Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang etc. Zweyter Abschnitt.
tervall der Terzdecime, und der vierte nach dem Jntervall
der Quintdecime characterisiret werden. Allein einige Pra-
ctiker, welche zwar die Ursache völlig empfinden, warum man
die Secunde oder None von einander unterscheidet, können
nicht begreiffen, warum man eine Quarte und Undecime u. s. w.
von einander unterscheiden will, und wollen also die drey lez-
tern zusammengesetzten Accorde lieber nach den Jntervallen der
Quarte, Sexte und Octave, als nach der Undecime, Terz-
decime und Quintdecime benennet wissen. So viel ist gewiß,
daß, wenn sie auch nach der leztern Art benennet würden, sie
doch im Generalbaß bequemer durch simple, als zusammenge-
setzte Zahlen angedeutet werden können.

§. 270.

Substitution der Accorde. 1) Man nehme den Baß-
ton von einem zusammengesetzten Accorde weg, und vergleiche
den ganzen zusammengesetzten Accord mit dem zurückbleiben-
den Septimenaccord. Man wird finden, daß die beyden Ac-
corde nach ihrer Art einander substituiret werden können, so
wie man einen dissonirenden Grundaccord ersten Rangs und
einen umgekehrten Accord nach ihrer Art einander substituiren
kann. Der Grund der Substitution liegt in der Behandlung
der Hauptdissonanz der Accorde. 2) Wenn zwey Accorde
einem dritten substituiret werden können, so müssen sich solche
auch untereinander substituiren lassen. Die Beweise von allem
diesen in folgenden Exempeln.

Exempel von dem ersten zusammengesetzten Accord.

Es sey bey (a) Fig. 32. der Quintnonenaccord e, g h f,
und bey (b) der Septnonenaccord e, g d f. Wenn der Baß-
ton e weggenommen wird, so bleibet der Septimenaccord g h
d f
bey (c) zurück, dessen umgekehrte Accorde bey (d), (e)
und (f) zu sehen sind. Es kann aber die Harmonie bey (a)
der bey (b), (c), (d), (e) und (f), jede derselben wiederum
der bey (a), und alle können einander substituiret werden; und
so ist es mit allen folgenden Accorden in ihrer Art bewandt.

Exempel von dem zweyten zusammengesetzten Accorde.

Es sey bey Fig. 33. (a) der Quartquintseptnonenaccord c,
g h d f;
bey (b) der Quartquintnonenaccord c, g d f, und bey

(c)

Anhang ꝛc. Zweyter Abſchnitt.
tervall der Terzdecime, und der vierte nach dem Jntervall
der Quintdecime characteriſiret werden. Allein einige Pra-
ctiker, welche zwar die Urſache voͤllig empfinden, warum man
die Secunde oder None von einander unterſcheidet, koͤnnen
nicht begreiffen, warum man eine Quarte und Undecime u. ſ. w.
von einander unterſcheiden will, und wollen alſo die drey lez-
tern zuſammengeſetzten Accorde lieber nach den Jntervallen der
Quarte, Sexte und Octave, als nach der Undecime, Terz-
decime und Quintdecime benennet wiſſen. So viel iſt gewiß,
daß, wenn ſie auch nach der leztern Art benennet wuͤrden, ſie
doch im Generalbaß bequemer durch ſimple, als zuſammenge-
ſetzte Zahlen angedeutet werden koͤnnen.

§. 270.

Subſtitution der Accorde. 1) Man nehme den Baß-
ton von einem zuſammengeſetzten Accorde weg, und vergleiche
den ganzen zuſammengeſetzten Accord mit dem zuruͤckbleiben-
den Septimenaccord. Man wird finden, daß die beyden Ac-
corde nach ihrer Art einander ſubſtituiret werden koͤnnen, ſo
wie man einen diſſonirenden Grundaccord erſten Rangs und
einen umgekehrten Accord nach ihrer Art einander ſubſtituiren
kann. Der Grund der Subſtitution liegt in der Behandlung
der Hauptdiſſonanz der Accorde. 2) Wenn zwey Accorde
einem dritten ſubſtituiret werden koͤnnen, ſo muͤſſen ſich ſolche
auch untereinander ſubſtituiren laſſen. Die Beweiſe von allem
dieſen in folgenden Exempeln.

Exempel von dem erſten zuſammengeſetzten Accord.

Es ſey bey (a) Fig. 32. der Quintnonenaccord e, g h f,
und bey (b) der Septnonenaccord e, g d f. Wenn der Baß-
ton e weggenommen wird, ſo bleibet der Septimenaccord g h
d f
bey (c) zuruͤck, deſſen umgekehrte Accorde bey (d), (e)
und (f) zu ſehen ſind. Es kann aber die Harmonie bey (a)
der bey (b), (c), (d), (e) und (f), jede derſelben wiederum
der bey (a), und alle koͤnnen einander ſubſtituiret werden; und
ſo iſt es mit allen folgenden Accorden in ihrer Art bewandt.

Exempel von dem zweyten zuſammengeſetzten Accorde.

Es ſey bey Fig. 33. (a) der Quartquintſeptnonenaccord c,
g h d f;
bey (b) der Quartquintnonenaccord c, g d f, und bey

(c)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0270" n="250"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang &#xA75B;c. Zweyter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
tervall der <hi rendition="#fr">Terzdecime,</hi> und der <hi rendition="#fr">vierte</hi> nach dem Jntervall<lb/>
der <hi rendition="#fr">Quintdecime</hi> characteri&#x017F;iret werden. Allein einige Pra-<lb/>
ctiker, welche zwar die Ur&#x017F;ache vo&#x0364;llig empfinden, warum man<lb/>
die Secunde oder None von einander unter&#x017F;cheidet, ko&#x0364;nnen<lb/>
nicht begreiffen, warum man eine Quarte und Undecime u. &#x017F;. w.<lb/>
von einander unter&#x017F;cheiden will, und wollen al&#x017F;o die drey lez-<lb/>
tern zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Accorde lieber nach den Jntervallen der<lb/><hi rendition="#fr">Quarte, Sexte</hi> und <hi rendition="#fr">Octave,</hi> als nach der Undecime, Terz-<lb/>
decime und Quintdecime <hi rendition="#fr">benennet</hi> wi&#x017F;&#x017F;en. So viel i&#x017F;t gewiß,<lb/>
daß, wenn &#x017F;ie auch nach der leztern Art benennet wu&#x0364;rden, &#x017F;ie<lb/>
doch im Generalbaß bequemer durch &#x017F;imple, als zu&#x017F;ammenge-<lb/>
&#x017F;etzte Zahlen angedeutet werden ko&#x0364;nnen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 270.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Sub&#x017F;titution der Accorde.</hi> 1) Man nehme den Baß-<lb/>
ton von einem zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Accorde weg, und vergleiche<lb/>
den ganzen zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Accord mit dem zuru&#x0364;ckbleiben-<lb/>
den Septimenaccord. Man wird finden, daß die beyden Ac-<lb/>
corde nach ihrer Art einander &#x017F;ub&#x017F;tituiret werden ko&#x0364;nnen, &#x017F;o<lb/>
wie man einen di&#x017F;&#x017F;onirenden Grundaccord er&#x017F;ten Rangs und<lb/>
einen umgekehrten Accord nach ihrer Art einander &#x017F;ub&#x017F;tituiren<lb/>
kann. Der Grund der Sub&#x017F;titution liegt in der Behandlung<lb/>
der Hauptdi&#x017F;&#x017F;onanz der Accorde. 2) Wenn zwey Accorde<lb/>
einem dritten &#x017F;ub&#x017F;tituiret werden ko&#x0364;nnen, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich &#x017F;olche<lb/>
auch untereinander &#x017F;ub&#x017F;tituiren la&#x017F;&#x017F;en. Die Bewei&#x017F;e von allem<lb/>
die&#x017F;en in folgenden Exempeln.</p><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Exempel von dem er&#x017F;ten zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Accord.</hi> </head><lb/>
                <p>Es &#x017F;ey bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">a</hi></hi>) Fig. 32. der Quintnonenaccord <hi rendition="#aq">e, g h f,</hi><lb/>
und bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">b</hi></hi>) der Septnonenaccord <hi rendition="#aq">e, g d f.</hi> Wenn der Baß-<lb/>
ton <hi rendition="#aq">e</hi> weggenommen wird, &#x017F;o bleibet der Septimenaccord <hi rendition="#aq">g h<lb/>
d f</hi> bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">c</hi></hi>) zuru&#x0364;ck, de&#x017F;&#x017F;en umgekehrte Accorde bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">d</hi></hi>), (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">e</hi></hi>)<lb/>
und (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">f</hi></hi>) zu &#x017F;ehen &#x017F;ind. Es kann aber die Harmonie bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">a</hi></hi>)<lb/>
der bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">b</hi></hi>), (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">c</hi></hi>), (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">d</hi></hi>), (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">e</hi></hi>) und (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">f</hi></hi>), jede der&#x017F;elben wiederum<lb/>
der bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">a</hi></hi>), und alle ko&#x0364;nnen einander &#x017F;ub&#x017F;tituiret werden; und<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es mit allen folgenden Accorden in ihrer Art bewandt.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Exempel von dem zweyten zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Accorde.</hi> </head><lb/>
                <p>Es &#x017F;ey bey Fig. 33. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">a</hi></hi>) der Quartquint&#x017F;eptnonenaccord <hi rendition="#aq">c,<lb/>
g h d f;</hi> bey (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">b</hi></hi>) der Quartquintnonenaccord <hi rendition="#aq">c, g d f,</hi> und bey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">(<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">c</hi></hi>)</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0270] Anhang ꝛc. Zweyter Abſchnitt. tervall der Terzdecime, und der vierte nach dem Jntervall der Quintdecime characteriſiret werden. Allein einige Pra- ctiker, welche zwar die Urſache voͤllig empfinden, warum man die Secunde oder None von einander unterſcheidet, koͤnnen nicht begreiffen, warum man eine Quarte und Undecime u. ſ. w. von einander unterſcheiden will, und wollen alſo die drey lez- tern zuſammengeſetzten Accorde lieber nach den Jntervallen der Quarte, Sexte und Octave, als nach der Undecime, Terz- decime und Quintdecime benennet wiſſen. So viel iſt gewiß, daß, wenn ſie auch nach der leztern Art benennet wuͤrden, ſie doch im Generalbaß bequemer durch ſimple, als zuſammenge- ſetzte Zahlen angedeutet werden koͤnnen. §. 270. Subſtitution der Accorde. 1) Man nehme den Baß- ton von einem zuſammengeſetzten Accorde weg, und vergleiche den ganzen zuſammengeſetzten Accord mit dem zuruͤckbleiben- den Septimenaccord. Man wird finden, daß die beyden Ac- corde nach ihrer Art einander ſubſtituiret werden koͤnnen, ſo wie man einen diſſonirenden Grundaccord erſten Rangs und einen umgekehrten Accord nach ihrer Art einander ſubſtituiren kann. Der Grund der Subſtitution liegt in der Behandlung der Hauptdiſſonanz der Accorde. 2) Wenn zwey Accorde einem dritten ſubſtituiret werden koͤnnen, ſo muͤſſen ſich ſolche auch untereinander ſubſtituiren laſſen. Die Beweiſe von allem dieſen in folgenden Exempeln. Exempel von dem erſten zuſammengeſetzten Accord. Es ſey bey (a) Fig. 32. der Quintnonenaccord e, g h f, und bey (b) der Septnonenaccord e, g d f. Wenn der Baß- ton e weggenommen wird, ſo bleibet der Septimenaccord g h d f bey (c) zuruͤck, deſſen umgekehrte Accorde bey (d), (e) und (f) zu ſehen ſind. Es kann aber die Harmonie bey (a) der bey (b), (c), (d), (e) und (f), jede derſelben wiederum der bey (a), und alle koͤnnen einander ſubſtituiret werden; und ſo iſt es mit allen folgenden Accorden in ihrer Art bewandt. Exempel von dem zweyten zuſammengeſetzten Accorde. Es ſey bey Fig. 33. (a) der Quartquintſeptnonenaccord c, g h d f; bey (b) der Quartquintnonenaccord c, g d f, und bey (c)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/270
Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/270>, abgerufen am 15.05.2024.