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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Einleitung.
gerlichen Rechte, daß eine Wechsel-See- oder Assecuranz-Ord-
nung in andern Ländern bey Abfassung solcher Gesetze zum Muster
genommen, wohl gar hin und wieder abgeschrieben wird, oder
daß sich aus selbigen eine Kaufmanns Usance bildet. S. a. mein
Programm von der Existenz eines positiven europäischen Völ-
kerrechts und dem Nutzen dieser Wissenschaft.
Göttingen 1787. 4.
§. 4.
Begriff desselben.

Aus dem Inbegriff dieser am allgemeinsten unter
den mehresten, insonderheit den größesten europäischen
Staaten, es sey durch viele unter einander übereinstim-
mende besondere, ausdrückliche, oder stillschweigende Ver-
träge, oder durch Herkommen eingeführten Puncte, läßt
sich ein allgemeines positives, oder practisches europäi-
sche a) Völkerrecht bilden. Es ist leicht, diese Wissen-
schaft von andern Theilen der Staatswissenschaft über-
haupt, von dem Staatsrecht im engeren Sinne, von
dem Privat Fürstenrechte, von dem particulär Völker-
recht oder auswärtigen Staatsrechte, von der Staats-
klugheit, Statistik
u. s. f. zu unterscheiden.

a) Diese Benennung scheint immer noch die passendste zu seyn, wenn
schon in Europa ein Volk, die Türken nehmlich, in vielen Punc-
ten dasselbe nicht beobachtet, und außerhalb Europa die vereinig-
ten Staaten von Ametika sich selbst zufolge ihrer ausdrücklichen
Erklärung demselben gemäß betragen. Diese Benennung bleibt
darum a potion immer richtig, und scheint zweckmäßiger, als die
des Völkerrechts civilisirten Nationen, welche zu unbestimmt
ist, zumahl es außerhalb Europa Völker giebt, denen man die
Eigenschaft civilisirter Nationen nicht abstreiten kann, ob sie
gleich unser Völkerrecht nicht angenommen haben.
§. 5.
Ob es ein allgemeines positives Völkerrecht gebe

Daß, so wie unter den Menschen überhaupt, so
auch unter allen Völkern eine natürliche Gesellschaft bestehe,
läßt sich zwar behaupten; aber eben so gewiß ist es, daß

keine
Einleitung.
gerlichen Rechte, daß eine Wechſel-See- oder Aſſecuranz-Ord-
nung in andern Laͤndern bey Abfaſſung ſolcher Geſetze zum Muſter
genommen, wohl gar hin und wieder abgeſchrieben wird, oder
daß ſich aus ſelbigen eine Kaufmanns Uſançe bildet. S. a. mein
Programm von der Exiſtenz eines poſitiven europaͤiſchen Voͤl-
kerrechts und dem Nutzen dieſer Wiſſenſchaft.
Goͤttingen 1787. 4.
§. 4.
Begriff deſſelben.

Aus dem Inbegriff dieſer am allgemeinſten unter
den mehreſten, inſonderheit den groͤßeſten europaͤiſchen
Staaten, es ſey durch viele unter einander uͤbereinſtim-
mende beſondere, ausdruͤckliche, oder ſtillſchweigende Ver-
traͤge, oder durch Herkommen eingefuͤhrten Puncte, laͤßt
ſich ein allgemeines poſitives, oder practiſches europaͤi-
ſche a) Voͤlkerrecht bilden. Es iſt leicht, dieſe Wiſſen-
ſchaft von andern Theilen der Staatswiſſenſchaft uͤber-
haupt, von dem Staatsrecht im engeren Sinne, von
dem Privat Fuͤrſtenrechte, von dem particulaͤr Voͤlker-
recht oder auswaͤrtigen Staatsrechte, von der Staats-
klugheit, Statiſtik
u. ſ. f. zu unterſcheiden.

a) Dieſe Benennung ſcheint immer noch die paſſendſte zu ſeyn, wenn
ſchon in Europa ein Volk, die Tuͤrken nehmlich, in vielen Punc-
ten daſſelbe nicht beobachtet, und außerhalb Europa die vereinig-
ten Staaten von Ametika ſich ſelbſt zufolge ihrer ausdruͤcklichen
Erklaͤrung demſelben gemaͤß betragen. Dieſe Benennung bleibt
darum à potion immer richtig, und ſcheint zweckmaͤßiger, als die
des Voͤlkerrechts civiliſirten Nationen, welche zu unbeſtimmt
iſt, zumahl es außerhalb Europa Voͤlker giebt, denen man die
Eigenſchaft civiliſirter Nationen nicht abſtreiten kann, ob ſie
gleich unſer Voͤlkerrecht nicht angenommen haben.
§. 5.
Ob es ein allgemeines poſitives Voͤlkerrecht gebe

Daß, ſo wie unter den Menſchen uͤberhaupt, ſo
auch unter allen Voͤlkern eine natuͤrliche Geſellſchaft beſtehe,
laͤßt ſich zwar behaupten; aber eben ſo gewiß iſt es, daß

keine
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[6/0034] Einleitung. c⁾ gerlichen Rechte, daß eine Wechſel-See- oder Aſſecuranz-Ord- nung in andern Laͤndern bey Abfaſſung ſolcher Geſetze zum Muſter genommen, wohl gar hin und wieder abgeſchrieben wird, oder daß ſich aus ſelbigen eine Kaufmanns Uſançe bildet. S. a. mein Programm von der Exiſtenz eines poſitiven europaͤiſchen Voͤl- kerrechts und dem Nutzen dieſer Wiſſenſchaft. Goͤttingen 1787. 4. §. 4. Begriff deſſelben. Aus dem Inbegriff dieſer am allgemeinſten unter den mehreſten, inſonderheit den groͤßeſten europaͤiſchen Staaten, es ſey durch viele unter einander uͤbereinſtim- mende beſondere, ausdruͤckliche, oder ſtillſchweigende Ver- traͤge, oder durch Herkommen eingefuͤhrten Puncte, laͤßt ſich ein allgemeines poſitives, oder practiſches europaͤi- ſche a) Voͤlkerrecht bilden. Es iſt leicht, dieſe Wiſſen- ſchaft von andern Theilen der Staatswiſſenſchaft uͤber- haupt, von dem Staatsrecht im engeren Sinne, von dem Privat Fuͤrſtenrechte, von dem particulaͤr Voͤlker- recht oder auswaͤrtigen Staatsrechte, von der Staats- klugheit, Statiſtik u. ſ. f. zu unterſcheiden. a⁾ Dieſe Benennung ſcheint immer noch die paſſendſte zu ſeyn, wenn ſchon in Europa ein Volk, die Tuͤrken nehmlich, in vielen Punc- ten daſſelbe nicht beobachtet, und außerhalb Europa die vereinig- ten Staaten von Ametika ſich ſelbſt zufolge ihrer ausdruͤcklichen Erklaͤrung demſelben gemaͤß betragen. Dieſe Benennung bleibt darum à potion immer richtig, und ſcheint zweckmaͤßiger, als die des Voͤlkerrechts civiliſirten Nationen, welche zu unbeſtimmt iſt, zumahl es außerhalb Europa Voͤlker giebt, denen man die Eigenſchaft civiliſirter Nationen nicht abſtreiten kann, ob ſie gleich unſer Voͤlkerrecht nicht angenommen haben. §. 5. Ob es ein allgemeines poſitives Voͤlkerrecht gebe Daß, ſo wie unter den Menſchen uͤberhaupt, ſo auch unter allen Voͤlkern eine natuͤrliche Geſellſchaft beſtehe, laͤßt ſich zwar behaupten; aber eben ſo gewiß iſt es, daß keine

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/34>, abgerufen am 23.11.2024.