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Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

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Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
daß man selbige anderwärts zu hoher Intresse auf-
nehmen/ und also ein Loch aufmachen/ und das an-
dere damit wieder zustopffen/ oder gar das Thor
suchen muß; da dann die Handlung kaum ein Jahr
gewehret/ als die schon wieder ihren Abschied nimmt/
wie etwan dort des Jonä Kürbiß/ der/ ehe sich Jo-
nas versahe/ schon wieder abfiel und verdorrete;
oder wie eine in die Lufft steigende Ragete, welche/
in dem sie schnell in die Lufft gefahren/ eben so bald
wieder entzwey platzet und vergehet. Was ein rech-
ter Kauffmann seyn will/ der muß ein dreyfaches Ca-
pital/ nehmlich ein in Waaren steckendes/ eines/ wel-
ches unter Leuten oder seinen Schuldnern ausstehet/
und dann das dritte/ baar in Cassa haben/ aus
welcher Eintheilung sich ein junger Anfänger leicht
die Rechnung machen kan/ wie schwehr es sey/
grosse Dinge mit wenig Hülffe und Nachdruck zu
unternehmen. Diejenige aber/ welche zu ihrer inten-
dir
ten Handlung Gelds genug haben/ die können
zwar damit was Grosses ausrichten/ sie haben aber
doch auch die Vorsicht dabey nöthig/ daß sie ihr
Geld/ theils nicht übel/ theils nicht auf einmal/ also
anlegen/ daß sie nicht auf dem Nothfall und anderer
Bedürffnüsse zum wenigsten den dritten oder vierd-
ten Theil davon zur Relerve behalten sollten/ als
welches allerdings ein Stück der Kauffmännischen
Klugheit mag genennet werden.

Die Blutfreundschafft/ Verwandte/ gute
Freunde und Bekandte/ hat ein junger Mensch/ als
etwas gar Ungewisses/ Betrügliches und leicht
Veränderliches anzusehen; dann entweder seynd die
Blutsfreunde arme oder nur gemeine Bürger und

Hand-

Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
daß man ſelbige anderwaͤrts zu hoher Intreſſe auf-
nehmen/ und alſo ein Loch aufmachen/ und das an-
dere damit wieder zuſtopffen/ oder gar das Thor
ſuchen muß; da dann die Handlung kaum ein Jahr
gewehret/ als die ſchon wieder ihren Abſchied nimmt/
wie etwan dort des Jonaͤ Kuͤrbiß/ der/ ehe ſich Jo-
nas verſahe/ ſchon wieder abfiel und verdorrete;
oder wie eine in die Lufft ſteigende Ragete, welche/
in dem ſie ſchnell in die Lufft gefahren/ eben ſo bald
wieder entzwey platzet und vergehet. Was ein rech-
ter Kauffmann ſeyn will/ der muß ein dreyfaches Ca-
pital/ nehmlich ein in Waaren ſteckendes/ eines/ wel-
ches unter Leuten oder ſeinen Schuldnern ausſtehet/
und dann das dritte/ baar in Caſſa haben/ aus
welcher Eintheilung ſich ein junger Anfaͤnger leicht
die Rechnung machen kan/ wie ſchwehr es ſey/
groſſe Dinge mit wenig Huͤlffe und Nachdruck zu
unternehmen. Diejenige aber/ welche zu ihrer inten-
dir
ten Handlung Gelds genug haben/ die koͤnnen
zwar damit was Groſſes ausrichten/ ſie haben aber
doch auch die Vorſicht dabey noͤthig/ daß ſie ihr
Geld/ theils nicht uͤbel/ theils nicht auf einmal/ alſo
anlegen/ daß ſie nicht auf dem Nothfall und anderer
Beduͤrffnuͤſſe zum wenigſten den dritten oder vierd-
ten Theil davon zur Relerve behalten ſollten/ als
welches allerdings ein Stuͤck der Kauffmaͤnniſchen
Klugheit mag genennet werden.

Die Blutfreundſchafft/ Verwandte/ gute
Freunde und Bekandte/ hat ein junger Menſch/ als
etwas gar Ungewiſſes/ Betruͤgliches und leicht
Veraͤnderliches anzuſehen; dann entweder ſeynd die
Blutsfreunde arme oder nur gemeine Buͤrger und

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[431/0457] Der Kauffmanns-Diener Beobachtung. daß man ſelbige anderwaͤrts zu hoher Intreſſe auf- nehmen/ und alſo ein Loch aufmachen/ und das an- dere damit wieder zuſtopffen/ oder gar das Thor ſuchen muß; da dann die Handlung kaum ein Jahr gewehret/ als die ſchon wieder ihren Abſchied nimmt/ wie etwan dort des Jonaͤ Kuͤrbiß/ der/ ehe ſich Jo- nas verſahe/ ſchon wieder abfiel und verdorrete; oder wie eine in die Lufft ſteigende Ragete, welche/ in dem ſie ſchnell in die Lufft gefahren/ eben ſo bald wieder entzwey platzet und vergehet. Was ein rech- ter Kauffmann ſeyn will/ der muß ein dreyfaches Ca- pital/ nehmlich ein in Waaren ſteckendes/ eines/ wel- ches unter Leuten oder ſeinen Schuldnern ausſtehet/ und dann das dritte/ baar in Caſſa haben/ aus welcher Eintheilung ſich ein junger Anfaͤnger leicht die Rechnung machen kan/ wie ſchwehr es ſey/ groſſe Dinge mit wenig Huͤlffe und Nachdruck zu unternehmen. Diejenige aber/ welche zu ihrer inten- dirten Handlung Gelds genug haben/ die koͤnnen zwar damit was Groſſes ausrichten/ ſie haben aber doch auch die Vorſicht dabey noͤthig/ daß ſie ihr Geld/ theils nicht uͤbel/ theils nicht auf einmal/ alſo anlegen/ daß ſie nicht auf dem Nothfall und anderer Beduͤrffnuͤſſe zum wenigſten den dritten oder vierd- ten Theil davon zur Relerve behalten ſollten/ als welches allerdings ein Stuͤck der Kauffmaͤnniſchen Klugheit mag genennet werden. Die Blutfreundſchafft/ Verwandte/ gute Freunde und Bekandte/ hat ein junger Menſch/ als etwas gar Ungewiſſes/ Betruͤgliches und leicht Veraͤnderliches anzuſehen; dann entweder ſeynd die Blutsfreunde arme oder nur gemeine Buͤrger und Hand-

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/457>, abgerufen am 23.11.2024.