Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Rechte d. Völker in Ansehung d. Staatsverf. überh.
d) Seit die Wahl der Päbste unter Alexander III. aus den Händen
des Volks und der Geistlichkeit in die der Cardinäle übergegan-
gen ist, cap. 6. X. de electione cap. 3. de elect. in 6to haben zwar
die römischen Kaiser nachdem sie 1122 auf die Investitur Ver-
zicht geleistet und der Bestädtigung der Wahl sich enthalten,
außer dem Schutz den sie dem Cardinalscollegium bey erledig-
tem Stuhl, aus einem Ueberrest ihrer kirchlichen Vogtey, ange-
deihen lassen, fast kein vorzügliches Recht vor andern Mächten
bey dieser Wahl behalten s. W. Otto de iure Imperatoris circa
Electionem pontisicis Romani
cap. 1.
Doch sind sie wie andre
große catholische Fürsten, als Spanien, und bisher Frankreich, in
den Besitz des Rechts einem auf die Wahl gebrachten Candida-
ten einmal die exclusiuam zu geben s. Moser Staatsrecht
Th. III. S. 559 u. f. und der Streit ob diese vollkommen ver-
bindlich sey ist jetzt unerheblich; s. Häberlin römisches
Conclave
S. 153; G. L. Böhmer princ. iur. Canon. § 496. auch
gewähret einigen Mächten das einen mittelbaren Einfluß auf die
Wahl, daß der Kaiser, Spanien, (bisher Frankreich) Ungarn,
Polen, Sardinien, Portugal das Ernennungsrecht und Vene-
dig das Vorschlagsrecht eines Candidaten zum Cardinalshut ha-
ben s. Häberlin römisches Conclave S. 125, wenn schon
auch über die Ausdehnung dieses Rechts gestritten wird s. Mo-
ser
Staatsrecht
Th. IV. S. 7. Böhmer pr. iur. Can. §. 128.
und der auf die Weise vom Pabst ernannte Cardinal nach der
bisherigen Praxis nicht Hoffnung hat Pabst zu werden, oder,
wie einige behaupten, gar nicht wählbar ist; s. Rousset supple-
ment
T. V. (cerem. dipl. T. II.) p.
4. Häberlin a. a. O.
S. 151.
e) Wider den päbstlichen Einfluß haben zwar die Churfürsten durch
ihre Vereine diese Wahl so nachdrücklich geschützt, daß das an-
maßliche päbstliche Untersuchungs-Bestädtigungs- und Entschei-
dungsrecht jetzt nicht mehr wirksam ist, auch kann Ungarn,
Preußen, Großbritannien darum kein besonderes Recht der Theil-
nahme an diese Wahl beygelegt werden, daß die Beherrscher
dieser Reiche in ganz anderer Eigenschaft Churfürsien des Reichs
sind. Auch Frankreich und Schweden haben als Garants des
westphälischen Friedens nicht eher, als bis sie rechtmäßig zu
Hülfe gerufen worden, ein Recht in das Wahlgeschäft sich einzu-
mischen. Und wenn schon die strenge Verordnung der goldenen
Bulle, nach welcher alle Fremde während der ganzen Zeit der
Wahlversammlung die Wahl-Stadt meiden sollen, seit Maxi-
F 3
Rechte d. Voͤlker in Anſehung d. Staatsverf. uͤberh.
d) Seit die Wahl der Paͤbſte unter Alexander III. aus den Haͤnden
des Volks und der Geiſtlichkeit in die der Cardinaͤle uͤbergegan-
gen iſt, cap. 6. X. de electione cap. 3. de elect. in 6to haben zwar
die roͤmiſchen Kaiſer nachdem ſie 1122 auf die Inveſtitur Ver-
zicht geleiſtet und der Beſtaͤdtigung der Wahl ſich enthalten,
außer dem Schutz den ſie dem Cardinalscollegium bey erledig-
tem Stuhl, aus einem Ueberreſt ihrer kirchlichen Vogtey, ange-
deihen laſſen, faſt kein vorzuͤgliches Recht vor andern Maͤchten
bey dieſer Wahl behalten ſ. W. Otto de iure Imperatoris circa
Electionem pontiſicis Romani
cap. 1.
Doch ſind ſie wie andre
große catholiſche Fuͤrſten, als Spanien, und bisher Frankreich, in
den Beſitz des Rechts einem auf die Wahl gebrachten Candida-
ten einmal die excluſiuam zu geben ſ. Moſer Staatsrecht
Th. III. S. 559 u. f. und der Streit ob dieſe vollkommen ver-
bindlich ſey iſt jetzt unerheblich; ſ. Haͤberlin roͤmiſches
Conclave
S. 153; G. L. Boͤhmer princ. iur. Canon. § 496. auch
gewaͤhret einigen Maͤchten das einen mittelbaren Einfluß auf die
Wahl, daß der Kaiſer, Spanien, (bisher Frankreich) Ungarn,
Polen, Sardinien, Portugal das Ernennungsrecht und Vene-
dig das Vorſchlagsrecht eines Candidaten zum Cardinalshut ha-
ben ſ. Haͤberlin roͤmiſches Conclave S. 125, wenn ſchon
auch uͤber die Ausdehnung dieſes Rechts geſtritten wird ſ. Mo-
ſer
Staatsrecht
Th. IV. S. 7. Boͤhmer pr. iur. Can. §. 128.
und der auf die Weiſe vom Pabſt ernannte Cardinal nach der
bisherigen Praxis nicht Hoffnung hat Pabſt zu werden, oder,
wie einige behaupten, gar nicht waͤhlbar iſt; ſ. Rousset ſupple-
ment
T. V. (cerem. dipl. T. II.) p.
4. Haͤberlin a. a. O.
S. 151.
e) Wider den paͤbſtlichen Einfluß haben zwar die Churfuͤrſten durch
ihre Vereine dieſe Wahl ſo nachdruͤcklich geſchuͤtzt, daß das an-
maßliche paͤbſtliche Unterſuchungs-Beſtaͤdtigungs- und Entſchei-
dungsrecht jetzt nicht mehr wirkſam iſt, auch kann Ungarn,
Preußen, Großbritannien darum kein beſonderes Recht der Theil-
nahme an dieſe Wahl beygelegt werden, daß die Beherrſcher
dieſer Reiche in ganz anderer Eigenſchaft Churfuͤrſien des Reichs
ſind. Auch Frankreich und Schweden haben als Garants des
weſtphaͤliſchen Friedens nicht eher, als bis ſie rechtmaͤßig zu
Huͤlfe gerufen worden, ein Recht in das Wahlgeſchaͤft ſich einzu-
miſchen. Und wenn ſchon die ſtrenge Verordnung der goldenen
Bulle, nach welcher alle Fremde waͤhrend der ganzen Zeit der
Wahlverſammlung die Wahl-Stadt meiden ſollen, ſeit Maxi-
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0113" n="85"/>
            <fw place="top" type="header">Rechte d. Vo&#x0364;lker in An&#x017F;ehung d. Staatsverf. u&#x0364;berh.</fw><lb/>
            <note place="end" n="d)">Seit die Wahl der Pa&#x0364;b&#x017F;te unter Alexander <hi rendition="#aq">III.</hi> aus den Ha&#x0364;nden<lb/>
des Volks und der Gei&#x017F;tlichkeit in die der Cardina&#x0364;le u&#x0364;bergegan-<lb/>
gen i&#x017F;t, <hi rendition="#aq">cap. 6. X. de electione cap. 3. de elect. in 6to</hi> haben zwar<lb/>
die ro&#x0364;mi&#x017F;chen Kai&#x017F;er nachdem &#x017F;ie 1122 auf die Inve&#x017F;titur Ver-<lb/>
zicht gelei&#x017F;tet und der Be&#x017F;ta&#x0364;dtigung der Wahl &#x017F;ich enthalten,<lb/>
außer dem Schutz den &#x017F;ie dem Cardinalscollegium bey erledig-<lb/>
tem Stuhl, aus einem Ueberre&#x017F;t ihrer kirchlichen Vogtey, ange-<lb/>
deihen la&#x017F;&#x017F;en, fa&#x017F;t kein vorzu&#x0364;gliches Recht vor andern Ma&#x0364;chten<lb/>
bey die&#x017F;er Wahl behalten &#x017F;. <hi rendition="#aq">W. <hi rendition="#k">Otto</hi> <hi rendition="#i">de iure Imperatoris circa<lb/>
Electionem ponti&#x017F;icis Romani</hi> cap. 1.</hi> Doch &#x017F;ind &#x017F;ie wie andre<lb/>
große catholi&#x017F;che Fu&#x0364;r&#x017F;ten, als Spanien, und bisher Frankreich, in<lb/>
den Be&#x017F;itz des Rechts einem auf die Wahl gebrachten Candida-<lb/>
ten einmal die <hi rendition="#aq">exclu&#x017F;iuam</hi> zu geben &#x017F;. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Staatsrecht</hi><lb/>
Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 559 u. f. und der Streit ob die&#x017F;e vollkommen ver-<lb/>
bindlich &#x017F;ey i&#x017F;t jetzt unerheblich; &#x017F;. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ha&#x0364;berlin</hi> ro&#x0364;mi&#x017F;ches<lb/>
Conclave</hi> S. 153; <hi rendition="#aq">G. L. <hi rendition="#k">Bo&#x0364;hmer</hi> <hi rendition="#i">princ. iur. Canon</hi></hi>. § 496. auch<lb/>
gewa&#x0364;hret einigen Ma&#x0364;chten das einen mittelbaren Einfluß auf die<lb/>
Wahl, daß der Kai&#x017F;er, Spanien, (bisher Frankreich) Ungarn,<lb/>
Polen, Sardinien, Portugal das Ernennungsrecht und Vene-<lb/>
dig das Vor&#x017F;chlagsrecht eines Candidaten zum Cardinalshut ha-<lb/>
ben &#x017F;. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ha&#x0364;berlin</hi> ro&#x0364;mi&#x017F;ches Conclave</hi> S. 125, wenn &#x017F;chon<lb/>
auch u&#x0364;ber die Ausdehnung die&#x017F;es Rechts ge&#x017F;tritten wird &#x017F;. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo-<lb/>
&#x017F;er</hi> Staatsrecht</hi> Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 7. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Bo&#x0364;hmer</hi><hi rendition="#i">pr. iur. Can</hi></hi>. §. 128.<lb/>
und der auf die Wei&#x017F;e vom Pab&#x017F;t ernannte Cardinal nach der<lb/>
bisherigen Praxis nicht Hoffnung hat Pab&#x017F;t zu werden, oder,<lb/>
wie einige behaupten, gar nicht wa&#x0364;hlbar i&#x017F;t; &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Rousset</hi><hi rendition="#i">&#x017F;upple-<lb/>
ment</hi> T. V. (cerem. dipl. T. II.) p.</hi> 4. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ha&#x0364;berlin</hi></hi> a. a. O.<lb/>
S. 151.</note><lb/>
            <note place="end" n="e)">Wider den pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Einfluß haben zwar die Churfu&#x0364;r&#x017F;ten durch<lb/>
ihre Vereine die&#x017F;e Wahl &#x017F;o nachdru&#x0364;cklich ge&#x017F;chu&#x0364;tzt, daß das an-<lb/>
maßliche pa&#x0364;b&#x017F;tliche Unter&#x017F;uchungs-Be&#x017F;ta&#x0364;dtigungs- und Ent&#x017F;chei-<lb/>
dungsrecht jetzt nicht mehr wirk&#x017F;am i&#x017F;t, auch kann Ungarn,<lb/>
Preußen, Großbritannien darum kein be&#x017F;onderes Recht der Theil-<lb/>
nahme an die&#x017F;e Wahl beygelegt werden, daß die Beherr&#x017F;cher<lb/>
die&#x017F;er Reiche in ganz anderer Eigen&#x017F;chaft Churfu&#x0364;r&#x017F;ien des Reichs<lb/>
&#x017F;ind. Auch Frankreich und Schweden haben als Garants des<lb/>
we&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Friedens nicht eher, als bis &#x017F;ie rechtma&#x0364;ßig zu<lb/>
Hu&#x0364;lfe gerufen worden, ein Recht in das Wahlge&#x017F;cha&#x0364;ft &#x017F;ich einzu-<lb/>
mi&#x017F;chen. Und wenn &#x017F;chon die &#x017F;trenge Verordnung der goldenen<lb/>
Bulle, nach welcher alle Fremde wa&#x0364;hrend der ganzen Zeit der<lb/>
Wahlver&#x017F;ammlung die Wahl-Stadt meiden &#x017F;ollen, &#x017F;eit Maxi-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">milian</fw><lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0113] Rechte d. Voͤlker in Anſehung d. Staatsverf. uͤberh. d⁾ Seit die Wahl der Paͤbſte unter Alexander III. aus den Haͤnden des Volks und der Geiſtlichkeit in die der Cardinaͤle uͤbergegan- gen iſt, cap. 6. X. de electione cap. 3. de elect. in 6to haben zwar die roͤmiſchen Kaiſer nachdem ſie 1122 auf die Inveſtitur Ver- zicht geleiſtet und der Beſtaͤdtigung der Wahl ſich enthalten, außer dem Schutz den ſie dem Cardinalscollegium bey erledig- tem Stuhl, aus einem Ueberreſt ihrer kirchlichen Vogtey, ange- deihen laſſen, faſt kein vorzuͤgliches Recht vor andern Maͤchten bey dieſer Wahl behalten ſ. W. Otto de iure Imperatoris circa Electionem pontiſicis Romani cap. 1. Doch ſind ſie wie andre große catholiſche Fuͤrſten, als Spanien, und bisher Frankreich, in den Beſitz des Rechts einem auf die Wahl gebrachten Candida- ten einmal die excluſiuam zu geben ſ. Moſer Staatsrecht Th. III. S. 559 u. f. und der Streit ob dieſe vollkommen ver- bindlich ſey iſt jetzt unerheblich; ſ. Haͤberlin roͤmiſches Conclave S. 153; G. L. Boͤhmer princ. iur. Canon. § 496. auch gewaͤhret einigen Maͤchten das einen mittelbaren Einfluß auf die Wahl, daß der Kaiſer, Spanien, (bisher Frankreich) Ungarn, Polen, Sardinien, Portugal das Ernennungsrecht und Vene- dig das Vorſchlagsrecht eines Candidaten zum Cardinalshut ha- ben ſ. Haͤberlin roͤmiſches Conclave S. 125, wenn ſchon auch uͤber die Ausdehnung dieſes Rechts geſtritten wird ſ. Mo- ſer Staatsrecht Th. IV. S. 7. Boͤhmer pr. iur. Can. §. 128. und der auf die Weiſe vom Pabſt ernannte Cardinal nach der bisherigen Praxis nicht Hoffnung hat Pabſt zu werden, oder, wie einige behaupten, gar nicht waͤhlbar iſt; ſ. Rousset ſupple- ment T. V. (cerem. dipl. T. II.) p. 4. Haͤberlin a. a. O. S. 151. e⁾ Wider den paͤbſtlichen Einfluß haben zwar die Churfuͤrſten durch ihre Vereine dieſe Wahl ſo nachdruͤcklich geſchuͤtzt, daß das an- maßliche paͤbſtliche Unterſuchungs-Beſtaͤdtigungs- und Entſchei- dungsrecht jetzt nicht mehr wirkſam iſt, auch kann Ungarn, Preußen, Großbritannien darum kein beſonderes Recht der Theil- nahme an dieſe Wahl beygelegt werden, daß die Beherrſcher dieſer Reiche in ganz anderer Eigenſchaft Churfuͤrſien des Reichs ſind. Auch Frankreich und Schweden haben als Garants des weſtphaͤliſchen Friedens nicht eher, als bis ſie rechtmaͤßig zu Huͤlfe gerufen worden, ein Recht in das Wahlgeſchaͤft ſich einzu- miſchen. Und wenn ſchon die ſtrenge Verordnung der goldenen Bulle, nach welcher alle Fremde waͤhrend der ganzen Zeit der Wahlverſammlung die Wahl-Stadt meiden ſollen, ſeit Maxi- milian F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/113
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/113>, abgerufen am 19.05.2024.