter den Proletariern und Kleinbürgern, die ihn als Geißel für Cavaignac begrüßten. Ich werde ſpäter Gelegenheit finden, auf das Verhältniß der Bauern zur franzöſiſchen Revolution näher einzugehn. Die Epoche vom 20. Dezember 1848 bis zur Auflöſung der Konſtitu¬ ante im Mai 1849 umfaßt die Geſchichte des Untergangs der Bourgeois- Republikaner. Nachdem ſie eine Republik für die Bourgeoiſie gegründet, das revolutionäre Proletariat von dem Terrain vertrieben und das demo¬ kratiſche Kleinbürgerthum einſtweilen zum Schweigen gebracht haben, werden ſie ſelbſt von der Maſſe der Bourgeoiſie bei Seite geſchoben, die dieſe Re¬ publik mit Recht als ihr Eigenthum mit Beſchlag belegt. Dieſe Bourgeois–Maſſe war aber royaliſtiſch. Ein Theil derſelben, die großen Grundeigenthümer, hatte unter der Reſtauration geherrſcht und war daher legitimiſtiſch. Der andre, die Finanzariſtokraten und großen Induſtriellen, hatte unter der Julimonarchie geherrſcht und war daher orlea¬ niſtiſch. Die Großwürdenträger der Armee, der Univerſität, der Kirche, des Barreau's, der Akademie und der Preſſe vertheilten ſich auf beide Seiten, wenn auch in verſchiedener Proportion. Hier in der bürgerlichen Republik, die weder den Namen Bourbon noch den Namen Orleans trug, ſondern den Namen Kapital, hatten ſie die Staatsform gefunden, worunter ſie gemein¬ ſam herrſchen konnten. Schon die Juniinſurrektion hatte ſie zur „Partei der Ordnung“ vereinigt. Jetzt galt es zunächſt, die Koterie der Bourgeois-Re¬ publikaner zu beſeitigen, die noch die Sitze der Nationalverſammlung inne hielt. Eben ſo brutal, wie dieſe reinen Republikaner dem Volke gegenüber die phyſiſche Gewalt mißbraucht hatten, ebenſo feig, kleinlaut, muthlos, gebrochen, kampfunfähig wichen ſie jetzt zurück, wo es galt, der exekutiven Gewalt und den Royaliſten gegenüber ihr Republikanerthum und ihr geſetz¬ geberiſches Recht zu behaupten. Ich habe hier nicht die ſchmähliche Geſchichte ihrer Auflöſung zu erzählen. Es war ein Vergehen, kein Untergehen. Ihre

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869/30>, abgerufen am 27.11.2024.