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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Siebentes Buch. Fünftes Hauptstück.
wohl gerechtfertiget werden könnte, so giebt es doch davon
wenig Beyspiele, und zum Theil ist selbst dieses durch Ge-
setze verboten c).

a) v. Steck von einem Gesandten der Handel treibt in dessen
Ausführungen 1776. S. 17. Bynkershoeck l. c. cap. 14.
b) Diesen Grundsatz stellte das französische Ministerium in einer
Streitsache über die Verlassenschaft eines in Frankreich naturali-
sirten modenesischen Gesandten Herrn de Forges 1778 auf.
c) Wie in den verein. Niederlanden durch die V. d. Gen. Staaten
vom 11 Aug. 1676. 9 Sept. 1679. der Staaten von Holland vom
8 Aug. 1659. 30 Jul. 14 Aug. 1681. In England durch die
Parlementsacte 10 Anna Cap. 7 in Portugal durch die V. v. 1748.
§. 215.
Befreyung der Gesandten von der Criminal-Gerichtbarkeit.

Weit dringender sind die Gründe die schon nach dem
allgemeinen Völkerrecht für die Befreyung des Gesandten
von der Criminalgerichtbarkeit des Staats bey welchem er
residirt, theils aus der Natur des davon unzertrennlichen
Verfahrens, theils aus den hier leichter zu besorgenden Miß-
bräuchen und den der nöthigen Freymüthigkeit des Gesand-
ten hinderlichen Beforgnissen streiten a). Daß der Gesandte
durch jedes Verbrechen seine Vorrechte verwürke, läßt sich
nicht behaupten, da ihm diese mehr um seines Hofes als um
seiner selbst willen eingeräumet werden b). Auf der andren
Seite ist kein Staat schuldig einen Verbrecher in seinem
Lande zu dulden; er kann ihn daher nicht nur ausschaffen,
sondern auch in Fällen solcher Verbrechen welche die Sicher-
heit des Staats und des Regenten unmittelbar in Gefahr
setzen, alle diejenigen Mittel wider ihn ergreifen, welche die
Sicherheit des Staats erheischen. Aber die Quelle dieser
Befugnisse wird richtiger in dem Vertheidigungsrecht wider
einen erklärten Feind des Staats, als in der nur auf Unter-
thanen sich erstreckenden Criminal-Gewalt des Regenten
gesetzt.


In

Siebentes Buch. Fuͤnftes Hauptſtuͤck.
wohl gerechtfertiget werden koͤnnte, ſo giebt es doch davon
wenig Beyſpiele, und zum Theil iſt ſelbſt dieſes durch Ge-
ſetze verboten c).

a) v. Steck von einem Geſandten der Handel treibt in deſſen
Ausfuͤhrungen 1776. S. 17. Bynkershoeck l. c. cap. 14.
b) Dieſen Grundſatz ſtellte das franzoͤſiſche Miniſterium in einer
Streitſache uͤber die Verlaſſenſchaft eines in Frankreich naturali-
ſirten modeneſiſchen Geſandten Herrn de Forges 1778 auf.
c) Wie in den verein. Niederlanden durch die V. d. Gen. Staaten
vom 11 Aug. 1676. 9 Sept. 1679. der Staaten von Holland vom
8 Aug. 1659. 30 Jul. 14 Aug. 1681. In England durch die
Parlementsacte 10 Anna Cap. 7 in Portugal durch die V. v. 1748.
§. 215.
Befreyung der Geſandten von der Criminal-Gerichtbarkeit.

Weit dringender ſind die Gruͤnde die ſchon nach dem
allgemeinen Voͤlkerrecht fuͤr die Befreyung des Geſandten
von der Criminalgerichtbarkeit des Staats bey welchem er
reſidirt, theils aus der Natur des davon unzertrennlichen
Verfahrens, theils aus den hier leichter zu beſorgenden Miß-
braͤuchen und den der noͤthigen Freymuͤthigkeit des Geſand-
ten hinderlichen Beforgniſſen ſtreiten a). Daß der Geſandte
durch jedes Verbrechen ſeine Vorrechte verwuͤrke, laͤßt ſich
nicht behaupten, da ihm dieſe mehr um ſeines Hofes als um
ſeiner ſelbſt willen eingeraͤumet werden b). Auf der andren
Seite iſt kein Staat ſchuldig einen Verbrecher in ſeinem
Lande zu dulden; er kann ihn daher nicht nur ausſchaffen,
ſondern auch in Faͤllen ſolcher Verbrechen welche die Sicher-
heit des Staats und des Regenten unmittelbar in Gefahr
ſetzen, alle diejenigen Mittel wider ihn ergreifen, welche die
Sicherheit des Staats erheiſchen. Aber die Quelle dieſer
Befugniſſe wird richtiger in dem Vertheidigungsrecht wider
einen erklaͤrten Feind des Staats, als in der nur auf Unter-
thanen ſich erſtreckenden Criminal-Gewalt des Regenten
geſetzt.


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[254/0282] Siebentes Buch. Fuͤnftes Hauptſtuͤck. wohl gerechtfertiget werden koͤnnte, ſo giebt es doch davon wenig Beyſpiele, und zum Theil iſt ſelbſt dieſes durch Ge- ſetze verboten c). a⁾ v. Steck von einem Geſandten der Handel treibt in deſſen Ausfuͤhrungen 1776. S. 17. Bynkershoeck l. c. cap. 14. b⁾ Dieſen Grundſatz ſtellte das franzoͤſiſche Miniſterium in einer Streitſache uͤber die Verlaſſenſchaft eines in Frankreich naturali- ſirten modeneſiſchen Geſandten Herrn de Forges 1778 auf. c⁾ Wie in den verein. Niederlanden durch die V. d. Gen. Staaten vom 11 Aug. 1676. 9 Sept. 1679. der Staaten von Holland vom 8 Aug. 1659. 30 Jul. 14 Aug. 1681. In England durch die Parlementsacte 10 Anna Cap. 7 in Portugal durch die V. v. 1748. §. 215. Befreyung der Geſandten von der Criminal-Gerichtbarkeit. Weit dringender ſind die Gruͤnde die ſchon nach dem allgemeinen Voͤlkerrecht fuͤr die Befreyung des Geſandten von der Criminalgerichtbarkeit des Staats bey welchem er reſidirt, theils aus der Natur des davon unzertrennlichen Verfahrens, theils aus den hier leichter zu beſorgenden Miß- braͤuchen und den der noͤthigen Freymuͤthigkeit des Geſand- ten hinderlichen Beforgniſſen ſtreiten a). Daß der Geſandte durch jedes Verbrechen ſeine Vorrechte verwuͤrke, laͤßt ſich nicht behaupten, da ihm dieſe mehr um ſeines Hofes als um ſeiner ſelbſt willen eingeraͤumet werden b). Auf der andren Seite iſt kein Staat ſchuldig einen Verbrecher in ſeinem Lande zu dulden; er kann ihn daher nicht nur ausſchaffen, ſondern auch in Faͤllen ſolcher Verbrechen welche die Sicher- heit des Staats und des Regenten unmittelbar in Gefahr ſetzen, alle diejenigen Mittel wider ihn ergreifen, welche die Sicherheit des Staats erheiſchen. Aber die Quelle dieſer Befugniſſe wird richtiger in dem Vertheidigungsrecht wider einen erklaͤrten Feind des Staats, als in der nur auf Unter- thanen ſich erſtreckenden Criminal-Gewalt des Regenten geſetzt. In

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/282>, abgerufen am 21.11.2024.