Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
Wie sich einer auf Reisen zu verhalten.

Sie exerciren aber ihre Dieberey und Diebs-
Griffe/ folgender Gestalt: Erstlich mengen sie sich
allenthalben unter andere Leute/ führen sich theils
auf als Knecht und Diener/ theils als erbare
Männer in feiner ansehnlicher Kleidung/ daß man
sie auch so gar von Stands-Personen/ erbaren
Bürgern/ und Kauffleuten nicht unterscheiden
kan.

Solcher Gestalt gehen sie mit in die Wirths-
Häuser und an solche Oerter/ wo unterschiedliche
und ansehnliche Leute zusammen kommen/ und son-
derlich etwas neues zu sehen und zu hören ist; sie ge-
ben auf alle Umstände genaue Acht/ begegnen jeder-
man mit Freundlichkeit/ und Anbietung ihrer Dien-
ste/ und begeben sich gern mit andern in einen Dis-
cours,
welchen sie meisterlich zu ihrem Vortheil
fortzusetzen wissen/ biß sie ihre Gelegenheit absehen/
den andern zu betrügen/ und sein Geld samt dem
übrigen Gut ihn mit sonderbarer Manier abzuneh-
men. Zu diesem Ende/ gehen sie nach wenigen Wort-
Wechsel alsobald so bekandt und verträulich mit
demselben um/ als ob sie viel Jahr lang denselben
wohlgekandt hätten/ dabey sie dann mancherley vor-
bringen/ des Reisenden seine Gemüths-Bewegun-
gen/ und andere Umstände völlig zu erkennen/ worin-
ne sie ihme hernach am bequemsten beykommen mö-
gen/ das nehmen sie vor die Hand.

Jst er ein Liebhaber vom Spielen/ so haben sie
sein Geld schon so gewiß/ als ob ers allbereit ihm zu-
gezehlet hätte. Incliniret er zur Hurerey/ so verschaf-
fen sie ihm gleich die Mittel darzu/ dabey sie dann

am
R
Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.

Sie exerciren aber ihre Dieberey und Diebs-
Griffe/ folgender Geſtalt: Erſtlich mengen ſie ſich
allenthalben unter andere Leute/ fuͤhren ſich theils
auf als Knecht und Diener/ theils als erbare
Maͤnner in feiner anſehnlicher Kleidung/ daß man
ſie auch ſo gar von Stands-Perſonen/ erbaren
Buͤrgern/ und Kauffleuten nicht unterſcheiden
kan.

Solcher Geſtalt gehen ſie mit in die Wirths-
Haͤuſer und an ſolche Oerter/ wo unterſchiedliche
und anſehnliche Leute zuſammen kommen/ und ſon-
derlich etwas neues zu ſehen und zu hoͤren iſt; ſie ge-
ben auf alle Umſtaͤnde genaue Acht/ begegnen jeder-
man mit Freundlichkeit/ und Anbietung ihrer Dien-
ſte/ und begeben ſich gern mit andern in einen Diſ-
cours,
welchen ſie meiſterlich zu ihrem Vortheil
fortzuſetzen wiſſen/ biß ſie ihre Gelegenheit abſehen/
den andern zu betruͤgen/ und ſein Geld ſamt dem
uͤbrigen Gut ihn mit ſonderbarer Manier abzuneh-
men. Zu dieſem Ende/ gehen ſie nach wenigen Wort-
Wechſel alſobald ſo bekandt und vertraͤulich mit
demſelben um/ als ob ſie viel Jahr lang denſelben
wohlgekandt haͤtten/ dabey ſie dann mancherley vor-
bringen/ des Reiſenden ſeine Gemuͤths-Bewegun-
gen/ und andere Umſtaͤnde voͤllig zu erkennen/ worin-
ne ſie ihme hernach am bequemſten beykommen moͤ-
gen/ das nehmen ſie vor die Hand.

Jſt er ein Liebhaber vom Spielen/ ſo haben ſie
ſein Geld ſchon ſo gewiß/ als ob ers allbereit ihm zu-
gezehlet haͤtte. Incliniret er zur Hurerey/ ſo verſchaf-
fen ſie ihm gleich die Mittel darzu/ dabey ſie dann

am
R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0281" n="257"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wie &#x017F;ich einer auf Rei&#x017F;en zu verhalten.</hi> </fw><lb/>
        <p>Sie <hi rendition="#aq">exerci</hi>ren aber ihre Dieberey und Diebs-<lb/>
Griffe/ folgender Ge&#x017F;talt: Er&#x017F;tlich mengen &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
allenthalben unter andere Leute/ fu&#x0364;hren &#x017F;ich theils<lb/>
auf als Knecht und Diener/ theils als erbare<lb/>
Ma&#x0364;nner in feiner an&#x017F;ehnlicher Kleidung/ daß man<lb/>
&#x017F;ie auch &#x017F;o gar von Stands-Per&#x017F;onen/ erbaren<lb/>
Bu&#x0364;rgern/ und Kauffleuten nicht unter&#x017F;cheiden<lb/>
kan.</p><lb/>
        <p>Solcher Ge&#x017F;talt gehen &#x017F;ie mit in die Wirths-<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;er und an &#x017F;olche Oerter/ wo unter&#x017F;chiedliche<lb/>
und an&#x017F;ehnliche Leute zu&#x017F;ammen kommen/ und &#x017F;on-<lb/>
derlich etwas neues zu &#x017F;ehen und zu ho&#x0364;ren i&#x017F;t; &#x017F;ie ge-<lb/>
ben auf alle Um&#x017F;ta&#x0364;nde genaue Acht/ begegnen jeder-<lb/>
man mit Freundlichkeit/ und Anbietung ihrer Dien-<lb/>
&#x017F;te/ und begeben &#x017F;ich gern mit andern in einen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;-<lb/>
cours,</hi> welchen &#x017F;ie mei&#x017F;terlich zu ihrem Vortheil<lb/>
fortzu&#x017F;etzen wi&#x017F;&#x017F;en/ biß &#x017F;ie ihre Gelegenheit ab&#x017F;ehen/<lb/>
den andern zu betru&#x0364;gen/ und &#x017F;ein Geld &#x017F;amt dem<lb/>
u&#x0364;brigen Gut ihn mit &#x017F;onderbarer <hi rendition="#aq">Manier</hi> abzuneh-<lb/>
men. Zu die&#x017F;em Ende/ gehen &#x017F;ie nach wenigen Wort-<lb/>
Wech&#x017F;el al&#x017F;obald &#x017F;o bekandt und vertra&#x0364;ulich mit<lb/>
dem&#x017F;elben um/ als ob &#x017F;ie viel Jahr lang den&#x017F;elben<lb/>
wohlgekandt ha&#x0364;tten/ dabey &#x017F;ie dann mancherley vor-<lb/>
bringen/ des Rei&#x017F;enden &#x017F;eine Gemu&#x0364;ths-Bewegun-<lb/>
gen/ und andere Um&#x017F;ta&#x0364;nde vo&#x0364;llig zu erkennen/ worin-<lb/>
ne &#x017F;ie ihme hernach am bequem&#x017F;ten beykommen mo&#x0364;-<lb/>
gen/ das nehmen &#x017F;ie vor die Hand.</p><lb/>
        <p>J&#x017F;t er ein Liebhaber vom Spielen/ &#x017F;o haben &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ein Geld &#x017F;chon &#x017F;o gewiß/ als ob ers allbereit ihm zu-<lb/>
gezehlet ha&#x0364;tte. <hi rendition="#aq">Inclini</hi>ret er zur Hurerey/ &#x017F;o ver&#x017F;chaf-<lb/>
fen &#x017F;ie ihm gleich die Mittel darzu/ dabey &#x017F;ie dann<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R</fw><fw place="bottom" type="catch">am</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0281] Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten. Sie exerciren aber ihre Dieberey und Diebs- Griffe/ folgender Geſtalt: Erſtlich mengen ſie ſich allenthalben unter andere Leute/ fuͤhren ſich theils auf als Knecht und Diener/ theils als erbare Maͤnner in feiner anſehnlicher Kleidung/ daß man ſie auch ſo gar von Stands-Perſonen/ erbaren Buͤrgern/ und Kauffleuten nicht unterſcheiden kan. Solcher Geſtalt gehen ſie mit in die Wirths- Haͤuſer und an ſolche Oerter/ wo unterſchiedliche und anſehnliche Leute zuſammen kommen/ und ſon- derlich etwas neues zu ſehen und zu hoͤren iſt; ſie ge- ben auf alle Umſtaͤnde genaue Acht/ begegnen jeder- man mit Freundlichkeit/ und Anbietung ihrer Dien- ſte/ und begeben ſich gern mit andern in einen Diſ- cours, welchen ſie meiſterlich zu ihrem Vortheil fortzuſetzen wiſſen/ biß ſie ihre Gelegenheit abſehen/ den andern zu betruͤgen/ und ſein Geld ſamt dem uͤbrigen Gut ihn mit ſonderbarer Manier abzuneh- men. Zu dieſem Ende/ gehen ſie nach wenigen Wort- Wechſel alſobald ſo bekandt und vertraͤulich mit demſelben um/ als ob ſie viel Jahr lang denſelben wohlgekandt haͤtten/ dabey ſie dann mancherley vor- bringen/ des Reiſenden ſeine Gemuͤths-Bewegun- gen/ und andere Umſtaͤnde voͤllig zu erkennen/ worin- ne ſie ihme hernach am bequemſten beykommen moͤ- gen/ das nehmen ſie vor die Hand. Jſt er ein Liebhaber vom Spielen/ ſo haben ſie ſein Geld ſchon ſo gewiß/ als ob ers allbereit ihm zu- gezehlet haͤtte. Incliniret er zur Hurerey/ ſo verſchaf- fen ſie ihm gleich die Mittel darzu/ dabey ſie dann am R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/281
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/281>, abgerufen am 20.05.2024.