Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.Armee schien in zwei feindliche Lager getheilt mit zwei feindlichen General¬ Unterdeß beeilte sich Bonaparte, den Kriegsminister d'Hautpoul zu ent¬ "Frankreich verlangt vor allem Andern Ruhe . . . . Armee ſchien in zwei feindliche Lager getheilt mit zwei feindlichen General¬ Unterdeß beeilte ſich Bonaparte, den Kriegsminiſter d'Hautpoul zu ent¬ „Frankreich verlangt vor allem Andern Ruhe . . . . <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0064" n="52"/> Armee ſchien in zwei feindliche Lager getheilt mit zwei feindlichen General¬<lb/> ſtäben, der eine im Elyſ<hi rendition="#aq">é</hi>e, wo Bonaparte, der andere in den Tuilerien, wo<lb/> Changarnier hauſte. Es ſchien nur des Zuſammentritts der Nationalver¬<lb/> ſammlung zu bedürfen, damit das Signal zum Kampfe erſchalle. Das fran¬<lb/> zöſiſche Publikum beurtheilte dieſe Reibungen zwiſchen Bonaparte und Chan¬<lb/> garnier wie jener engliſche Journaliſt, der ſie mit folgenden Worten charak¬<lb/> teriſirt hat: „Die politiſchen Hausmägde Frankreichs kehren die glühende Lava<lb/> der Revolution mit alten Beſen weg, und keifen ſich aus, während ſie ihre<lb/> Arbeit verrichten.“</p><lb/> <p>Unterdeß beeilte ſich Bonaparte, den Kriegsminiſter d'Hautpoul zu ent¬<lb/> ſetzen, ihn Hals über Kopf nach Algier zu ſpediren und an ſeine Stelle General<lb/> Schramm zum Kriegsminiſter zu ernennen. Am 12. November ſandte er<lb/> der Nationalverſammlung eine Botſchaft von amerikaniſcher Weitläufigkeit,<lb/> überladen mit Details, ordnungsduftend, verſöhnungslüſtern, konſtitutionell¬<lb/> reſignirt, von Allem und Jedem handelnd, nur nicht von den <hi rendition="#aq">questions<lb/> brûlantes</hi> des Augenblickes. Wie im Vorbeigehen ließ er die Worte fallen,<lb/> daß den ausdrücklichen Beſtimmungen der Konſtitution gemäß der Präſident<lb/> allein über die Armee verfüge. Die Botſchaft ſchloß mit folgenden hochbe¬<lb/> theuernden Worten:</p><lb/> <p>„<hi rendition="#g">Frankreich verlangt vor allem Andern Ruhe</hi> . . . .<lb/><hi rendition="#g">Allein durch einen Eid gebunden</hi>, <hi rendition="#g">werde ich mich inner¬<lb/> halb der engen Grenzen halten</hi>, <hi rendition="#g">die er mir gezogen hat</hi> . . . .<lb/> Was mich betrifft, vom Volke erwählt, und ihm allein meine Macht ſchuldend,<lb/> ich werde mich ſtets ſeinem geſetzlich ausgedrückten Willen fügen. Beſchließt<lb/> Ihr in dieſer Sitzung die Reviſion der Konſtitution, ſo wird eine konſtituirende<lb/> Verſammlung die Stellung der Exekutivgewalt regeln. Wo nicht, ſo wird<lb/> das Volk 1852 feierlich ſeinen Entſchluß verkünden. Was aber immer die<lb/> Löſungen der Zukunft ſein mögen, laßt uns zu einem Verſtändniß kommen,<lb/> damit niemals Leidenſchaft, Ueberraſchung oder Gewalt über das Schickſal<lb/> einer großen Nation entſcheiden . . . . Was vor Allem meine Aufmerkſamkeit<lb/> in Anſpruch nimmt, iſt nicht, zu wiſſen, wer 1852 über Frankreich regieren<lb/> wird, ſondern die Zeit, die zu meiner Verfügung ſteht, ſo zu verwenden, daß<lb/> die Zwiſchenperiode ohne Agitation und Störung vorübergehe. Ich habe mit<lb/> Aufrichtigkeit mein Herz vor Euch eröffnet, Ihr werdet meiner Offenheit mit<lb/> Eurem Vertrauen antworten, meinem guten Streben durch Eure Mitwirkung,<lb/> und Gott wird das Uebrige thun.“</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0064]
Armee ſchien in zwei feindliche Lager getheilt mit zwei feindlichen General¬
ſtäben, der eine im Elyſée, wo Bonaparte, der andere in den Tuilerien, wo
Changarnier hauſte. Es ſchien nur des Zuſammentritts der Nationalver¬
ſammlung zu bedürfen, damit das Signal zum Kampfe erſchalle. Das fran¬
zöſiſche Publikum beurtheilte dieſe Reibungen zwiſchen Bonaparte und Chan¬
garnier wie jener engliſche Journaliſt, der ſie mit folgenden Worten charak¬
teriſirt hat: „Die politiſchen Hausmägde Frankreichs kehren die glühende Lava
der Revolution mit alten Beſen weg, und keifen ſich aus, während ſie ihre
Arbeit verrichten.“
Unterdeß beeilte ſich Bonaparte, den Kriegsminiſter d'Hautpoul zu ent¬
ſetzen, ihn Hals über Kopf nach Algier zu ſpediren und an ſeine Stelle General
Schramm zum Kriegsminiſter zu ernennen. Am 12. November ſandte er
der Nationalverſammlung eine Botſchaft von amerikaniſcher Weitläufigkeit,
überladen mit Details, ordnungsduftend, verſöhnungslüſtern, konſtitutionell¬
reſignirt, von Allem und Jedem handelnd, nur nicht von den questions
brûlantes des Augenblickes. Wie im Vorbeigehen ließ er die Worte fallen,
daß den ausdrücklichen Beſtimmungen der Konſtitution gemäß der Präſident
allein über die Armee verfüge. Die Botſchaft ſchloß mit folgenden hochbe¬
theuernden Worten:
„Frankreich verlangt vor allem Andern Ruhe . . . .
Allein durch einen Eid gebunden, werde ich mich inner¬
halb der engen Grenzen halten, die er mir gezogen hat . . . .
Was mich betrifft, vom Volke erwählt, und ihm allein meine Macht ſchuldend,
ich werde mich ſtets ſeinem geſetzlich ausgedrückten Willen fügen. Beſchließt
Ihr in dieſer Sitzung die Reviſion der Konſtitution, ſo wird eine konſtituirende
Verſammlung die Stellung der Exekutivgewalt regeln. Wo nicht, ſo wird
das Volk 1852 feierlich ſeinen Entſchluß verkünden. Was aber immer die
Löſungen der Zukunft ſein mögen, laßt uns zu einem Verſtändniß kommen,
damit niemals Leidenſchaft, Ueberraſchung oder Gewalt über das Schickſal
einer großen Nation entſcheiden . . . . Was vor Allem meine Aufmerkſamkeit
in Anſpruch nimmt, iſt nicht, zu wiſſen, wer 1852 über Frankreich regieren
wird, ſondern die Zeit, die zu meiner Verfügung ſteht, ſo zu verwenden, daß
die Zwiſchenperiode ohne Agitation und Störung vorübergehe. Ich habe mit
Aufrichtigkeit mein Herz vor Euch eröffnet, Ihr werdet meiner Offenheit mit
Eurem Vertrauen antworten, meinem guten Streben durch Eure Mitwirkung,
und Gott wird das Uebrige thun.“
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