Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.Caput III. Von den selbst das Seinige verstehet/ und ein guter Verrich-ter ist/ aber auch dabey so liederlich in seinen Thun und Lassen/ daß das Gute/ welches er sonst an sich hat/ alles dadurch verdunckelt wird/ da erscheinet sogleich solche Liederlichkeit in seiner negligirten Leibes-Kleidung/ daß er zwar seinem Herrn getreu ist/ aber doch von seinem eigenen nichts bewahren kan/ sondern mit lustiger Compagnie alles wieder durchbringet/ in den Handels-Geschäfften selbsten über hin eilet/ weil er sich auf seine Fähig- und Fer- tigkeit allzuviel verläßt/ daraus hernachmals das schädliche Procrastiniren, und die Affaires auf den andern Tag zu verschieben/ erfolget/ weil er sich dar- auf verläßt/ daß er/ was andere langsame Gemü- ther mit vieler Müh vorgearbeitet haben/ leichtlich wieder nachholen kan. Es kommt auch aus solcher Liederlichkeit/ die allzugrosse Familiarität/ welche er mit Leuten machet/ die nicht seines gleichen und weit unter ihm seynd/ worüber sein Respect verlohren gehet/ und er ja so sehr in diesem Stück in Defectu als ein Hoffärtiger/ Aufgeblasener in Excessu pecci- ret/ welcher mehr Respect haben will/ als ihme zu- kommen kan. Bey einem solchen Menschen muß nun ein vernünfftiger Handels-Patron das rechte Mit- tel zu treffen wissen/ daß er ihn nicht zu viel einschrän- cke/ und auch nicht den Zügel zu weit schiessen lasse/ weil beydes sonst von der Würckung ist/ daß darü- ber seine Handels-Geschäffte Abbruch leiden/ indem mancher eines freyen Lebens Gewohnter/ wann er zu sehr sollte eingeschräncket werden/ darüber seine Activität und Willfährigkeit in Handels-Verrich- tungen verliehren würde. Das
Caput III. Von den ſelbſt das Seinige verſtehet/ und ein guter Verrich-ter iſt/ aber auch dabey ſo liederlich in ſeinen Thun und Laſſen/ daß das Gute/ welches er ſonſt an ſich hat/ alles dadurch verdunckelt wird/ da erſcheinet ſogleich ſolche Liederlichkeit in ſeiner negligirten Leibes-Kleidung/ daß er zwar ſeinem Herꝛn getreu iſt/ aber doch von ſeinem eigenen nichts bewahren kan/ ſondern mit luſtiger Compagnie alles wieder durchbringet/ in den Handels-Geſchaͤfften ſelbſten uͤber hin eilet/ weil er ſich auf ſeine Faͤhig- und Fer- tigkeit allzuviel verlaͤßt/ daraus hernachmals das ſchaͤdliche Procrastiniren, und die Affaires auf den andern Tag zu verſchieben/ erfolget/ weil er ſich dar- auf verlaͤßt/ daß er/ was andere langſame Gemuͤ- ther mit vieler Muͤh vorgearbeitet haben/ leichtlich wieder nachholen kan. Es kommt auch aus ſolcher Liederlichkeit/ die allzugroſſe Familiaritaͤt/ welche er mit Leuten machet/ die nicht ſeines gleichen und weit unter ihm ſeynd/ woruͤber ſein Reſpect verlohren gehet/ und er ja ſo ſehr in dieſem Stuͤck in Defectu als ein Hoffaͤrtiger/ Aufgeblaſener in Exceſſu pecci- ret/ welcher mehr Reſpect haben will/ als ihme zu- kommen kan. Bey einem ſolchen Menſchen muß nun ein vernuͤnfftiger Handels-Patron das rechte Mit- tel zu treffen wiſſen/ daß er ihn nicht zu viel einſchraͤn- cke/ und auch nicht den Zuͤgel zu weit ſchieſſen laſſe/ weil beydes ſonſt von der Wuͤrckung iſt/ daß daruͤ- ber ſeine Handels-Geſchaͤffte Abbruch leiden/ indem mancher eines freyen Lebens Gewohnter/ wann er zu ſehr ſollte eingeſchraͤncket werden/ daruͤber ſeine Activitaͤt und Willfaͤhrigkeit in Handels-Verrich- tungen verliehren wuͤrde. Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="170"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Caput III.</hi> Von den</hi></fw><lb/> ſelbſt das Seinige verſtehet/ und ein guter Verrich-<lb/> ter iſt/ aber auch dabey ſo liederlich in ſeinen Thun<lb/> und Laſſen/ daß das Gute/ welches er ſonſt an ſich<lb/> hat/ alles dadurch verdunckelt wird/ da erſcheinet<lb/> ſogleich ſolche Liederlichkeit in ſeiner <hi rendition="#aq">negligirt</hi>en<lb/> Leibes-Kleidung/ daß er zwar ſeinem Herꝛn getreu<lb/> iſt/ aber doch von ſeinem eigenen nichts bewahren<lb/> kan/ ſondern mit luſtiger <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> alles wieder<lb/> durchbringet/ in den Handels-Geſchaͤfften ſelbſten<lb/> uͤber hin eilet/ weil er ſich auf ſeine Faͤhig- und Fer-<lb/> tigkeit allzuviel verlaͤßt/ daraus hernachmals das<lb/> ſchaͤdliche <hi rendition="#aq">Procrastini</hi>ren, und die <hi rendition="#aq">Affai</hi>res auf den<lb/> andern Tag zu verſchieben/ erfolget/ weil er ſich dar-<lb/> auf verlaͤßt/ daß er/ was andere langſame Gemuͤ-<lb/> ther mit vieler Muͤh vorgearbeitet haben/ leichtlich<lb/> wieder nachholen kan. Es kommt auch aus ſolcher<lb/> Liederlichkeit/ die allzugroſſe <hi rendition="#aq">Familiari</hi>taͤt/ welche er<lb/> mit Leuten machet/ die nicht ſeines gleichen und weit<lb/> unter ihm ſeynd/ woruͤber ſein <hi rendition="#aq">Reſpect</hi> verlohren<lb/> gehet/ und er ja ſo ſehr in dieſem Stuͤck in <hi rendition="#aq">Defectu</hi> als<lb/> ein Hoffaͤrtiger/ Aufgeblaſener in <hi rendition="#aq">Exceſſu pecci-</hi><lb/> ret/ welcher mehr <hi rendition="#aq">Reſpect</hi> haben will/ als ihme zu-<lb/> kommen kan. Bey einem ſolchen Menſchen muß nun<lb/> ein vernuͤnfftiger Handels-Patron das rechte Mit-<lb/> tel zu treffen wiſſen/ daß er ihn nicht zu viel einſchraͤn-<lb/> cke/ und auch nicht den Zuͤgel zu weit ſchieſſen laſſe/<lb/> weil beydes ſonſt von der Wuͤrckung iſt/ daß daruͤ-<lb/> ber ſeine Handels-Geſchaͤffte Abbruch leiden/ indem<lb/> mancher eines freyen Lebens Gewohnter/ wann er<lb/> zu ſehr ſollte eingeſchraͤncket werden/ daruͤber ſeine<lb/><hi rendition="#aq">Activi</hi>taͤt und Willfaͤhrigkeit in Handels-Verrich-<lb/> tungen verliehren wuͤrde.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Das</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [170/0194]
Caput III. Von den
ſelbſt das Seinige verſtehet/ und ein guter Verrich-
ter iſt/ aber auch dabey ſo liederlich in ſeinen Thun
und Laſſen/ daß das Gute/ welches er ſonſt an ſich
hat/ alles dadurch verdunckelt wird/ da erſcheinet
ſogleich ſolche Liederlichkeit in ſeiner negligirten
Leibes-Kleidung/ daß er zwar ſeinem Herꝛn getreu
iſt/ aber doch von ſeinem eigenen nichts bewahren
kan/ ſondern mit luſtiger Compagnie alles wieder
durchbringet/ in den Handels-Geſchaͤfften ſelbſten
uͤber hin eilet/ weil er ſich auf ſeine Faͤhig- und Fer-
tigkeit allzuviel verlaͤßt/ daraus hernachmals das
ſchaͤdliche Procrastiniren, und die Affaires auf den
andern Tag zu verſchieben/ erfolget/ weil er ſich dar-
auf verlaͤßt/ daß er/ was andere langſame Gemuͤ-
ther mit vieler Muͤh vorgearbeitet haben/ leichtlich
wieder nachholen kan. Es kommt auch aus ſolcher
Liederlichkeit/ die allzugroſſe Familiaritaͤt/ welche er
mit Leuten machet/ die nicht ſeines gleichen und weit
unter ihm ſeynd/ woruͤber ſein Reſpect verlohren
gehet/ und er ja ſo ſehr in dieſem Stuͤck in Defectu als
ein Hoffaͤrtiger/ Aufgeblaſener in Exceſſu pecci-
ret/ welcher mehr Reſpect haben will/ als ihme zu-
kommen kan. Bey einem ſolchen Menſchen muß nun
ein vernuͤnfftiger Handels-Patron das rechte Mit-
tel zu treffen wiſſen/ daß er ihn nicht zu viel einſchraͤn-
cke/ und auch nicht den Zuͤgel zu weit ſchieſſen laſſe/
weil beydes ſonſt von der Wuͤrckung iſt/ daß daruͤ-
ber ſeine Handels-Geſchaͤffte Abbruch leiden/ indem
mancher eines freyen Lebens Gewohnter/ wann er
zu ſehr ſollte eingeſchraͤncket werden/ daruͤber ſeine
Activitaͤt und Willfaͤhrigkeit in Handels-Verrich-
tungen verliehren wuͤrde.
Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/194 |
Zitationshilfe: | Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/194>, abgerufen am 16.02.2025. |