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Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776.

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Drey und zwanzigster Abschn. Untersuchung

Jngleichen

9686:9142 = 20000:18876
9686:8630 = 20000:17817, u. s. w.

Die Brüche können wegbleiben, oder wenn sie beynahe 1/2 oder
mehr betragen, so kann die lezte Zahl rechter Hand um 1 ver-
mehret werden.

Drey und zwanzigster Abschnitt.
Untersuchung der Lehre des Herrn Kirnber-
ger von der ungleichschwebenden Tempe-
ratur.


§. 204.

Es ist bekannt, daß sowohl die Singstimme, als ein jedes
Jnstrument die Töne temperiren muß, theils um die
Melodie an sich in eben demselben Zirkel einer zum Grunde ge-
legten Tonart zu erhalten, und z. E. nicht in b oder d dur zu
endigen, wenn das Tonstück aus dem c dur gesetzet ist, theils
um die Jntervalle so practisch rein *) als möglich heraus zu brin-
gen, und die heßlichen Disharmonien zu verhüten, die noth-
wendig entstehen müssen, wenn jede Stimme ihre Melodie für
sich in lauter theoretisch reinen Verhältnissen fortführen wollte.
Man weiß aber auch zugleich, daß eine Singstimme nicht just
wie eine andere temperiret, (den Beweis wird man haben, wenn
man eben denselben Gesang von zwey gleichen Stimmen ein-
klängig,
oder von zwey verschiednen Stimmen, z. E. einem
Sopran und Tenor, in Octaven ausführen lässet;) ferner,
daß kein Geiger just temperiret, wie ein anderer, (wird bewie-
sen wie vorhin,) und daß endlich die blasenden Jnstrumente
selbst auf verschiedne Art unter sich temperiret sind, z. E. die
Oboen sind nicht just wie die Flöten, und die Pariser und

Dresd-
*) Wenn man von einem Sänger oder Spieler saget, daß er rein singt
und spielt, so verstehet man dadurch nicht, daß er alle Töne in ihrer
vollkommnen arithmetischen Reinigkeit, sondern daß er solche dieser
Reinigkeit so nahe als möglich
hervorbringet, und keine Consonanz
in eine Discordanz verwandelt.
Drey und zwanzigſter Abſchn. Unterſuchung

Jngleichen

9686:9142 = 20000:18876
9686:8630 = 20000:17817, u. ſ. w.

Die Bruͤche koͤnnen wegbleiben, oder wenn ſie beynahe ½ oder
mehr betragen, ſo kann die lezte Zahl rechter Hand um 1 ver-
mehret werden.

Drey und zwanzigſter Abſchnitt.
Unterſuchung der Lehre des Herrn Kirnber-
ger von der ungleichſchwebenden Tempe-
ratur.


§. 204.

Es iſt bekannt, daß ſowohl die Singſtimme, als ein jedes
Jnſtrument die Toͤne temperiren muß, theils um die
Melodie an ſich in eben demſelben Zirkel einer zum Grunde ge-
legten Tonart zu erhalten, und z. E. nicht in b oder d dur zu
endigen, wenn das Tonſtuͤck aus dem c dur geſetzet iſt, theils
um die Jntervalle ſo practiſch rein *) als moͤglich heraus zu brin-
gen, und die heßlichen Disharmonien zu verhuͤten, die noth-
wendig entſtehen muͤſſen, wenn jede Stimme ihre Melodie fuͤr
ſich in lauter theoretiſch reinen Verhaͤltniſſen fortfuͤhren wollte.
Man weiß aber auch zugleich, daß eine Singſtimme nicht juſt
wie eine andere temperiret, (den Beweis wird man haben, wenn
man eben denſelben Geſang von zwey gleichen Stimmen ein-
klaͤngig,
oder von zwey verſchiednen Stimmen, z. E. einem
Sopran und Tenor, in Octaven ausfuͤhren laͤſſet;) ferner,
daß kein Geiger juſt temperiret, wie ein anderer, (wird bewie-
ſen wie vorhin,) und daß endlich die blaſenden Jnſtrumente
ſelbſt auf verſchiedne Art unter ſich temperiret ſind, z. E. die
Oboen ſind nicht juſt wie die Floͤten, und die Pariſer und

Dresd-
*) Wenn man von einem Saͤnger oder Spieler ſaget, daß er rein ſingt
und ſpielt, ſo verſtehet man dadurch nicht, daß er alle Toͤne in ihrer
vollkommnen arithmetiſchen Reinigkeit, ſondern daß er ſolche dieſer
Reinigkeit ſo nahe als moͤglich
hervorbringet, und keine Conſonanz
in eine Discordanz verwandelt.
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[182/0202] Drey und zwanzigſter Abſchn. Unterſuchung Jngleichen 9686:9142 = 20000:18876 9686:8630 = 20000:17817, u. ſ. w. Die Bruͤche koͤnnen wegbleiben, oder wenn ſie beynahe ½ oder mehr betragen, ſo kann die lezte Zahl rechter Hand um 1 ver- mehret werden. Drey und zwanzigſter Abſchnitt. Unterſuchung der Lehre des Herrn Kirnber- ger von der ungleichſchwebenden Tempe- ratur. §. 204. Es iſt bekannt, daß ſowohl die Singſtimme, als ein jedes Jnſtrument die Toͤne temperiren muß, theils um die Melodie an ſich in eben demſelben Zirkel einer zum Grunde ge- legten Tonart zu erhalten, und z. E. nicht in b oder d dur zu endigen, wenn das Tonſtuͤck aus dem c dur geſetzet iſt, theils um die Jntervalle ſo practiſch rein *) als moͤglich heraus zu brin- gen, und die heßlichen Disharmonien zu verhuͤten, die noth- wendig entſtehen muͤſſen, wenn jede Stimme ihre Melodie fuͤr ſich in lauter theoretiſch reinen Verhaͤltniſſen fortfuͤhren wollte. Man weiß aber auch zugleich, daß eine Singſtimme nicht juſt wie eine andere temperiret, (den Beweis wird man haben, wenn man eben denſelben Geſang von zwey gleichen Stimmen ein- klaͤngig, oder von zwey verſchiednen Stimmen, z. E. einem Sopran und Tenor, in Octaven ausfuͤhren laͤſſet;) ferner, daß kein Geiger juſt temperiret, wie ein anderer, (wird bewie- ſen wie vorhin,) und daß endlich die blaſenden Jnſtrumente ſelbſt auf verſchiedne Art unter ſich temperiret ſind, z. E. die Oboen ſind nicht juſt wie die Floͤten, und die Pariſer und Dresd- *) Wenn man von einem Saͤnger oder Spieler ſaget, daß er rein ſingt und ſpielt, ſo verſtehet man dadurch nicht, daß er alle Toͤne in ihrer vollkommnen arithmetiſchen Reinigkeit, ſondern daß er ſolche dieſer Reinigkeit ſo nahe als moͤglich hervorbringet, und keine Conſonanz in eine Discordanz verwandelt.

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Zitationshilfe: Marpurg, Friedrich Wilhelm: Versuch über die musikalische Temperatur. Breslau, 1776, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marpurg_versuch_1776/202>, abgerufen am 02.05.2024.