Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Caput V.
Seinigen ehrlich damit ernehren könne; und gesetzt/
daß er solch Handwerck nicht aus dem Grund er-
lernet/ könte er sich doch (im Fall der Noth) leicht-
lich darinn perfectioniren/ und selbiges zu seinen
Nutzen anwenden; also fliesset aus der Stereome-
tria
das Fundament des Vaßbindens. Hätte nun
ein Kauff-Gesell bey Wein-Handlungen ausge-
dienet/ so wäre es ihm so viel leichter gewesen/ das
Vaßbinden/ durch den täglichen Umgang mit zu
erlernen. Bey Tuch-Handlungen/ schicket sich das
Tuch oder Zeug machen/ weil ohne dem derjenige/
der solches wohl verstehet/ am besten von der Quali-
tät eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We-
ben auf den Strumpff-Stühlen ist ebenfalls bald
gelernet/ und finden wir viel Kauff-Dieners/ wel-
che etwan die Mittel nicht gehabt/ die in ihren Jun-
gen-Jahren erlernte Handlung fortzusetzen/ daß
sie zu dieser Profession des Strümpff-Webens
hernach sich begeben/ und mit der Zeit grosse Verle-
gers darinnen worden seyn. Bey dem Materialisten-
Kram/ erzeiget sich das Distilliren/ Brandtwein-
brennen/ gewisse Materialia und Composita zu
machen/ welche allein zulänglich seyn/ ihren Mann
zu ernehren. Und was soll ich von der Farb-Kunst/
dem Lacciren/ Spiegel-machen/ Leder-bereiten/
und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall
der Noth Brod schaffen können) viel Rühmens
machen/ da die Sache selbst genug bekannt ist Die
Music, ob sie wohl kein wesentlich Stück/ zur Hand-
lung gehörig/ kan genennet werden/ so ist doch be-
kannt/ wie mancher junger Mensch sich dadurch sehr
beliebt gemacht/ und nicht selten dadurch in die

Gunst

Caput V.
Seinigen ehrlich damit ernehren koͤnne; und geſetzt/
daß er ſolch Handwerck nicht aus dem Grund er-
lernet/ koͤnte er ſich doch (im Fall der Noth) leicht-
lich darinn perfectioniren/ und ſelbiges zu ſeinen
Nutzen anwenden; alſo flieſſet aus der Stereome-
tria
das Fundament des Vaßbindens. Haͤtte nun
ein Kauff-Geſell bey Wein-Handlungen ausge-
dienet/ ſo waͤre es ihm ſo viel leichter geweſen/ das
Vaßbinden/ durch den taͤglichen Umgang mit zu
erlernen. Bey Tuch-Handlungen/ ſchicket ſich das
Tuch oder Zeug machen/ weil ohne dem derjenige/
der ſolches wohl verſtehet/ am beſten von der Quali-
taͤt eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We-
ben auf den Strumpff-Stuͤhlen iſt ebenfalls bald
gelernet/ und finden wir viel Kauff-Dieners/ wel-
che etwan die Mittel nicht gehabt/ die in ihren Jun-
gen-Jahren erlernte Handlung fortzuſetzen/ daß
ſie zu dieſer Profeſſion des Struͤmpff-Webens
hernach ſich begeben/ und mit der Zeit groſſe Verle-
gers dariñen worden ſeyn. Bey dem Materialiſten-
Kram/ erzeiget ſich das Diſtilliren/ Brandtwein-
brennen/ gewiſſe Materialia und Compoſita zu
machen/ welche allein zulaͤnglich ſeyn/ ihren Mann
zu ernehren. Und was ſoll ich von der Farb-Kunſt/
dem Lacciren/ Spiegel-machen/ Leder-bereiten/
und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall
der Noth Brod ſchaffen koͤnnen) viel Ruͤhmens
machen/ da die Sache ſelbſt genug bekannt iſt Die
Muſic, ob ſie wohl kein weſentlich Stuͤck/ zur Hand-
lung gehoͤrig/ kan genennet werden/ ſo iſt doch be-
kannt/ wie mancher junger Menſch ſich dadurch ſehr
beliebt gemacht/ und nicht ſelten dadurch in die

Gunſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0262" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Caput V.</hi></hi></fw><lb/>
Seinigen ehrlich damit ernehren ko&#x0364;nne; und ge&#x017F;etzt/<lb/>
daß er &#x017F;olch Handwerck nicht aus dem Grund er-<lb/>
lernet/ ko&#x0364;nte er &#x017F;ich doch (im Fall der Noth) leicht-<lb/>
lich darinn <hi rendition="#aq">perfectioni</hi>ren/ und &#x017F;elbiges zu &#x017F;einen<lb/>
Nutzen anwenden; al&#x017F;o flie&#x017F;&#x017F;et aus der <hi rendition="#aq">Stereome-<lb/>
tria</hi> das <hi rendition="#aq">Fundament</hi> des Vaßbindens. Ha&#x0364;tte nun<lb/>
ein Kauff-Ge&#x017F;ell bey Wein-Handlungen ausge-<lb/>
dienet/ &#x017F;o wa&#x0364;re es ihm &#x017F;o viel leichter gewe&#x017F;en/ das<lb/>
Vaßbinden/ durch den ta&#x0364;glichen Umgang mit zu<lb/>
erlernen. Bey Tuch-Handlungen/ &#x017F;chicket &#x017F;ich das<lb/>
Tuch oder Zeug machen/ weil ohne dem derjenige/<lb/>
der &#x017F;olches wohl ver&#x017F;tehet/ am be&#x017F;ten von der <hi rendition="#aq">Quali-</hi><lb/>
ta&#x0364;t eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We-<lb/>
ben auf den Strumpff-Stu&#x0364;hlen i&#x017F;t ebenfalls bald<lb/>
gelernet/ und finden wir viel Kauff-Dieners/ wel-<lb/>
che etwan die Mittel nicht gehabt/ die in ihren Jun-<lb/>
gen-Jahren erlernte Handlung fortzu&#x017F;etzen/ daß<lb/>
&#x017F;ie zu die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> des Stru&#x0364;mpff-Webens<lb/>
hernach &#x017F;ich begeben/ und mit der Zeit gro&#x017F;&#x017F;e Verle-<lb/>
gers darin&#x0303;en worden &#x017F;eyn. Bey dem <hi rendition="#aq">Materiali</hi>&#x017F;ten-<lb/>
Kram/ erzeiget &#x017F;ich das <hi rendition="#aq">Di&#x017F;tilli</hi>ren/ Brandtwein-<lb/>
brennen/ gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Materialia</hi> und <hi rendition="#aq">Compo&#x017F;ita</hi> zu<lb/>
machen/ welche allein zula&#x0364;nglich &#x017F;eyn/ ihren Mann<lb/>
zu ernehren. Und was &#x017F;oll ich von der Farb-Kun&#x017F;t/<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Lacci</hi>ren/ Spiegel-machen/ Leder-bereiten/<lb/>
und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall<lb/>
der Noth Brod &#x017F;chaffen ko&#x0364;nnen) viel Ru&#x0364;hmens<lb/>
machen/ da die Sache &#x017F;elb&#x017F;t genug bekannt i&#x017F;t Die<lb/><hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ic,</hi> ob &#x017F;ie wohl kein we&#x017F;entlich Stu&#x0364;ck/ zur Hand-<lb/>
lung geho&#x0364;rig/ kan genennet werden/ &#x017F;o i&#x017F;t doch be-<lb/>
kannt/ wie mancher junger Men&#x017F;ch &#x017F;ich dadurch &#x017F;ehr<lb/>
beliebt gemacht/ und nicht &#x017F;elten dadurch in die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gun&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0262] Caput V. Seinigen ehrlich damit ernehren koͤnne; und geſetzt/ daß er ſolch Handwerck nicht aus dem Grund er- lernet/ koͤnte er ſich doch (im Fall der Noth) leicht- lich darinn perfectioniren/ und ſelbiges zu ſeinen Nutzen anwenden; alſo flieſſet aus der Stereome- tria das Fundament des Vaßbindens. Haͤtte nun ein Kauff-Geſell bey Wein-Handlungen ausge- dienet/ ſo waͤre es ihm ſo viel leichter geweſen/ das Vaßbinden/ durch den taͤglichen Umgang mit zu erlernen. Bey Tuch-Handlungen/ ſchicket ſich das Tuch oder Zeug machen/ weil ohne dem derjenige/ der ſolches wohl verſtehet/ am beſten von der Quali- taͤt eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We- ben auf den Strumpff-Stuͤhlen iſt ebenfalls bald gelernet/ und finden wir viel Kauff-Dieners/ wel- che etwan die Mittel nicht gehabt/ die in ihren Jun- gen-Jahren erlernte Handlung fortzuſetzen/ daß ſie zu dieſer Profeſſion des Struͤmpff-Webens hernach ſich begeben/ und mit der Zeit groſſe Verle- gers dariñen worden ſeyn. Bey dem Materialiſten- Kram/ erzeiget ſich das Diſtilliren/ Brandtwein- brennen/ gewiſſe Materialia und Compoſita zu machen/ welche allein zulaͤnglich ſeyn/ ihren Mann zu ernehren. Und was ſoll ich von der Farb-Kunſt/ dem Lacciren/ Spiegel-machen/ Leder-bereiten/ und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall der Noth Brod ſchaffen koͤnnen) viel Ruͤhmens machen/ da die Sache ſelbſt genug bekannt iſt Die Muſic, ob ſie wohl kein weſentlich Stuͤck/ zur Hand- lung gehoͤrig/ kan genennet werden/ ſo iſt doch be- kannt/ wie mancher junger Menſch ſich dadurch ſehr beliebt gemacht/ und nicht ſelten dadurch in die Gunſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/262
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/262>, abgerufen am 25.11.2024.