Mit diesen seinen Beyständen muß er vor den Tisch treten, und erwarten, ob vielleicht einer o- der der andere von denen Meistern, so um den Tisch sitzen, wieder ihn etwas zu klagen habe. Hat nun niemand etwas vorzubringen, so wird er von denen Meistern mit einem guten Wunsch aus der Lehre gelassen.
Worauff er so viel Sprünge zur Stuben- Thür hinaus thun muß, als er Jahre gelernet hat. Wenn dieses geschehen, so übergeben die Meisters den Loßgesprochenen denen Gesellen, welche ihn auff etliche über einander gestellte Hut-Formen setzen, bald aber wieder herunter stossen; darauff bedecken sie des neuen Gesellens Kopff mit einen Siebe, dergleichen in dem Hand- werck gebrauchet wird, ziehen durch solchen sei- ne Haare, worauff einer, so sich als ein Mönch angekleidet, ihme eine ziemliche Menge Was- sers über den Kopff gießet; 2. Gesellen aber, so als Beystände angesprochen, greiffen zu, und halten den also gebadeten und ziemlich begosse- nen neuen Gesellen.
Verehren ihme hierauff einen Krantz, daran ein Band gebunden, welchen er nebenst beyder Beystände Nahmen überall bey sich und in Ge- dancken haben muß, deßgleichen muß der neue Geselle die Meister und Gesellen mit Kräntzen beschencken, in Leipzig aber thut ers nur mit Bän- dern allein. Ferner so muß er an dem Tisch mit Würffeln Spielen, wenn er nun nach solchen
greifft,
Beſchreibung
Mit dieſen ſeinen Beyſtaͤnden muß er vor den Tiſch treten, und erwarten, ob vielleicht einer o- der der andere von denen Meiſtern, ſo um den Tiſch ſitzen, wieder ihn etwas zu klagen habe. Hat nun niemand etwas vorzubringen, ſo wird er von denen Meiſtern mit einem guten Wunſch aus der Lehre gelaſſen.
Worauff er ſo viel Spruͤnge zur Stuben- Thuͤr hinaus thun muß, als er Jahre gelernet hat. Wenn dieſes geſchehen, ſo uͤbergeben die Meiſters den Loßgeſprochenen denen Geſellen, welche ihn auff etliche uͤber einander geſtellte Hut-Formen ſetzen, bald aber wieder herunter ſtoſſen; darauff bedecken ſie des neuen Geſellens Kopff mit einen Siebe, dergleichen in dem Hand- werck gebrauchet wird, ziehen durch ſolchen ſei- ne Haare, worauff einer, ſo ſich als ein Moͤnch angekleidet, ihme eine ziemliche Menge Waſ- ſers uͤber den Kopff gießet; 2. Geſellen aber, ſo als Beyſtaͤnde angeſprochen, greiffen zu, und halten den alſo gebadeten und ziemlich begoſſe- nen neuen Geſellen.
Verehren ihme hierauff einen Krantz, daran ein Band gebunden, welchen er nebenſt beyder Beyſtaͤnde Nahmen uͤberall bey ſich und in Ge- dancken haben muß, deßgleichen muß der neue Geſelle die Meiſter und Geſellen mit Kraͤntzen beſchencken, in Leipzig aber thut ers nur mit Baͤn- dern allein. Ferner ſo muß er an dem Tiſch mit Wuͤrffeln Spielen, wenn er nun nach ſolchen
greifft,
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[104/0110]
Beſchreibung
Mit dieſen ſeinen Beyſtaͤnden muß er vor den
Tiſch treten, und erwarten, ob vielleicht einer o-
der der andere von denen Meiſtern, ſo um den
Tiſch ſitzen, wieder ihn etwas zu klagen habe.
Hat nun niemand etwas vorzubringen, ſo wird
er von denen Meiſtern mit einem guten Wunſch
aus der Lehre gelaſſen.
Worauff er ſo viel Spruͤnge zur Stuben-
Thuͤr hinaus thun muß, als er Jahre gelernet
hat. Wenn dieſes geſchehen, ſo uͤbergeben die
Meiſters den Loßgeſprochenen denen Geſellen,
welche ihn auff etliche uͤber einander geſtellte
Hut-Formen ſetzen, bald aber wieder herunter
ſtoſſen; darauff bedecken ſie des neuen Geſellens
Kopff mit einen Siebe, dergleichen in dem Hand-
werck gebrauchet wird, ziehen durch ſolchen ſei-
ne Haare, worauff einer, ſo ſich als ein Moͤnch
angekleidet, ihme eine ziemliche Menge Waſ-
ſers uͤber den Kopff gießet; 2. Geſellen aber, ſo
als Beyſtaͤnde angeſprochen, greiffen zu, und
halten den alſo gebadeten und ziemlich begoſſe-
nen neuen Geſellen.
Verehren ihme hierauff einen Krantz, daran
ein Band gebunden, welchen er nebenſt beyder
Beyſtaͤnde Nahmen uͤberall bey ſich und in Ge-
dancken haben muß, deßgleichen muß der neue
Geſelle die Meiſter und Geſellen mit Kraͤntzen
beſchencken, in Leipzig aber thut ers nur mit Baͤn-
dern allein. Ferner ſo muß er an dem Tiſch mit
Wuͤrffeln Spielen, wenn er nun nach ſolchen
greifft,
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Marperger, Paul Jacob: Beschreibung Des Hutmacher-Handwercks. Altenburg, 1719. , S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_hutmacher_1719/110>, abgerufen am 27.07.2024.
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