Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.der Zwölff Bücher Virgilins. Charon auff seinem schwartzen kahne die seelenin grosser menge überführet/ derselbe wegert sich Eneam überzusetzen/ mit fürwandt/ er führe nicht lebendige leiber/ sondern die seelen über; Wird aber durch fürzeigung des güldenen zweiges angenommen. Als nun Eneas köm- met an die hölle/ siehet er den dreyköpffichten höl- lenhund Cerberum vor der thür ligen/ der ihn mit schrecklichem gebelle anfähret und zurücke hält. Die Sibylla aber wirffet ihm honigku- chen für/ und bringet einen festen schlaff über ihn/ da machen sie die Thür auff und gehen hinein in die hölle; Da siehet Eneas die drey höllischen richter/ welche die seelen verhören/ verdammen und mit mancherleyen straffen belegen/ da wird er gewahr vieler tapfferen helden/ wie sie in tief- fen gedancken und betrübt herein gehen. End- lich gelanget er in die Eliseischen lustwälder und felder/ da die seligen seelen in vollen freuden und lieblichen gesprächen leben und schweben/ da wird Eneas vom Pocten Musaeo zu seinem vater An- chisen geführet/ dieser lehret ihn viel sachen in der natürlichen wissenschafft/ zeiget ihm der Al- baner und Römischer Könige geschlecht-register/ und kömmet bis auff den Jul. Caes. und Augu- stum, deren thaten er mit sonderbarem lobspruch erhe- U u 4
der Zwoͤlff Buͤcher Virgilins. Charon auff ſeinem ſchwartzen kahne die ſeelenin groſſer menge uͤberfuͤhret/ derſelbe wegert ſich Eneam uͤberzuſetzen/ mit fuͤrwandt/ er fuͤhre nicht lebendige leiber/ ſondern die ſeelen uͤber; Wird aber durch fuͤrzeigung des guͤldenen zweiges angenommen. Als nun Eneas koͤm- met an die hoͤlle/ ſiehet er den dreykoͤpffichten hoͤl- lenhund Cerberum vor der thuͤr ligen/ der ihn mit ſchrecklichem gebelle anfaͤhret und zuruͤcke haͤlt. Die Sibylla aber wirffet ihm honigku- chen fuͤr/ und bringet einen feſten ſchlaff uͤber ihn/ da machen ſie die Thuͤr auff und gehen hinein in die hoͤlle; Da ſiehet Eneas die drey hoͤlliſchen richter/ welche die ſeelen verhoͤren/ verdammen und mit mancherleyen ſtraffen belegen/ da wird er gewahr vieler tapfferen helden/ wie ſie in tief- fen gedancken und betruͤbt herein gehen. End- lich gelanget er in die Eliſeiſchen luſtwaͤlder und felder/ da die ſeligen ſeelen in vollen freuden und lieblichen geſpraͤchen leben und ſchweben/ da wird Eneas vom Pocten Muſæo zu ſeinem vater An- chiſen gefuͤhret/ dieſer lehret ihn viel ſachen in der natuͤrlichen wiſſenſchafft/ zeiget ihm der Al- baner und Roͤmiſcher Koͤnige geſchlecht-regiſter/ und koͤmmet bis auff den Jul. Cæſ. und Augu- ſtum, deren thaten er mit ſonderbarem lobſpruch erhe- U u 4
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der Zwoͤlff Buͤcher Virgilins.
Charon auff ſeinem ſchwartzen kahne die ſeelen
in groſſer menge uͤberfuͤhret/ derſelbe wegert ſich
Eneam uͤberzuſetzen/ mit fuͤrwandt/ er fuͤhre
nicht lebendige leiber/ ſondern die ſeelen uͤber;
Wird aber durch fuͤrzeigung des guͤldenen
zweiges angenommen. Als nun Eneas koͤm-
met an die hoͤlle/ ſiehet er den dreykoͤpffichten hoͤl-
lenhund Cerberum vor der thuͤr ligen/ der ihn
mit ſchrecklichem gebelle anfaͤhret und zuruͤcke
haͤlt. Die Sibylla aber wirffet ihm honigku-
chen fuͤr/ und bringet einen feſten ſchlaff uͤber ihn/
da machen ſie die Thuͤr auff und gehen hinein in
die hoͤlle; Da ſiehet Eneas die drey hoͤlliſchen
richter/ welche die ſeelen verhoͤren/ verdammen
und mit mancherleyen ſtraffen belegen/ da wird
er gewahr vieler tapfferen helden/ wie ſie in tief-
fen gedancken und betruͤbt herein gehen. End-
lich gelanget er in die Eliſeiſchen luſtwaͤlder und
felder/ da die ſeligen ſeelen in vollen freuden und
lieblichen geſpraͤchen leben und ſchweben/ da wird
Eneas vom Pocten Muſæo zu ſeinem vater An-
chiſen gefuͤhret/ dieſer lehret ihn viel ſachen in
der natuͤrlichen wiſſenſchafft/ zeiget ihm der Al-
baner und Roͤmiſcher Koͤnige geſchlecht-regiſter/
und koͤmmet bis auff den Jul. Cæſ. und Augu-
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. [679]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/701>, abgerufen am 29.07.2024. |