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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Viertes Buch. Zweytes Hauptstück.
der Churfürst dem Churfürsten und selbst den regierenden
altweltlichen Fürsten b), und letztere einer dem andren den
Rang einräumen; selbst Republiken betragen sich gegen ein-
ander nach diesem Grundsatze c). Nur der römische Kaiser
hat nie Königen bey sich den Rang eingeräumt d); 2) bey
Friedenscongressen wird dem Gesandten des Vermittlers
vor den übrigen der Rang allemahl eingeräumt.

a) Sobald Ludwig XIV. das Testament Carls II. anerkannt hatte
gab er seinem Enkel Philipp von Anjou an seinem Hofe die
rechte Hand. Memoires de la Torre T. II. p. 168.
b) Moser nachbarliches Staatsrecht S. 10. u. f.
c) Pestel commentarii de rep. Bat. §. 352. Vergl. §. 24.
d) Rousset sur le rang etc. p. 13. u. f. Moser auswärtiges
Staatsrecht
p. 17. Doch wollen die Könige dem Kaiser an
seinem Hofe den Rang nicht eingestehn; nur Frid. Wilhelm I.
von Preußem räumte ihn Carl VI. ein. F. C. Moser Hof-
recht
Th. I. S. 26.
§. 134.
Mittel den Rangstreitigkeiten auszuweichen.

Wenn ein Präcedenzstreit von keiner von beiden Sei-
ten für völlig entschieden anzusehn ist, so sucht man theils
durch Abwechselung, insonderheit in Schriften a) theils durch
Gleichförmigkeit der Ceremonien b), unbeschadet der gemach-
ten Ansprüche, die Gleichheit solange herzustellen, bis man
sich auf eine andere Weise vereinigen kann. Nur dann,
wenn ein Theil seine Präcedenz als völlig entschieden an-
sieht, räumt er auch diese Alternation nicht ein. Daher
alterniren zwar die mehresten Könige unter einander in
Schriften, zum Theil selbst kraft der Verträge c), aber eini-
gen wird auch dieses Vorrecht streitig gemacht d). Auch die
Churfürsten bedienen sich außerhalb der Reichsversammlungen
der Alternation e). Dritte Mächte f) können zwar bey
sich zu Hause die Präcedenz so wie sie es für gut finden
festsetzen, aber nicht andere Mächte nöthigen sich ihren Ver-

fügungen

Viertes Buch. Zweytes Hauptſtuͤck.
der Churfuͤrſt dem Churfuͤrſten und ſelbſt den regierenden
altweltlichen Fuͤrſten b), und letztere einer dem andren den
Rang einraͤumen; ſelbſt Republiken betragen ſich gegen ein-
ander nach dieſem Grundſatze c). Nur der roͤmiſche Kaiſer
hat nie Koͤnigen bey ſich den Rang eingeraͤumt d); 2) bey
Friedenscongreſſen wird dem Geſandten des Vermittlers
vor den uͤbrigen der Rang allemahl eingeraͤumt.

a) Sobald Ludwig XIV. das Teſtament Carls II. anerkannt hatte
gab er ſeinem Enkel Philipp von Anjou an ſeinem Hofe die
rechte Hand. Memoires de la Torre T. II. p. 168.
b) Moſer nachbarliches Staatsrecht S. 10. u. f.
c) Pestel commentarii de rep. Bat. §. 352. Vergl. §. 24.
d) Rousset ſur le rang etc. p. 13. u. f. Moſer auswaͤrtiges
Staatsrecht
p. 17. Doch wollen die Koͤnige dem Kaiſer an
ſeinem Hofe den Rang nicht eingeſtehn; nur Frid. Wilhelm I.
von Preußem raͤumte ihn Carl VI. ein. F. C. Moſer Hof-
recht
Th. I. S. 26.
§. 134.
Mittel den Rangſtreitigkeiten auszuweichen.

Wenn ein Praͤcedenzſtreit von keiner von beiden Sei-
ten fuͤr voͤllig entſchieden anzuſehn iſt, ſo ſucht man theils
durch Abwechſelung, inſonderheit in Schriften a) theils durch
Gleichfoͤrmigkeit der Ceremonien b), unbeſchadet der gemach-
ten Anſpruͤche, die Gleichheit ſolange herzuſtellen, bis man
ſich auf eine andere Weiſe vereinigen kann. Nur dann,
wenn ein Theil ſeine Praͤcedenz als voͤllig entſchieden an-
ſieht, raͤumt er auch dieſe Alternation nicht ein. Daher
alterniren zwar die mehreſten Koͤnige unter einander in
Schriften, zum Theil ſelbſt kraft der Vertraͤge c), aber eini-
gen wird auch dieſes Vorrecht ſtreitig gemacht d). Auch die
Churfuͤrſten bedienen ſich außerhalb der Reichsverſammlungen
der Alternation e). Dritte Maͤchte f) koͤnnen zwar bey
ſich zu Hauſe die Praͤcedenz ſo wie ſie es fuͤr gut finden
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[162/0190] Viertes Buch. Zweytes Hauptſtuͤck. der Churfuͤrſt dem Churfuͤrſten und ſelbſt den regierenden altweltlichen Fuͤrſten b), und letztere einer dem andren den Rang einraͤumen; ſelbſt Republiken betragen ſich gegen ein- ander nach dieſem Grundſatze c). Nur der roͤmiſche Kaiſer hat nie Koͤnigen bey ſich den Rang eingeraͤumt d); 2) bey Friedenscongreſſen wird dem Geſandten des Vermittlers vor den uͤbrigen der Rang allemahl eingeraͤumt. a⁾ Sobald Ludwig XIV. das Teſtament Carls II. anerkannt hatte gab er ſeinem Enkel Philipp von Anjou an ſeinem Hofe die rechte Hand. Memoires de la Torre T. II. p. 168. b⁾ Moſer nachbarliches Staatsrecht S. 10. u. f. c⁾ Pestel commentarii de rep. Bat. §. 352. Vergl. §. 24. d⁾ Rousset ſur le rang etc. p. 13. u. f. Moſer auswaͤrtiges Staatsrecht p. 17. Doch wollen die Koͤnige dem Kaiſer an ſeinem Hofe den Rang nicht eingeſtehn; nur Frid. Wilhelm I. von Preußem raͤumte ihn Carl VI. ein. F. C. Moſer Hof- recht Th. I. S. 26. §. 134. Mittel den Rangſtreitigkeiten auszuweichen. Wenn ein Praͤcedenzſtreit von keiner von beiden Sei- ten fuͤr voͤllig entſchieden anzuſehn iſt, ſo ſucht man theils durch Abwechſelung, inſonderheit in Schriften a) theils durch Gleichfoͤrmigkeit der Ceremonien b), unbeſchadet der gemach- ten Anſpruͤche, die Gleichheit ſolange herzuſtellen, bis man ſich auf eine andere Weiſe vereinigen kann. Nur dann, wenn ein Theil ſeine Praͤcedenz als voͤllig entſchieden an- ſieht, raͤumt er auch dieſe Alternation nicht ein. Daher alterniren zwar die mehreſten Koͤnige unter einander in Schriften, zum Theil ſelbſt kraft der Vertraͤge c), aber eini- gen wird auch dieſes Vorrecht ſtreitig gemacht d). Auch die Churfuͤrſten bedienen ſich außerhalb der Reichsverſammlungen der Alternation e). Dritte Maͤchte f) koͤnnen zwar bey ſich zu Hauſe die Praͤcedenz ſo wie ſie es fuͤr gut finden feſtſetzen, aber nicht andere Maͤchte noͤthigen ſich ihren Ver- fuͤgungen

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/190>, abgerufen am 21.11.2024.