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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Achtes Buch. Siebentes Hauptstück.
den Kriegs-Unternehmungen enthalte, 2) in dem was den
kriegführenden Mächten in Hinsicht des Krieges nützlich oder
nöthig ist sich völlig unpartheyisch betrage, und daher keiner
derselben etwas zu gestatten oder zu verweigern anfange,
was sie nicht auch der andren gestattet oder verweigert, mit-
hin gegen beyde sich völlig gleich, oder doch so betrage, wie
sie sich in Friedenszeiten zu betragen gewohnt war a). So
lange ein Staat diese Pflichten beobachtet, hat er das Recht
zu verlangen, daß er von den kriegführenden Theilen freund-
schaftlich behandelt, mit allen Gewaltthätigkeiten verschonet
und in den Genuß der Rechte nicht gestöret werde die jeder
unabhängigen Nation als solcher zustehn; die Ausnahmen
welche hier statt haben können, sind bloß aus dem Nothrechte
herzuleiten.

Sobald hingegen eine neutrale Macht sich in einem
Punct von diesen Vorschriften entfernt, wenn sie gleich die
übrigen noch beobachtet, so ist ihre Neutralität unvollkom-
men, und daher ihr Recht der Neutralität, zwar noch nicht
immer in seinem ganzen Umfange erloschen, aber beschränkt
(neutralite limitee).

a) Hubner a. a. O. P. I. c. 2. §. 1. s. jedoch Lampredi P. I. §. 4.
§. 302.
Vertrags-Neutralität.

Kein Staat ist zwar genöthiget zum voraus, allge-
mein, oder den kriegführenden Mächten zu erklären, oder
zu versprechen, daß er neutral bleiben wolle a); doch pflegen
neutral gesinnte Mächte nicht nur bey entsiehenden Kriege
solche Erklärungen zur Richtschnur für ihre Unterthanen zu
erlassen b), auch den kriegführenden Mächten auf deren An-
frage hierüber befriedigende Antworten zu ertheilen, sondern
oft ist es auch nützlich mit einem oder beyden der kriegführen-
den Theile Neutralitätsverträge einzugehn. Durch solche
Verträge kann auch theils solchen Staaten oder deren Thei-
len, die auf Neutralität kein vollkommnes Recht haben c),

selbige

Achtes Buch. Siebentes Hauptſtuͤck.
den Kriegs-Unternehmungen enthalte, 2) in dem was den
kriegfuͤhrenden Maͤchten in Hinſicht des Krieges nuͤtzlich oder
noͤthig iſt ſich voͤllig unpartheyiſch betrage, und daher keiner
derſelben etwas zu geſtatten oder zu verweigern anfange,
was ſie nicht auch der andren geſtattet oder verweigert, mit-
hin gegen beyde ſich voͤllig gleich, oder doch ſo betrage, wie
ſie ſich in Friedenszeiten zu betragen gewohnt war a). So
lange ein Staat dieſe Pflichten beobachtet, hat er das Recht
zu verlangen, daß er von den kriegfuͤhrenden Theilen freund-
ſchaftlich behandelt, mit allen Gewaltthaͤtigkeiten verſchonet
und in den Genuß der Rechte nicht geſtoͤret werde die jeder
unabhaͤngigen Nation als ſolcher zuſtehn; die Ausnahmen
welche hier ſtatt haben koͤnnen, ſind bloß aus dem Nothrechte
herzuleiten.

Sobald hingegen eine neutrale Macht ſich in einem
Punct von dieſen Vorſchriften entfernt, wenn ſie gleich die
uͤbrigen noch beobachtet, ſo iſt ihre Neutralitaͤt unvollkom-
men, und daher ihr Recht der Neutralitaͤt, zwar noch nicht
immer in ſeinem ganzen Umfange erloſchen, aber beſchraͤnkt
(neutralité limitée).

a) Hubner a. a. O. P. I. c. 2. §. 1. ſ. jedoch Lampredi P. I. §. 4.
§. 302.
Vertrags-Neutralitaͤt.

Kein Staat iſt zwar genoͤthiget zum voraus, allge-
mein, oder den kriegfuͤhrenden Maͤchten zu erklaͤren, oder
zu verſprechen, daß er neutral bleiben wolle a); doch pflegen
neutral geſinnte Maͤchte nicht nur bey entſiehenden Kriege
ſolche Erklaͤrungen zur Richtſchnur fuͤr ihre Unterthanen zu
erlaſſen b), auch den kriegfuͤhrenden Maͤchten auf deren An-
frage hieruͤber befriedigende Antworten zu ertheilen, ſondern
oft iſt es auch nuͤtzlich mit einem oder beyden der kriegfuͤhren-
den Theile Neutralitaͤtsvertraͤge einzugehn. Durch ſolche
Vertraͤge kann auch theils ſolchen Staaten oder deren Thei-
len, die auf Neutralitaͤt kein vollkommnes Recht haben c),

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[342/0370] Achtes Buch. Siebentes Hauptſtuͤck. den Kriegs-Unternehmungen enthalte, 2) in dem was den kriegfuͤhrenden Maͤchten in Hinſicht des Krieges nuͤtzlich oder noͤthig iſt ſich voͤllig unpartheyiſch betrage, und daher keiner derſelben etwas zu geſtatten oder zu verweigern anfange, was ſie nicht auch der andren geſtattet oder verweigert, mit- hin gegen beyde ſich voͤllig gleich, oder doch ſo betrage, wie ſie ſich in Friedenszeiten zu betragen gewohnt war a). So lange ein Staat dieſe Pflichten beobachtet, hat er das Recht zu verlangen, daß er von den kriegfuͤhrenden Theilen freund- ſchaftlich behandelt, mit allen Gewaltthaͤtigkeiten verſchonet und in den Genuß der Rechte nicht geſtoͤret werde die jeder unabhaͤngigen Nation als ſolcher zuſtehn; die Ausnahmen welche hier ſtatt haben koͤnnen, ſind bloß aus dem Nothrechte herzuleiten. Sobald hingegen eine neutrale Macht ſich in einem Punct von dieſen Vorſchriften entfernt, wenn ſie gleich die uͤbrigen noch beobachtet, ſo iſt ihre Neutralitaͤt unvollkom- men, und daher ihr Recht der Neutralitaͤt, zwar noch nicht immer in ſeinem ganzen Umfange erloſchen, aber beſchraͤnkt (neutralité limitée). a⁾ Hubner a. a. O. P. I. c. 2. §. 1. ſ. jedoch Lampredi P. I. §. 4. §. 302. Vertrags-Neutralitaͤt. Kein Staat iſt zwar genoͤthiget zum voraus, allge- mein, oder den kriegfuͤhrenden Maͤchten zu erklaͤren, oder zu verſprechen, daß er neutral bleiben wolle a); doch pflegen neutral geſinnte Maͤchte nicht nur bey entſiehenden Kriege ſolche Erklaͤrungen zur Richtſchnur fuͤr ihre Unterthanen zu erlaſſen b), auch den kriegfuͤhrenden Maͤchten auf deren An- frage hieruͤber befriedigende Antworten zu ertheilen, ſondern oft iſt es auch nuͤtzlich mit einem oder beyden der kriegfuͤhren- den Theile Neutralitaͤtsvertraͤge einzugehn. Durch ſolche Vertraͤge kann auch theils ſolchen Staaten oder deren Thei- len, die auf Neutralitaͤt kein vollkommnes Recht haben c), ſelbige

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/370>, abgerufen am 21.11.2024.