Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Derselbe wird sie mit einer unvergängli-
chen Strengheit straffen/ wann Er sie einer
grössern Missethat schuldig befindet/ wenn
sie vor seinen Richterstuhl erscheinen wer-
den.

XLVII.

Ein Fürst muß nicht leiden/ daß die Ge-
wonheiten in seinem Lande auffkommen/ und
einen festen Fuß setzen: Dann über das/ daß
sie die Macht der Gesetze an sich nehmen/
wann man sie duldet: So ist auch dieses
noch insbesondere zubetrachten/ daß es viel
leichter ist/ das geschriebene Gesetz abzuthun/
als eine Gewonheit abzuschaffen. Jenes
wird ohne Mühe wiederruffen/ und ist nur
ein Blat Papier von nöhten/ damit zum
Ende zu kommen; aber man lescht eine Ge-
wonheit/ welche das Volck angenommen/
und die es seither vielen Jahren gehabt/ viel
schwerlicher aus: Es gehöret viel Zeit/ Kunst
und Gedult dazu.

XLVIII.

Die beste Regel/ welche man einen gros-
sen Herrn geben kan/ sein Land glück- und
friedlich zu regieren/ ist/ daß man ihm rahte/
daß er allezeit wohl lebe undsonderlich dieje-
nigen liebe/ welche der Tugend ergeben sind.

Sei-

Derſelbe wird ſie mit einer unvergaͤngli-
chen Strengheit ſtraffen/ wann Er ſie einer
groͤſſern Miſſethat ſchuldig befindet/ wenn
ſie vor ſeinen Richterſtuhl erſcheinen wer-
den.

XLVII.

Ein Fuͤrſt muß nicht leiden/ daß die Ge-
wonheiten in ſeinem Lande auffkommen/ und
einen feſten Fuß ſetzen: Dann uͤber das/ daß
ſie die Macht der Geſetze an ſich nehmen/
wann man ſie duldet: So iſt auch dieſes
noch insbeſondere zubetrachten/ daß es viel
leichter iſt/ das geſchriebene Geſetz abzuthun/
als eine Gewonheit abzuſchaffen. Jenes
wird ohne Muͤhe wiederruffen/ und iſt nur
ein Blat Papier von noͤhten/ damit zum
Ende zu kommen; aber man leſcht eine Ge-
wonheit/ welche das Volck angenommen/
und die es ſeither vielen Jahren gehabt/ viel
ſchwerlicher aus: Es gehoͤret viel Zeit/ Kunſt
und Gedult dazu.

XLVIII.

Die beſte Regel/ welche man einen groſ-
ſen Herrn geben kan/ ſein Land gluͤck- und
friedlich zu regieren/ iſt/ daß man ihm rahte/
daß er allezeit wohl lebe undſonderlich dieje-
nigen liebe/ welche der Tugend ergeben ſind.

Sei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0199" n="198[188]"/>
Der&#x017F;elbe wird &#x017F;ie mit einer unverga&#x0364;ngli-<lb/>
chen Strengheit &#x017F;traffen/ wann Er &#x017F;ie einer<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Mi&#x017F;&#x017F;ethat &#x017F;chuldig befindet/ wenn<lb/>
&#x017F;ie vor &#x017F;einen Richter&#x017F;tuhl er&#x017F;cheinen wer-<lb/>
den.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XLVII.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein Fu&#x0364;r&#x017F;t muß nicht leiden/ daß die Ge-<lb/>
wonheiten in &#x017F;einem Lande auffkommen/ und<lb/>
einen fe&#x017F;ten Fuß &#x017F;etzen: Dann u&#x0364;ber das/ daß<lb/>
&#x017F;ie die Macht der Ge&#x017F;etze an &#x017F;ich nehmen/<lb/>
wann man &#x017F;ie duldet: So i&#x017F;t auch die&#x017F;es<lb/>
noch insbe&#x017F;ondere zubetrachten/ daß es viel<lb/>
leichter i&#x017F;t/ das ge&#x017F;chriebene Ge&#x017F;etz abzuthun/<lb/>
als eine Gewonheit abzu&#x017F;chaffen. Jenes<lb/>
wird ohne Mu&#x0364;he wiederruffen/ und i&#x017F;t nur<lb/>
ein Blat Papier von no&#x0364;hten/ damit zum<lb/>
Ende zu kommen; aber man le&#x017F;cht eine Ge-<lb/>
wonheit/ welche das Volck angenommen/<lb/>
und die es &#x017F;either vielen Jahren gehabt/ viel<lb/>
&#x017F;chwerlicher aus: Es geho&#x0364;ret viel Zeit/ Kun&#x017F;t<lb/>
und Gedult dazu.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XLVIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Die be&#x017F;te Regel/ welche man einen gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Herrn geben kan/ &#x017F;ein Land glu&#x0364;ck- und<lb/>
friedlich zu regieren/ i&#x017F;t/ daß man ihm rahte/<lb/>
daß er allezeit wohl lebe und&#x017F;onderlich dieje-<lb/>
nigen liebe/ welche der Tugend ergeben &#x017F;ind.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198[188]/0199] Derſelbe wird ſie mit einer unvergaͤngli- chen Strengheit ſtraffen/ wann Er ſie einer groͤſſern Miſſethat ſchuldig befindet/ wenn ſie vor ſeinen Richterſtuhl erſcheinen wer- den. XLVII. Ein Fuͤrſt muß nicht leiden/ daß die Ge- wonheiten in ſeinem Lande auffkommen/ und einen feſten Fuß ſetzen: Dann uͤber das/ daß ſie die Macht der Geſetze an ſich nehmen/ wann man ſie duldet: So iſt auch dieſes noch insbeſondere zubetrachten/ daß es viel leichter iſt/ das geſchriebene Geſetz abzuthun/ als eine Gewonheit abzuſchaffen. Jenes wird ohne Muͤhe wiederruffen/ und iſt nur ein Blat Papier von noͤhten/ damit zum Ende zu kommen; aber man leſcht eine Ge- wonheit/ welche das Volck angenommen/ und die es ſeither vielen Jahren gehabt/ viel ſchwerlicher aus: Es gehoͤret viel Zeit/ Kunſt und Gedult dazu. XLVIII. Die beſte Regel/ welche man einen groſ- ſen Herrn geben kan/ ſein Land gluͤck- und friedlich zu regieren/ iſt/ daß man ihm rahte/ daß er allezeit wohl lebe undſonderlich dieje- nigen liebe/ welche der Tugend ergeben ſind. Sei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/199
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 198[188]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/199>, abgerufen am 21.11.2024.