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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Siebentes Buch. Sechstes Hauptstück.
§. 222.
Umfang dieses Rechts.

Dieser Hausgottesdienst der Gesandten enthält 1) das
Recht einen Geistlichen a (aumonier) und andere Kirchen-
diener zu halten, 2) in der Kapelle des Gesandten alle dieje-
nigen gottesdienstlichen Handlungen vornehmen zu lassen,
die ihre Wirkung nicht außerhalb des Hotels des Gesandten
erstrecken b). Da aber dieser Gottesdienst blos zum Besten
des Gesandten und seiner Familie eingeführet worden, so
darf nicht nur der Gesandschaftsprediger außerhalb dem Hotel
des Gesandten, keine Art der Amtsverrichtung sich erlauben c),
sondern es ist auch außerhalb der Verträge kein Staat
schuldig zu leiden, daß andere Unterthanen des Souverains
des Gesandten, oder andere Fremde, insonderheit aber eigene
Landes-Unterthanen den Gottesdienst in der Gesandschafts-
Kapelle besuchen, und zumahl sich hier die Sacramente
verwalten lassen. Doch ist man in neueren Zeiten vorzüg-
lich gegen fremde Unterthanen, es sey durch Connivenz, oder
selbst durch Verträge nachgiebiger geworden d), und so
giebt es selbst einige, obwohl seltenere Fälle, wo dem Ge-
sandschafts-Prediger einzelne Amtsverrichtungen außerhalb
dem Hotel des Gesandten vorzunehmen gestattet, oder er
wohl gar dazu aufgefordert worden e).

a) Aber die Zahl der Geistlichen kann beschränkt, auch verboten
werden daß kein Eingebohrner sich dazu soll brauchen lassen. S.
über die Kön. Großbritannische Proclamation vom Jahr 1746.
Moser Versuch Th. IV. S. 158 u. f.
b) Daher darf der Gesandte seiner Kapelle nicht die äußere Gestalt
einer Kirche geben, keine Glocke darauf anlegen, auch keine Or-
gel spielen lassen; noch weniger ist von Processionen außerhalb
der Gesandschaftskapelle die Rede. Und obwohl an sich betrach-
tet dem Staat gleichgültig seyn könnte, wie der Gottesdienst in
der Kapelle gefeyert wird, so ist doch eine sehr gewöhnliche Be-
dingung desselben, daß er in der Landessprache gehalten werde;
s. Memoires d'Avaux T. V. p. 201. von Dänemark Leg. Christ V.
L. VI. Cap. I. art.
5. zuweilen aber ist durch Verträge Abwechse-
Siebentes Buch. Sechstes Hauptſtuͤck.
§. 222.
Umfang dieſes Rechts.

Dieſer Hausgottesdienſt der Geſandten enthaͤlt 1) das
Recht einen Geiſtlichen a (aumonier) und andere Kirchen-
diener zu halten, 2) in der Kapelle des Geſandten alle dieje-
nigen gottesdienſtlichen Handlungen vornehmen zu laſſen,
die ihre Wirkung nicht außerhalb des Hotels des Geſandten
erſtrecken b). Da aber dieſer Gottesdienſt blos zum Beſten
des Geſandten und ſeiner Familie eingefuͤhret worden, ſo
darf nicht nur der Geſandſchaftsprediger außerhalb dem Hotel
des Geſandten, keine Art der Amtsverrichtung ſich erlauben c),
ſondern es iſt auch außerhalb der Vertraͤge kein Staat
ſchuldig zu leiden, daß andere Unterthanen des Souverains
des Geſandten, oder andere Fremde, inſonderheit aber eigene
Landes-Unterthanen den Gottesdienſt in der Geſandſchafts-
Kapelle beſuchen, und zumahl ſich hier die Sacramente
verwalten laſſen. Doch iſt man in neueren Zeiten vorzuͤg-
lich gegen fremde Unterthanen, es ſey durch Connivenz, oder
ſelbſt durch Vertraͤge nachgiebiger geworden d), und ſo
giebt es ſelbſt einige, obwohl ſeltenere Faͤlle, wo dem Ge-
ſandſchafts-Prediger einzelne Amtsverrichtungen außerhalb
dem Hotel des Geſandten vorzunehmen geſtattet, oder er
wohl gar dazu aufgefordert worden e).

a) Aber die Zahl der Geiſtlichen kann beſchraͤnkt, auch verboten
werden daß kein Eingebohrner ſich dazu ſoll brauchen laſſen. S.
uͤber die Koͤn. Großbritanniſche Proclamation vom Jahr 1746.
Moſer Verſuch Th. IV. S. 158 u. f.
b) Daher darf der Geſandte ſeiner Kapelle nicht die aͤußere Geſtalt
einer Kirche geben, keine Glocke darauf anlegen, auch keine Or-
gel ſpielen laſſen; noch weniger iſt von Proceſſionen außerhalb
der Geſandſchaftskapelle die Rede. Und obwohl an ſich betrach-
tet dem Staat gleichguͤltig ſeyn koͤnnte, wie der Gottesdienſt in
der Kapelle gefeyert wird, ſo iſt doch eine ſehr gewoͤhnliche Be-
dingung deſſelben, daß er in der Landesſprache gehalten werde;
ſ. Memoires d’Avaux T. V. p. 201. von Daͤnemark Leg. Chriſt V.
L. VI. Cap. I. art.
5. zuweilen aber iſt durch Vertraͤge Abwechſe-
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[264/0292] Siebentes Buch. Sechstes Hauptſtuͤck. §. 222. Umfang dieſes Rechts. Dieſer Hausgottesdienſt der Geſandten enthaͤlt 1) das Recht einen Geiſtlichen a (aumonier) und andere Kirchen- diener zu halten, 2) in der Kapelle des Geſandten alle dieje- nigen gottesdienſtlichen Handlungen vornehmen zu laſſen, die ihre Wirkung nicht außerhalb des Hotels des Geſandten erſtrecken b). Da aber dieſer Gottesdienſt blos zum Beſten des Geſandten und ſeiner Familie eingefuͤhret worden, ſo darf nicht nur der Geſandſchaftsprediger außerhalb dem Hotel des Geſandten, keine Art der Amtsverrichtung ſich erlauben c), ſondern es iſt auch außerhalb der Vertraͤge kein Staat ſchuldig zu leiden, daß andere Unterthanen des Souverains des Geſandten, oder andere Fremde, inſonderheit aber eigene Landes-Unterthanen den Gottesdienſt in der Geſandſchafts- Kapelle beſuchen, und zumahl ſich hier die Sacramente verwalten laſſen. Doch iſt man in neueren Zeiten vorzuͤg- lich gegen fremde Unterthanen, es ſey durch Connivenz, oder ſelbſt durch Vertraͤge nachgiebiger geworden d), und ſo giebt es ſelbſt einige, obwohl ſeltenere Faͤlle, wo dem Ge- ſandſchafts-Prediger einzelne Amtsverrichtungen außerhalb dem Hotel des Geſandten vorzunehmen geſtattet, oder er wohl gar dazu aufgefordert worden e). a⁾ Aber die Zahl der Geiſtlichen kann beſchraͤnkt, auch verboten werden daß kein Eingebohrner ſich dazu ſoll brauchen laſſen. S. uͤber die Koͤn. Großbritanniſche Proclamation vom Jahr 1746. Moſer Verſuch Th. IV. S. 158 u. f. b⁾ Daher darf der Geſandte ſeiner Kapelle nicht die aͤußere Geſtalt einer Kirche geben, keine Glocke darauf anlegen, auch keine Or- gel ſpielen laſſen; noch weniger iſt von Proceſſionen außerhalb der Geſandſchaftskapelle die Rede. Und obwohl an ſich betrach- tet dem Staat gleichguͤltig ſeyn koͤnnte, wie der Gottesdienſt in der Kapelle gefeyert wird, ſo iſt doch eine ſehr gewoͤhnliche Be- dingung deſſelben, daß er in der Landesſprache gehalten werde; ſ. Memoires d’Avaux T. V. p. 201. von Daͤnemark Leg. Chriſt V. L. VI. Cap. I. art. 5. zuweilen aber iſt durch Vertraͤge Abwechſe- lung

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/292>, abgerufen am 23.11.2024.