Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.Verachtung aller Klassen, als während dieser Periode. Nie herrschte die Ich habe hier nicht die Geschichte ihrer gesetzgeberischen Thätigkeit zu Die Bauern, in allen ihren Hoffnungen getäuscht, durch den niedrigen Welche Summe von Leidenschaft und Deklamation die Ordnungspartei Verachtung aller Klaſſen, als während dieſer Periode. Nie herrſchte die Ich habe hier nicht die Geſchichte ihrer geſetzgeberiſchen Thätigkeit zu Die Bauern, in allen ihren Hoffnungen getäuſcht, durch den niedrigen Welche Summe von Leidenſchaft und Deklamation die Ordnungspartei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="40"/> Verachtung aller Klaſſen, als während dieſer Periode. Nie herrſchte die<lb/> Bourgeoiſie unbedingter, nie trug ſie prahleriſcher die Inſignien der Herr¬<lb/> ſchaft zur Schau.</p><lb/> <p>Ich habe hier nicht die Geſchichte ihrer geſetzgeberiſchen Thätigkeit zu<lb/> ſchreiben, die ſich während dieſer Periode in zwei Geſetzen reſümirt: in dem<lb/> Geſetze, das die <hi rendition="#g">Weinſteuer</hi> wiederherſtellt, in dem <hi rendition="#g">Unterrichtsge</hi>¬<lb/><hi rendition="#g">ſetze</hi>, das den Unglauben abſchafft. Wenn den Franzoſen das Weintrinken<lb/> erſchwert, ward ihnen deſto reichlicher vom Waſſer des wahren Lebens ge¬<lb/> ſchenkt. Wenn die Bourgeoiſie in dem Geſetze über die Weinſteuer das alte<lb/> gehäſſige franzöſiſche Steuerſyſtem für unantaſtbar erklärt, ſuchte ſie durch<lb/> das Unterrichtsgeſetz den alten Gemüthszuſtand der Maſſen zu ſichern, der<lb/> es ertragen ließ. Man iſt erſtaunt, die Orleaniſten, die liberalen Bourgeois,<lb/> dieſe alten Apoſtel des Voltairianismus und der eklektiſchen Philoſophie, ihren<lb/> Stammfeinden, den Jeſuiten, die Verwaltung des franzöſiſchen Geiſtes an¬<lb/> vertrauen zu ſehn. Aber Orleaniſten und Legitimiſten konnten in Be¬<lb/> ziehung auf den Kronprätendenten auseinandergehn, ſie begriffen, daß ihre<lb/> vereinte Herrſchaft die Unterdrückungsmittel zweier Epochen zu vereinigen<lb/> gebot, daß die Unterjochungsmittel der Julimonarchie durch die Unterjochungs¬<lb/> mittel der Reſtauration ergänzt und verſtärkt werden mußten.</p><lb/> <p>Die Bauern, in allen ihren Hoffnungen getäuſcht, durch den niedrigen<lb/> Stand der Getreidepreiſe einerſeits, durch die wachſende Steuerlaſt und<lb/> Hypothekenſchuld andrerſeits mehr als je erdrückt, begannen ſich in den Depar¬<lb/> tements zu regen. Man antwortete ihnen durch eine Hetzjagd auf die Schul¬<lb/> meiſter, die den Geiſtlichen, durch eine Hetzjagd auf die Maires, die den<lb/> Präfekten, und durch ein Syſtem der Spionage, dem Alle unterworfen wur¬<lb/> den. In Paris und den großen Städten trägt die Reaktion ſelbſt die<lb/> Phyſiognomie ihrer Epoche und fordert mehr heraus, als ſie niederſchlägt.<lb/> Auf dem Lande wird ſie platt, gemein, kleinlich, ermüdend, plackend, mit<lb/> einem Worte Gensdarm. Man begreift, wie drei Jahre vom Regime des<lb/> Gensdarmen, eingeſegnet durch das Regime des Pfaffen, unreife Maſſen<lb/> demoraliſiren mußten.</p><lb/> <p>Welche Summe von Leidenſchaft und Deklamation die Ordnungspartei<lb/> von der Tribüne der Nationalverſammlung herab gegen die Minorität auf¬<lb/> wenden mochte, ihre Rede blieb einſylbig, wie die des Chriſten, deſſen Worte<lb/> ſein ſollen: Ja, ja, nein, nein! Einſylbig von der Tribüne herab, wie in<lb/> der Preſſe. Fad wie ein Räthſel, deſſen Löſung im voraus bekannt iſt.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0052]
Verachtung aller Klaſſen, als während dieſer Periode. Nie herrſchte die
Bourgeoiſie unbedingter, nie trug ſie prahleriſcher die Inſignien der Herr¬
ſchaft zur Schau.
Ich habe hier nicht die Geſchichte ihrer geſetzgeberiſchen Thätigkeit zu
ſchreiben, die ſich während dieſer Periode in zwei Geſetzen reſümirt: in dem
Geſetze, das die Weinſteuer wiederherſtellt, in dem Unterrichtsge¬
ſetze, das den Unglauben abſchafft. Wenn den Franzoſen das Weintrinken
erſchwert, ward ihnen deſto reichlicher vom Waſſer des wahren Lebens ge¬
ſchenkt. Wenn die Bourgeoiſie in dem Geſetze über die Weinſteuer das alte
gehäſſige franzöſiſche Steuerſyſtem für unantaſtbar erklärt, ſuchte ſie durch
das Unterrichtsgeſetz den alten Gemüthszuſtand der Maſſen zu ſichern, der
es ertragen ließ. Man iſt erſtaunt, die Orleaniſten, die liberalen Bourgeois,
dieſe alten Apoſtel des Voltairianismus und der eklektiſchen Philoſophie, ihren
Stammfeinden, den Jeſuiten, die Verwaltung des franzöſiſchen Geiſtes an¬
vertrauen zu ſehn. Aber Orleaniſten und Legitimiſten konnten in Be¬
ziehung auf den Kronprätendenten auseinandergehn, ſie begriffen, daß ihre
vereinte Herrſchaft die Unterdrückungsmittel zweier Epochen zu vereinigen
gebot, daß die Unterjochungsmittel der Julimonarchie durch die Unterjochungs¬
mittel der Reſtauration ergänzt und verſtärkt werden mußten.
Die Bauern, in allen ihren Hoffnungen getäuſcht, durch den niedrigen
Stand der Getreidepreiſe einerſeits, durch die wachſende Steuerlaſt und
Hypothekenſchuld andrerſeits mehr als je erdrückt, begannen ſich in den Depar¬
tements zu regen. Man antwortete ihnen durch eine Hetzjagd auf die Schul¬
meiſter, die den Geiſtlichen, durch eine Hetzjagd auf die Maires, die den
Präfekten, und durch ein Syſtem der Spionage, dem Alle unterworfen wur¬
den. In Paris und den großen Städten trägt die Reaktion ſelbſt die
Phyſiognomie ihrer Epoche und fordert mehr heraus, als ſie niederſchlägt.
Auf dem Lande wird ſie platt, gemein, kleinlich, ermüdend, plackend, mit
einem Worte Gensdarm. Man begreift, wie drei Jahre vom Regime des
Gensdarmen, eingeſegnet durch das Regime des Pfaffen, unreife Maſſen
demoraliſiren mußten.
Welche Summe von Leidenſchaft und Deklamation die Ordnungspartei
von der Tribüne der Nationalverſammlung herab gegen die Minorität auf¬
wenden mochte, ihre Rede blieb einſylbig, wie die des Chriſten, deſſen Worte
ſein ſollen: Ja, ja, nein, nein! Einſylbig von der Tribüne herab, wie in
der Preſſe. Fad wie ein Räthſel, deſſen Löſung im voraus bekannt iſt.
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