Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Von schriftlichen Verhandlungen der Völker.
§. 179.
Denkschreiben.

Sehr häufig ist im Völkerrecht der Gebrauch der
Denkschreiben, memoires, pro memoria denen die Förm-
lichkeiten der Briefe alle, oder größestentheils, insonderheit
die Besiegelung fehlen. Man unterscheidet eine dreyfache
Gattung derselben; 1) einige sind mit einer Anrede, Datum
und Unterschrift versehn, und der Verfasser redet von sich
in der ersten, von dem an den er sich wendet in der zweyten
Person; diese kommen den Briefen am nächsten, daher man
sie memoires en forme de lettre nennt; 2) andere enthal-
ten zwar eine Anrede, Datum und Unterschrift, aber der
Schreibende redet von sich in der dritten Person; diese nennt
man insbesondere memoires; 3) andere sind ohne Anrede,
zuweilen selbst ohne Unterschrift, und sowohl von dem Aus-
steller als dem für welchen die Schrift bestimmt ist wird in
dritter Person (unpersönlich) geredet. Diese werden ins-
besondere Noten genannt.

§. 180.
Gebrauch derselben.

Solche Denkschreiben werden theils von den Höfen,
theils von ihren Gesandten abgefaßt und übergeben. Zu
den Denkschriften der Höfe gehören: 1) die Circular-Noten
welche zuweilen ein Hof an alle bey ihm residirende fremde
Gesandte, oder das sogenannte corps diplomatique, ge-
meiniglich mit Unterschrift des Staatssecretairs ergehn läßt,
um sie von etwas zu benachrichtigen oder um etwas zu er-
suchen; imgleichen 2) die Antworten die er einem Gesandten
auf dessen Memorial ertheilet, die jedoch nach der Verschie-
denheit der Verfassung zuweilen in Form eines Decrets,
einer Signatur a), Resolution u. s. f. ertheilet werden. 3)
Die Noten welche der Hof entweder geradezu an ein aus-
wärtiges Staats-Ministerium einsendet, oder die er seinem
auswärtigen Gesandten überschickt, um solche nebst einem

von
O 4
Von ſchriftlichen Verhandlungen der Voͤlker.
§. 179.
Denkſchreiben.

Sehr haͤufig iſt im Voͤlkerrecht der Gebrauch der
Denkſchreiben, memoires, pro memoria denen die Foͤrm-
lichkeiten der Briefe alle, oder groͤßeſtentheils, inſonderheit
die Beſiegelung fehlen. Man unterſcheidet eine dreyfache
Gattung derſelben; 1) einige ſind mit einer Anrede, Datum
und Unterſchrift verſehn, und der Verfaſſer redet von ſich
in der erſten, von dem an den er ſich wendet in der zweyten
Perſon; dieſe kommen den Briefen am naͤchſten, daher man
ſie memoires en forme de lettre nennt; 2) andere enthal-
ten zwar eine Anrede, Datum und Unterſchrift, aber der
Schreibende redet von ſich in der dritten Perſon; dieſe nennt
man insbeſondere memoires; 3) andere ſind ohne Anrede,
zuweilen ſelbſt ohne Unterſchrift, und ſowohl von dem Aus-
ſteller als dem fuͤr welchen die Schrift beſtimmt iſt wird in
dritter Perſon (unperſoͤnlich) geredet. Dieſe werden ins-
beſondere Noten genannt.

§. 180.
Gebrauch derſelben.

Solche Denkſchreiben werden theils von den Hoͤfen,
theils von ihren Geſandten abgefaßt und uͤbergeben. Zu
den Denkſchriften der Hoͤfe gehoͤren: 1) die Circular-Noten
welche zuweilen ein Hof an alle bey ihm reſidirende fremde
Geſandte, oder das ſogenannte corps diplomatique, ge-
meiniglich mit Unterſchrift des Staatsſecretairs ergehn laͤßt,
um ſie von etwas zu benachrichtigen oder um etwas zu er-
ſuchen; imgleichen 2) die Antworten die er einem Geſandten
auf deſſen Memorial ertheilet, die jedoch nach der Verſchie-
denheit der Verfaſſung zuweilen in Form eines Decrets,
einer Signatur a), Reſolution u. ſ. f. ertheilet werden. 3)
Die Noten welche der Hof entweder geradezu an ein aus-
waͤrtiges Staats-Miniſterium einſendet, oder die er ſeinem
auswaͤrtigen Geſandten uͤberſchickt, um ſolche nebſt einem

von
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0243" n="215"/>
        <fw place="top" type="header">Von &#x017F;chriftlichen Verhandlungen der Vo&#x0364;lker.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 179.<lb/><hi rendition="#fr">Denk&#x017F;chreiben</hi>.</head><lb/>
          <p>Sehr ha&#x0364;ufig i&#x017F;t im Vo&#x0364;lkerrecht der Gebrauch der<lb/>
Denk&#x017F;chreiben, <hi rendition="#aq">memoires, pro memoria</hi> denen die Fo&#x0364;rm-<lb/>
lichkeiten der Briefe alle, oder gro&#x0364;ße&#x017F;tentheils, in&#x017F;onderheit<lb/>
die Be&#x017F;iegelung fehlen. Man unter&#x017F;cheidet eine dreyfache<lb/>
Gattung der&#x017F;elben; 1) einige &#x017F;ind mit einer Anrede, Datum<lb/>
und Unter&#x017F;chrift ver&#x017F;ehn, und der Verfa&#x017F;&#x017F;er redet von &#x017F;ich<lb/>
in der er&#x017F;ten, von dem an den er &#x017F;ich wendet in der zweyten<lb/>
Per&#x017F;on; die&#x017F;e kommen den Briefen am na&#x0364;ch&#x017F;ten, daher man<lb/>
&#x017F;ie <hi rendition="#aq">memoires en forme de lettre</hi> nennt; 2) andere enthal-<lb/>
ten zwar eine Anrede, Datum und Unter&#x017F;chrift, aber der<lb/>
Schreibende redet von &#x017F;ich in der dritten Per&#x017F;on; die&#x017F;e nennt<lb/>
man insbe&#x017F;ondere <hi rendition="#aq">memoires;</hi> 3) andere &#x017F;ind ohne Anrede,<lb/>
zuweilen &#x017F;elb&#x017F;t ohne Unter&#x017F;chrift, und &#x017F;owohl von dem Aus-<lb/>
&#x017F;teller als dem fu&#x0364;r welchen die Schrift be&#x017F;timmt i&#x017F;t wird in<lb/>
dritter Per&#x017F;on (unper&#x017F;o&#x0364;nlich) geredet. Die&#x017F;e werden ins-<lb/>
be&#x017F;ondere Noten genannt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 180.<lb/><hi rendition="#fr">Gebrauch der&#x017F;elben</hi>.</head><lb/>
          <p>Solche Denk&#x017F;chreiben werden theils von den Ho&#x0364;fen,<lb/>
theils von ihren Ge&#x017F;andten abgefaßt und u&#x0364;bergeben. Zu<lb/>
den Denk&#x017F;chriften der Ho&#x0364;fe geho&#x0364;ren: 1) die Circular-Noten<lb/>
welche zuweilen ein Hof an alle bey ihm re&#x017F;idirende fremde<lb/>
Ge&#x017F;andte, oder das &#x017F;ogenannte <hi rendition="#aq">corps diplomatique,</hi> ge-<lb/>
meiniglich mit Unter&#x017F;chrift des Staats&#x017F;ecretairs ergehn la&#x0364;ßt,<lb/>
um &#x017F;ie von etwas zu benachrichtigen oder um etwas zu er-<lb/>
&#x017F;uchen; imgleichen 2) die Antworten die er einem Ge&#x017F;andten<lb/>
auf de&#x017F;&#x017F;en Memorial ertheilet, die jedoch nach der Ver&#x017F;chie-<lb/>
denheit der Verfa&#x017F;&#x017F;ung zuweilen in Form eines Decrets,<lb/>
einer Signatur <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>), Re&#x017F;olution u. &#x017F;. f. ertheilet werden. 3)<lb/>
Die Noten welche der Hof entweder geradezu an ein aus-<lb/>
wa&#x0364;rtiges Staats-Mini&#x017F;terium ein&#x017F;endet, oder die er &#x017F;einem<lb/>
auswa&#x0364;rtigen Ge&#x017F;andten u&#x0364;ber&#x017F;chickt, um &#x017F;olche neb&#x017F;t einem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0243] Von ſchriftlichen Verhandlungen der Voͤlker. §. 179. Denkſchreiben. Sehr haͤufig iſt im Voͤlkerrecht der Gebrauch der Denkſchreiben, memoires, pro memoria denen die Foͤrm- lichkeiten der Briefe alle, oder groͤßeſtentheils, inſonderheit die Beſiegelung fehlen. Man unterſcheidet eine dreyfache Gattung derſelben; 1) einige ſind mit einer Anrede, Datum und Unterſchrift verſehn, und der Verfaſſer redet von ſich in der erſten, von dem an den er ſich wendet in der zweyten Perſon; dieſe kommen den Briefen am naͤchſten, daher man ſie memoires en forme de lettre nennt; 2) andere enthal- ten zwar eine Anrede, Datum und Unterſchrift, aber der Schreibende redet von ſich in der dritten Perſon; dieſe nennt man insbeſondere memoires; 3) andere ſind ohne Anrede, zuweilen ſelbſt ohne Unterſchrift, und ſowohl von dem Aus- ſteller als dem fuͤr welchen die Schrift beſtimmt iſt wird in dritter Perſon (unperſoͤnlich) geredet. Dieſe werden ins- beſondere Noten genannt. §. 180. Gebrauch derſelben. Solche Denkſchreiben werden theils von den Hoͤfen, theils von ihren Geſandten abgefaßt und uͤbergeben. Zu den Denkſchriften der Hoͤfe gehoͤren: 1) die Circular-Noten welche zuweilen ein Hof an alle bey ihm reſidirende fremde Geſandte, oder das ſogenannte corps diplomatique, ge- meiniglich mit Unterſchrift des Staatsſecretairs ergehn laͤßt, um ſie von etwas zu benachrichtigen oder um etwas zu er- ſuchen; imgleichen 2) die Antworten die er einem Geſandten auf deſſen Memorial ertheilet, die jedoch nach der Verſchie- denheit der Verfaſſung zuweilen in Form eines Decrets, einer Signatur a), Reſolution u. ſ. f. ertheilet werden. 3) Die Noten welche der Hof entweder geradezu an ein aus- waͤrtiges Staats-Miniſterium einſendet, oder die er ſeinem auswaͤrtigen Geſandten uͤberſchickt, um ſolche nebſt einem von O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/243
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/243>, abgerufen am 18.12.2024.