Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

der auf den Grundbaß erbaueten Methode etc.
funden worden ist. Die Sache betrift nicht die Wissenschaft
der Harmonie an sich, sondern die Art, diese Wissenschaft den
sie studirenden auf eine bequeme Art mitzutheilen. Wird man
sie nun endlich aus dem rechten Gesichtspunct betrachten?

Vierter Abschnitt.
Zur Verichtigung des Artikels vom Fun-
damentalbaß in der Sulzerschen Theorie
der Künste.
Suum cuique!


§. 287.

Jn der Sulzerschen Theorie der Künste, Seite 410, findet
man folgenden den vom Hrn. Rameau erfundnen Grund-
baß
betreffenden Artikel:

"Der Fundamentalbaß ist in einem geschriebnen
"Tonstück eine Reihe tiefer Noten, die die wahren Grund-
"töne dex Harmonie anzeigen. Nemlich der Baß, wel-
"cher gesungen oder gespielt wird, enthält nur die tief-
"sten Töne, aber nicht allemal die Grundtöne der Ae-
"corde, weil verschiedne Accorde in ihren Verwechselun-
"gen genommen werden. Folgendes Beyspiel (bey Fig.
"58. (a)) wird dieses erläutern. Hier enthält das obere Li-
"niensystem die Noten des Basses, so wie sie gespielet
"werden, das untere aber die Noten, welche die eigent-
"lichen Grundtöne jedes Accords anzeigen, und ist also
"der Fundamentalbaß, der auch Grundbaß genen-
"net wird."

Anmerkung. Der Quartsextenaccord d g h auf der
zweyten Note d in dem den Generalbaß enthaltenden obersten
System stehet wohl hier nicht an seinem Ort. Die Deut-
schen pflegen von dergleichen Conse utionen zu sagen, daß sie
jung klingen,
und die Franzosen, que c'est une harmonie fade
& insipide.
Sowohl der Auctor (David Kellner) des treu-

lichen
R 5

der auf den Grundbaß erbaueten Methode ꝛc.
funden worden iſt. Die Sache betrift nicht die Wiſſenſchaft
der Harmonie an ſich, ſondern die Art, dieſe Wiſſenſchaft den
ſie ſtudirenden auf eine bequeme Art mitzutheilen. Wird man
ſie nun endlich aus dem rechten Geſichtspunct betrachten?

Vierter Abſchnitt.
Zur Verichtigung des Artikels vom Fun-
damentalbaß in der Sulzerſchen Theorie
der Kuͤnſte.
Suum cuique!


§. 287.

Jn der Sulzerſchen Theorie der Kuͤnſte, Seite 410, findet
man folgenden den vom Hrn. Rameau erfundnen Grund-
baß
betreffenden Artikel:

„Der Fundamentalbaß iſt in einem geſchriebnen
„Tonſtuͤck eine Reihe tiefer Noten, die die wahren Grund-
„toͤne dex Harmonie anzeigen. Nemlich der Baß, wel-
„cher geſungen oder geſpielt wird, enthaͤlt nur die tief-
„ſten Toͤne, aber nicht allemal die Grundtoͤne der Ae-
„corde, weil verſchiedne Accorde in ihren Verwechſelun-
„gen genommen werden. Folgendes Beyſpiel (bey Fig.
„58. (a)) wird dieſes erlaͤutern. Hier enthaͤlt das obere Li-
„nienſyſtem die Noten des Baſſes, ſo wie ſie geſpielet
„werden, das untere aber die Noten, welche die eigent-
„lichen Grundtoͤne jedes Accords anzeigen, und iſt alſo
„der Fundamentalbaß, der auch Grundbaß genen-
„net wird.‟

Anmerkung. Der Quartſextenaccord d g h auf der
zweyten Note d in dem den Generalbaß enthaltenden oberſten
Syſtem ſtehet wohl hier nicht an ſeinem Ort. Die Deut-
ſchen pflegen von dergleichen Conſe utionen zu ſagen, daß ſie
jung klingen,
und die Franzoſen, que c’eſt une harmonie fade
& inſipide.
Sowohl der Auctor (David Kellner) des treu-

lichen
R 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0285" n="265"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der auf den Grundbaß erbaueten Methode &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
funden worden i&#x017F;t. Die Sache betrift nicht die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/>
der Harmonie an &#x017F;ich, &#x017F;ondern die Art, die&#x017F;e Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft den<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;tudirenden auf eine bequeme Art mitzutheilen. Wird man<lb/>
&#x017F;ie nun endlich aus dem rechten Ge&#x017F;ichtspunct betrachten?</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b">Vierter Ab&#x017F;chnitt.</hi><lb/>
Zur Verichtigung des Artikels vom Fun-<lb/>
damentalbaß in der Sulzer&#x017F;chen Theorie<lb/>
der Ku&#x0364;n&#x017F;te.<lb/><hi rendition="#aq">Suum cuique!</hi></head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 287.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">J</hi>n der Sulzer&#x017F;chen Theorie der Ku&#x0364;n&#x017F;te, Seite 410, findet<lb/>
man folgenden den vom Hrn. Rameau erfundnen <hi rendition="#fr">Grund-<lb/>
baß</hi> betreffenden Artikel:</p><lb/>
              <cit>
                <quote>&#x201E;Der <hi rendition="#fr">Fundamentalbaß</hi> i&#x017F;t in einem ge&#x017F;chriebnen<lb/>
&#x201E;Ton&#x017F;tu&#x0364;ck eine Reihe tiefer Noten, die die wahren Grund-<lb/>
&#x201E;to&#x0364;ne dex Harmonie anzeigen. Nemlich der Baß, wel-<lb/>
&#x201E;cher ge&#x017F;ungen oder ge&#x017F;pielt wird, entha&#x0364;lt nur die tief-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ten To&#x0364;ne, aber nicht allemal die Grundto&#x0364;ne der Ae-<lb/>
&#x201E;corde, weil ver&#x017F;chiedne Accorde in ihren Verwech&#x017F;elun-<lb/>
&#x201E;gen genommen werden. Folgendes Bey&#x017F;piel (bey Fig.<lb/>
&#x201E;58. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">a</hi></hi>)) wird die&#x017F;es erla&#x0364;utern. Hier entha&#x0364;lt das obere Li-<lb/>
&#x201E;nien&#x017F;y&#x017F;tem die Noten des Ba&#x017F;&#x017F;es, &#x017F;o wie &#x017F;ie ge&#x017F;pielet<lb/>
&#x201E;werden, das untere aber die Noten, welche die eigent-<lb/>
&#x201E;lichen Grundto&#x0364;ne jedes Accords anzeigen, und i&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
&#x201E;der <hi rendition="#fr">Fundamentalbaß,</hi> der auch <hi rendition="#fr">Grundbaß</hi> genen-<lb/>
&#x201E;net wird.&#x201F;</quote>
              </cit><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Anmerkung.</hi> Der <hi rendition="#fr">Quart&#x017F;extenaccord</hi> <hi rendition="#aq">d g h</hi> auf der<lb/>
zweyten Note <hi rendition="#aq">d</hi> in dem den Generalbaß enthaltenden ober&#x017F;ten<lb/>
Sy&#x017F;tem &#x017F;tehet wohl hier nicht an &#x017F;einem Ort. Die Deut-<lb/>
&#x017F;chen pflegen von dergleichen Con&#x017F;e utionen zu &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">daß &#x017F;ie<lb/>
jung klingen,</hi> und die Franzo&#x017F;en, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">que c&#x2019;e&#x017F;t une harmonie fade<lb/>
&amp; in&#x017F;ipide.</hi></hi> Sowohl der Auctor (David Kellner) des treu-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 5</fw><fw place="bottom" type="catch">lichen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0285] der auf den Grundbaß erbaueten Methode ꝛc. funden worden iſt. Die Sache betrift nicht die Wiſſenſchaft der Harmonie an ſich, ſondern die Art, dieſe Wiſſenſchaft den ſie ſtudirenden auf eine bequeme Art mitzutheilen. Wird man ſie nun endlich aus dem rechten Geſichtspunct betrachten? Vierter Abſchnitt. Zur Verichtigung des Artikels vom Fun- damentalbaß in der Sulzerſchen Theorie der Kuͤnſte. Suum cuique! §. 287. Jn der Sulzerſchen Theorie der Kuͤnſte, Seite 410, findet man folgenden den vom Hrn. Rameau erfundnen Grund- baß betreffenden Artikel: „Der Fundamentalbaß iſt in einem geſchriebnen „Tonſtuͤck eine Reihe tiefer Noten, die die wahren Grund- „toͤne dex Harmonie anzeigen. Nemlich der Baß, wel- „cher geſungen oder geſpielt wird, enthaͤlt nur die tief- „ſten Toͤne, aber nicht allemal die Grundtoͤne der Ae- „corde, weil verſchiedne Accorde in ihren Verwechſelun- „gen genommen werden. Folgendes Beyſpiel (bey Fig. „58. (a)) wird dieſes erlaͤutern. Hier enthaͤlt das obere Li- „nienſyſtem die Noten des Baſſes, ſo wie ſie geſpielet „werden, das untere aber die Noten, welche die eigent- „lichen Grundtoͤne jedes Accords anzeigen, und iſt alſo „der Fundamentalbaß, der auch Grundbaß genen- „net wird.‟ Anmerkung. Der Quartſextenaccord d g h auf der zweyten Note d in dem den Generalbaß enthaltenden oberſten Syſtem ſtehet wohl hier nicht an ſeinem Ort. Die Deut- ſchen pflegen von dergleichen Conſe utionen zu ſagen, daß ſie jung klingen, und die Franzoſen, que c’eſt une harmonie fade & inſipide. Sowohl der Auctor (David Kellner) des treu- lichen R 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/285
Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/285>, abgerufen am 25.11.2024.