Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zwölffte Buch. Und trug zum streit begier/ da zoch er an die füsse/Die güldnen stieffelen/ drauf schwung er mit dem spiesse: Es däucht ihm allerseits zu wider der verzug/ Und wolte gleichsam gehn mit pfeilgeschwindem flug Als an der seite war am arm der schild gehänget/ Und an den leib genung der harnisch angedränget Umbfing er seinen sohn in dieser rüstung so/ Und küßt ihm durch den helm/ und sagte frey und froh: Schau! Lerne nun/ mein sohn/ an mir in deiner jugend Was müh und arbeit sey mit frömmigkeit und tugend/ Lern aber das gelück und seinen unbestand An andern: Nun sol dich beschirmen meine hand In dieser kriegsgefahr/ und bringen wol zu stande Mit herrlichem Triumpff in neuem vaterlande. Du aber mach es so/ daß du gedenckst hieran/ Wenn du erwachsen bist/ und wirst/ wie ich/ ein mann. Laß deinen vater dich und Hector deinen vetter/ Der meines vaterlands war/ weil er kunt/ sein retter/ Zur tugend reitzen an; laß dir ihr beyspiel seyn Ein spiegel/ daß du offt magst an sie dencken fein. Als er vermahnet hat den sohn mit diesen worten/ Ließ er sich hindern nichts/ und gieng hinaus zur pforten/ Schwung einen grossen spieß in seiner starcken faust/ Daß/ da stes sahen an/ den feinden dafür graust Der Autheus und Menesth/ und die gesamten hauffen Die vorhin waren für dem feind zurück gelauffen/ Itzt eileten zugleich mit ihren obersten Und fürsten an den feind mit frischer krafft zu gehn Da R r 4
Das Zwoͤlffte Buch. Und trug zum ſtreit begier/ da zoch er an die fuͤſſe/Die guͤldnen ſtieffelen/ drauf ſchwung er mit dem ſpieſſe: Es daͤucht ihm allerſeits zu wider der verzug/ Und wolte gleichſam gehn mit pfeilgeſchwindem flug Als an der ſeite war am arm der ſchild gehaͤnget/ Und an den leib genung der harniſch angedraͤnget Umbfing er ſeinen ſohn in dieſer ruͤſtung ſo/ Und kuͤßt ihm durch den helm/ und ſagte frey und froh: Schau! Lerne nun/ mein ſohn/ an mir in deiner jugend Was muͤh und arbeit ſey mit froͤmmigkeit und tugend/ Lern aber das geluͤck und ſeinen unbeſtand An andern: Nun ſol dich beſchirmen meine hand In dieſer kriegsgefahr/ und bringen wol zu ſtande Mit herrlichem Triumpff in neuem vaterlande. Du aber mach es ſo/ daß du gedenckſt hieran/ Wenn du erwachſen biſt/ und wirſt/ wie ich/ ein mann. Laß deinen vater dich und Hector deinen vetter/ Der meines vaterlands war/ weil er kunt/ ſein retter/ Zur tugend reitzen an; laß dir ihr beyſpiel ſeyn Ein ſpiegel/ daß du offt magſt an ſie dencken fein. Als er vermahnet hat den ſohn mit dieſen worten/ Ließ er ſich hindern nichts/ und gieng hinaus zur pforten/ Schwung einen groſſen ſpieß in ſeiner ſtarcken fauſt/ Daß/ da ſtes ſahen an/ den feinden dafuͤr grauſt Der Autheus und Meneſth/ und die geſamten hauffen Die vorhin waren fuͤr dem feind zuruͤck gelauffen/ Itzt eileten zugleich mit ihren oberſten Und fuͤrſten an den feind mit friſcher krafft zu gehn Da R r 4
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Das Zwoͤlffte Buch.
Und trug zum ſtreit begier/ da zoch er an die fuͤſſe/
Die guͤldnen ſtieffelen/ drauf ſchwung er mit dem ſpieſſe:
Es daͤucht ihm allerſeits zu wider der verzug/
Und wolte gleichſam gehn mit pfeilgeſchwindem flug
Als an der ſeite war am arm der ſchild gehaͤnget/
Und an den leib genung der harniſch angedraͤnget
Umbfing er ſeinen ſohn in dieſer ruͤſtung ſo/
Und kuͤßt ihm durch den helm/ und ſagte frey und froh:
Schau! Lerne nun/ mein ſohn/ an mir in deiner jugend
Was muͤh und arbeit ſey mit froͤmmigkeit und tugend/
Lern aber das geluͤck und ſeinen unbeſtand
An andern: Nun ſol dich beſchirmen meine hand
In dieſer kriegsgefahr/ und bringen wol zu ſtande
Mit herrlichem Triumpff in neuem vaterlande.
Du aber mach es ſo/ daß du gedenckſt hieran/
Wenn du erwachſen biſt/ und wirſt/ wie ich/ ein mann.
Laß deinen vater dich und Hector deinen vetter/
Der meines vaterlands war/ weil er kunt/ ſein retter/
Zur tugend reitzen an; laß dir ihr beyſpiel ſeyn
Ein ſpiegel/ daß du offt magſt an ſie dencken fein.
Als er vermahnet hat den ſohn mit dieſen worten/
Ließ er ſich hindern nichts/ und gieng hinaus zur pforten/
Schwung einen groſſen ſpieß in ſeiner ſtarcken fauſt/
Daß/ da ſtes ſahen an/ den feinden dafuͤr grauſt
Der Autheus und Meneſth/ und die geſamten hauffen
Die vorhin waren fuͤr dem feind zuruͤck gelauffen/
Itzt eileten zugleich mit ihren oberſten
Und fuͤrſten an den feind mit friſcher krafft zu gehn
Da
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/653>, abgerufen am 27.07.2024. |