Marperger, Paul Jacob: Das Wohl-eingerichtete Seminarium Militare. Dresden, 1724.der umb diesen Tribut zu entgehen, sich in die Wälder salviren, oder der Sohn Die Zeit, da solcher Zehenden oder Tribut eingefordert wird, kommt alle inglei-
der umb dieſen Tribut zu entgehen, ſich in die Waͤlder ſalviren, oder der Sohn Die Zeit, da ſolcher Zehenden oder Tribut eingefordert wird, kommt alle inglei-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0031" n="31"/> der umb dieſen <hi rendition="#aq">Tribut</hi> zu entgehen, ſich in die Waͤlder ſalviren, oder der Sohn<lb/> verbirget ſich allein, da dann der Vater ſo lang geplaget wird, biß er den<lb/> Fluͤchtling wieder herbey ſchaffet. Merckwuͤrdig iſt, daß ſowohl die Griechi-<lb/> ſche Eltern als Kinder, bey dieſen <hi rendition="#fr">Kinder-Zehenden</hi> ſehr ungleich geſinnet ſeyn,<lb/> nehmlich einige ſind dabey unerſchrocken, andere hingegen untroͤſtbar, <hi rendition="#aq">Gerla-<lb/> chius</hi> erzehlet von einer Wittwe zu <hi rendition="#aq">Palorma,</hi> welche zwey Soͤhne hatte, daß ſie<lb/> GOtt Tag und Nacht gebeten, daß er ſie moͤchte ſterben laſſen, damit ſie de-<lb/> nen Tuͤrcken nicht in die Hand kaͤmen, und ein gewiſſer Griechiſcher Fuͤrſt wolte<lb/> lieber ſich mit allen ſeinen Soͤhnen umbbringen laſſen, als einen davon denen<lb/> Tuͤrcken hingeben, arme Griechen hingegen machen desfalls keine Schwuͤrig-<lb/> keit, wann ſie durch die Tuͤrcken von der Menge ihrer Kinder auff ſolche Weiſe<lb/> etlicher maſſen entlaſtet werden, ja theils unverſtaͤndige Griechiſche, und ver-<lb/> muthlich der Veraͤnderung begierige Jungens, wuͤnſchen nur, daß die <hi rendition="#aq">Tribut</hi>s-<lb/> Einforderer bald kommen, und ſie unter die Zahl der Sclaven mit wegnehmen<lb/> moͤchten, wann aber der Mangel daran in Conſtantinopel nicht allzugroß iſt,<lb/> ſo geſchiehet es auch wohl, daß der <hi rendition="#aq">Officier</hi> durch die Finger ſiehet, und wann<lb/> er zumahl mit 50. oder 100. Ducaten geſchmieret wird, einem Vater ſeinen<lb/> Sohn zu Hauß laͤſt, den er ſonſt ohne ſolche Beſtechung wohl wuͤrde mitge-<lb/> nommen haben, man hat auch bemercket, daß bey dieſen <hi rendition="#aq">Tribut-</hi>Einfordern<lb/> die Chriſten ſelbſt unter einander ſo neidiſch ſeyn, daß auch gar ein Nachbar<lb/> den andern verraͤth, wo er etwan ſeinen Sohn hin verborgen habe, diejenige ſo<lb/> ſchon verehligt ſeyn, werden wegen des Kinder-zeugens nicht weggenommen,<lb/> welches auch die Urſach iſt, daß viel Eltern ihre Kinder fruͤhzeitig heyrathen laſ-<lb/> ſen. Es fordern aber die Tuͤrcken nicht von einer jeden Stadt oder Dorff-<lb/> ſchafft eine gewiſſe Anzahl, ſondern ſie nehmen nur ſo viel als ſie vermeynen,<lb/> daß darumb doch noch genug zur Zucht nachble<supplied>i</supplied>ben, und das Land nicht gar<lb/> erſchoͤpffet werde, gleichfalls ſind auch die Soͤhne die unter Sieben Jahren<lb/> ſeyn, damit verſchonet.</p><lb/> <p>Die Zeit, da ſolcher Zehenden oder <hi rendition="#aq">Tribut</hi> eingefordert wird, kommt alle<lb/> 5. Jahr herum, wodurch ihnen immer friſche Knabens wieder anwachſen, wie<lb/> ſie dann alle mit Chriſten unter ihren Gebieth beſetzte Landſchafften ſo einge-<lb/> theilet, daß ſie aus ſolchen genug Kinder nehmen, und doch nur alle fuͤnff Jahr<lb/> herum kommen koͤnnen, wiewohl die zu Conſtantinopel wohnende Chriſten,<lb/> ſonderlich die in der Vorſtadt <hi rendition="#aq">Galata,</hi> auch die Stadt <hi rendition="#aq">Nauplium,</hi> und die Oerter,<lb/> welche die Venetianer denen Tuͤrcken mit <hi rendition="#aq">Accord</hi> uͤbergeben, ingleichen Ara-<lb/> bien Egypten und Ungarn von dieſen Kinder-<hi rendition="#aq">Tribut</hi> befreyet ſeyn. Jn Aſien<lb/> hingegen muͤſſen alle <hi rendition="#aq">Provinci</hi>en biß an Perſien, Babylon und Arabien dieſen Ze-<lb/> henden geben, ſie moͤgen ſeyn Griechen, Armenier, Jacobiten oder Mahometaner,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">inglei-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0031]
der umb dieſen Tribut zu entgehen, ſich in die Waͤlder ſalviren, oder der Sohn
verbirget ſich allein, da dann der Vater ſo lang geplaget wird, biß er den
Fluͤchtling wieder herbey ſchaffet. Merckwuͤrdig iſt, daß ſowohl die Griechi-
ſche Eltern als Kinder, bey dieſen Kinder-Zehenden ſehr ungleich geſinnet ſeyn,
nehmlich einige ſind dabey unerſchrocken, andere hingegen untroͤſtbar, Gerla-
chius erzehlet von einer Wittwe zu Palorma, welche zwey Soͤhne hatte, daß ſie
GOtt Tag und Nacht gebeten, daß er ſie moͤchte ſterben laſſen, damit ſie de-
nen Tuͤrcken nicht in die Hand kaͤmen, und ein gewiſſer Griechiſcher Fuͤrſt wolte
lieber ſich mit allen ſeinen Soͤhnen umbbringen laſſen, als einen davon denen
Tuͤrcken hingeben, arme Griechen hingegen machen desfalls keine Schwuͤrig-
keit, wann ſie durch die Tuͤrcken von der Menge ihrer Kinder auff ſolche Weiſe
etlicher maſſen entlaſtet werden, ja theils unverſtaͤndige Griechiſche, und ver-
muthlich der Veraͤnderung begierige Jungens, wuͤnſchen nur, daß die Tributs-
Einforderer bald kommen, und ſie unter die Zahl der Sclaven mit wegnehmen
moͤchten, wann aber der Mangel daran in Conſtantinopel nicht allzugroß iſt,
ſo geſchiehet es auch wohl, daß der Officier durch die Finger ſiehet, und wann
er zumahl mit 50. oder 100. Ducaten geſchmieret wird, einem Vater ſeinen
Sohn zu Hauß laͤſt, den er ſonſt ohne ſolche Beſtechung wohl wuͤrde mitge-
nommen haben, man hat auch bemercket, daß bey dieſen Tribut-Einfordern
die Chriſten ſelbſt unter einander ſo neidiſch ſeyn, daß auch gar ein Nachbar
den andern verraͤth, wo er etwan ſeinen Sohn hin verborgen habe, diejenige ſo
ſchon verehligt ſeyn, werden wegen des Kinder-zeugens nicht weggenommen,
welches auch die Urſach iſt, daß viel Eltern ihre Kinder fruͤhzeitig heyrathen laſ-
ſen. Es fordern aber die Tuͤrcken nicht von einer jeden Stadt oder Dorff-
ſchafft eine gewiſſe Anzahl, ſondern ſie nehmen nur ſo viel als ſie vermeynen,
daß darumb doch noch genug zur Zucht nachbleiben, und das Land nicht gar
erſchoͤpffet werde, gleichfalls ſind auch die Soͤhne die unter Sieben Jahren
ſeyn, damit verſchonet.
Die Zeit, da ſolcher Zehenden oder Tribut eingefordert wird, kommt alle
5. Jahr herum, wodurch ihnen immer friſche Knabens wieder anwachſen, wie
ſie dann alle mit Chriſten unter ihren Gebieth beſetzte Landſchafften ſo einge-
theilet, daß ſie aus ſolchen genug Kinder nehmen, und doch nur alle fuͤnff Jahr
herum kommen koͤnnen, wiewohl die zu Conſtantinopel wohnende Chriſten,
ſonderlich die in der Vorſtadt Galata, auch die Stadt Nauplium, und die Oerter,
welche die Venetianer denen Tuͤrcken mit Accord uͤbergeben, ingleichen Ara-
bien Egypten und Ungarn von dieſen Kinder-Tribut befreyet ſeyn. Jn Aſien
hingegen muͤſſen alle Provincien biß an Perſien, Babylon und Arabien dieſen Ze-
henden geben, ſie moͤgen ſeyn Griechen, Armenier, Jacobiten oder Mahometaner,
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