Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

Berahtfragungs-Schreiben.
ren möge. Jch stelle mir dabey vor/ daß bey solcher
Compagnie-Handlung der eine von den Gemein-
schafftern die Haus-Affairen/ der andere das Reisen/
der eine die Bücher und Correspondentz/ der andere
die Börse und Cassa abwarten und verwalten könne;
Eine gedoppelte Schnur reisse nicht leicht entzwey;
Plus vident oculi quam oculus, zwey Augen sehen
mehr als eins; Je grösser das Capital, je grösser der
Nachdruck; Man lebe solcher massen als mit einem
Bruder/ ja noch genauer/ weil beyder Compagnons
Glück und Unglück so fest an einander verbunden/
daß es ohnmöglich den einen so treffen kan/ daß es
der andere nicht fühlen sollte. Es ist ferner bey sol-
cher Compagnie-Handlung dieser Vortheil/ daß
ein reicher Interessent sein Geld/ der arme hingegen
seinen Verstand/ muß arbeiten lassen; Jener hat da-
bey seine Ruhe/ da dieser um des Profites willen die
Arbeit allein tragen/ und um Schaden zu entfliehen
Tag und Nacht sorgen muß. Es stecket auch der
Politische Griff darunter/ daß/ wann einem der Ge-
sellschaffter von seinem Freunde/ dem man nicht wol
sein Begehren versagen kan/ etwas gefährliches/ als
Geld leihen/ Waare zu creditiren/ Bürge werden/
zugemuhtet wird/ man sich dessen durch Vorschü-
tzung/ daß man ohne des Compagnons Einwilligung
nichts thun dörffe/ höfflich entschütten kan. So
wird auch zweyen/ die für eine Schuld stehen/ mehr
als einem anvertrauet/ und um des einen willen offt-
mahls Credit gegeben/ welcher dem andern würde
seyn versaget worden. Endlich findet sich auch der
Nutzen/ daß dergleichen Compagnons nach dem
Tode ihrer Cameraden/ des hinterlassenen Witt-
wen und Kindern zum besten/ mit den Erben die

Hand-

Berahtfragungs-Schreiben.
ren moͤge. Jch ſtelle mir dabey vor/ daß bey ſolcher
Compagnie-Handlung der eine von den Gemein-
ſchafftern die Haus-Affairen/ der andere das Reiſen/
der eine die Buͤcher und Correſpondentz/ der andere
die Boͤrſe und Caſſa abwarten und verwalten koͤnne;
Eine gedoppelte Schnur reiſſe nicht leicht entzwey;
Plus vident oculi quam oculus, zwey Augen ſehen
mehr als eins; Je groͤſſer das Capital, je groͤſſer der
Nachdruck; Man lebe ſolcher maſſen als mit einem
Bruder/ ja noch genauer/ weil beyder Compagnons
Gluͤck und Ungluͤck ſo feſt an einander verbunden/
daß es ohnmoͤglich den einen ſo treffen kan/ daß es
der andere nicht fuͤhlen ſollte. Es iſt ferner bey ſol-
cher Compagnie-Handlung dieſer Vortheil/ daß
ein reicher Intereſſent ſein Geld/ der arme hingegen
ſeinen Verſtand/ muß arbeiten laſſen; Jener hat da-
bey ſeine Ruhe/ da dieſer um des Profites willen die
Arbeit allein tragen/ und um Schaden zu entfliehen
Tag und Nacht ſorgen muß. Es ſtecket auch der
Politiſche Griff darunter/ daß/ wann einem der Ge-
ſellſchaffter von ſeinem Freunde/ dem man nicht wol
ſein Begehren verſagen kan/ etwas gefaͤhrliches/ als
Geld leihen/ Waare zu creditiren/ Buͤrge werden/
zugemuhtet wird/ man ſich deſſen durch Vorſchuͤ-
tzung/ daß man ohne des Compagnons Einwilligung
nichts thun doͤrffe/ hoͤfflich entſchuͤtten kan. So
wird auch zweyen/ die fuͤr eine Schuld ſtehen/ mehr
als einem anvertrauet/ und um des einen willen offt-
mahls Credit gegeben/ welcher dem andern wuͤrde
ſeyn verſaget worden. Endlich findet ſich auch der
Nutzen/ daß dergleichen Compagnons nach dem
Tode ihrer Cameraden/ des hinterlaſſenen Witt-
wen und Kindern zum beſten/ mit den Erben die

Hand-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0258" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Berahtfragungs-Schreiben.</hi></fw><lb/>
ren mo&#x0364;ge. Jch &#x017F;telle mir dabey vor/ daß bey &#x017F;olcher<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie-</hi>Handlung der eine von den Gemein-<lb/>
&#x017F;chafftern die Haus-<hi rendition="#aq">Affai</hi>ren/ der andere das Rei&#x017F;en/<lb/>
der eine die Bu&#x0364;cher und <hi rendition="#aq">Corre&#x017F;ponden</hi>tz/ der andere<lb/>
die Bo&#x0364;r&#x017F;e und <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;&#x017F;a</hi> abwarten und verwalten ko&#x0364;nne;<lb/>
Eine gedoppelte Schnur rei&#x017F;&#x017F;e nicht leicht entzwey;<lb/><hi rendition="#aq">Plus vident oculi quam oculus,</hi> zwey Augen &#x017F;ehen<lb/>
mehr als eins; Je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er das <hi rendition="#aq">Capital,</hi> je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er der<lb/>
Nachdruck; Man lebe &#x017F;olcher ma&#x017F;&#x017F;en als mit einem<lb/>
Bruder/ ja noch genauer/ weil beyder <hi rendition="#aq">Compagnons</hi><lb/>
Glu&#x0364;ck und Unglu&#x0364;ck &#x017F;o fe&#x017F;t an einander verbunden/<lb/>
daß es ohnmo&#x0364;glich den einen &#x017F;o treffen kan/ daß es<lb/>
der andere nicht fu&#x0364;hlen &#x017F;ollte. Es i&#x017F;t ferner bey &#x017F;ol-<lb/>
cher <hi rendition="#aq">Compagnie-</hi>Handlung die&#x017F;er Vortheil/ daß<lb/>
ein reicher <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;ent</hi> &#x017F;ein Geld/ der arme hingegen<lb/>
&#x017F;einen Ver&#x017F;tand/ muß arbeiten la&#x017F;&#x017F;en; Jener hat da-<lb/>
bey &#x017F;eine Ruhe/ da die&#x017F;er um des <hi rendition="#aq">Profi</hi>tes willen die<lb/>
Arbeit allein tragen/ und um Schaden zu entfliehen<lb/>
Tag und Nacht &#x017F;orgen muß. Es &#x017F;tecket auch der<lb/><hi rendition="#aq">Politi</hi>&#x017F;che Griff darunter/ daß/ wann einem der Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaffter von &#x017F;einem Freunde/ dem man nicht wol<lb/>
&#x017F;ein Begehren ver&#x017F;agen kan/ etwas gefa&#x0364;hrliches/ als<lb/>
Geld leihen/ Waare zu <hi rendition="#aq">crediti</hi>ren/ Bu&#x0364;rge werden/<lb/>
zugemuhtet wird/ man &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en durch Vor&#x017F;chu&#x0364;-<lb/>
tzung/ daß man ohne des <hi rendition="#aq">Compagnons</hi> Einwilligung<lb/>
nichts thun do&#x0364;rffe/ ho&#x0364;fflich ent&#x017F;chu&#x0364;tten kan. So<lb/>
wird auch zweyen/ die fu&#x0364;r eine Schuld &#x017F;tehen/ mehr<lb/>
als einem anvertrauet/ und um des einen willen offt-<lb/>
mahls <hi rendition="#aq">Credit</hi> gegeben/ welcher dem andern wu&#x0364;rde<lb/>
&#x017F;eyn ver&#x017F;aget worden. Endlich findet &#x017F;ich auch der<lb/>
Nutzen/ daß dergleichen <hi rendition="#aq">Compagnons</hi> nach dem<lb/>
Tode ihrer <hi rendition="#aq">Camera</hi>den/ des hinterla&#x017F;&#x017F;enen Witt-<lb/>
wen und Kindern zum be&#x017F;ten/ mit den Erben die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hand-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0258] Berahtfragungs-Schreiben. ren moͤge. Jch ſtelle mir dabey vor/ daß bey ſolcher Compagnie-Handlung der eine von den Gemein- ſchafftern die Haus-Affairen/ der andere das Reiſen/ der eine die Buͤcher und Correſpondentz/ der andere die Boͤrſe und Caſſa abwarten und verwalten koͤnne; Eine gedoppelte Schnur reiſſe nicht leicht entzwey; Plus vident oculi quam oculus, zwey Augen ſehen mehr als eins; Je groͤſſer das Capital, je groͤſſer der Nachdruck; Man lebe ſolcher maſſen als mit einem Bruder/ ja noch genauer/ weil beyder Compagnons Gluͤck und Ungluͤck ſo feſt an einander verbunden/ daß es ohnmoͤglich den einen ſo treffen kan/ daß es der andere nicht fuͤhlen ſollte. Es iſt ferner bey ſol- cher Compagnie-Handlung dieſer Vortheil/ daß ein reicher Intereſſent ſein Geld/ der arme hingegen ſeinen Verſtand/ muß arbeiten laſſen; Jener hat da- bey ſeine Ruhe/ da dieſer um des Profites willen die Arbeit allein tragen/ und um Schaden zu entfliehen Tag und Nacht ſorgen muß. Es ſtecket auch der Politiſche Griff darunter/ daß/ wann einem der Ge- ſellſchaffter von ſeinem Freunde/ dem man nicht wol ſein Begehren verſagen kan/ etwas gefaͤhrliches/ als Geld leihen/ Waare zu creditiren/ Buͤrge werden/ zugemuhtet wird/ man ſich deſſen durch Vorſchuͤ- tzung/ daß man ohne des Compagnons Einwilligung nichts thun doͤrffe/ hoͤfflich entſchuͤtten kan. So wird auch zweyen/ die fuͤr eine Schuld ſtehen/ mehr als einem anvertrauet/ und um des einen willen offt- mahls Credit gegeben/ welcher dem andern wuͤrde ſeyn verſaget worden. Endlich findet ſich auch der Nutzen/ daß dergleichen Compagnons nach dem Tode ihrer Cameraden/ des hinterlaſſenen Witt- wen und Kindern zum beſten/ mit den Erben die Hand-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Grundlage der vorliegenden digitalen Ausgabe bild… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717/258
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717/258>, abgerufen am 21.11.2024.