Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zwölffte Buch. Dis sageten vorher/ die viel dings kunten sehenAus der weissagerey/ wies künfftig möchte gehen; Dahero hab ich dann aus liebe gegen dir/ Weil mit verwandschafft du verbunden warst mit mir/ Und wegen meines weibs betrübnüß/ leid und thränen/ Die ich sah für und für sich einig nach dir sehnen/ Von meinen augen weg gethan die schuld und pflicht/ Und was Eneen ich versprach/ gehalten nicht; Den ich zum eydam mir längst außerkohren hatte/ Der meiner tochter sey von gott bestimpter gatte: Daher ich wider recht/ gesetz und billigkeit Mich eingelassen hab in harten krieg und streit. Was nun/ o Turne/ mir seither zuhanden kommen/ Und was ich für verlust und schaden eingenommen/ Und was mir auf dem hals noch ligt für kriegeslast/ Das siehest du/ und wie du selber lange hast Für allen anderen erlitten spat und frühe Viel sorgen/ noht/ gefahr/ und hast noch täglich mühe/ Beschwer und ungemach. Wir sind in harter schlacht Zum zweytenmal erlegt: Die überbliebne macht/ Warauff Italien noch hoffet fest zu stehen; Kan man in dieser stadt kaum halten und versehen; Die Tybur ist noch warm von leichnam/ blut und schwal/ Und grosse felder stehn von knochen weiß und kahl. Wie laß ich doch so offt umbstimmen meine sinnen/ Wie bin ich so bethört/ daß ich mein vorbeginnen So offt verendern kan? Wenn ich entschlossen bin Nach deinem tod/ wenn du wirst seyn getragen hin/ Die
Das Zwoͤlffte Buch. Dis ſageten vorher/ die viel dings kunten ſehenAus der weiſſagerey/ wies kuͤnfftig moͤchte gehen; Dahero hab ich dann aus liebe gegen dir/ Weil mit verwandſchafft du verbunden warſt mit mir/ Und wegen meines weibs betruͤbnuͤß/ leid und thraͤnen/ Die ich ſah fuͤr und fuͤr ſich einig nach dir ſehnen/ Von meinen augen weg gethan die ſchuld und pflicht/ Und was Eneen ich verſprach/ gehalten nicht; Den ich zum eydam mir laͤngſt außerkohren hatte/ Der meiner tochter ſey von gott beſtimpter gatte: Daher ich wider recht/ geſetz und billigkeit Mich eingelaſſen hab in harten krieg und ſtreit. Was nun/ o Turne/ mir ſeither zuhanden kommen/ Und was ich fuͤr verluſt und ſchaden eingenommen/ Und was mir auf dem hals noch ligt fuͤr kriegeslaſt/ Das ſieheſt du/ und wie du ſelber lange haſt Fuͤr allen anderen erlitten ſpat und fruͤhe Viel ſorgen/ noht/ gefahr/ und haſt noch taͤglich muͤhe/ Beſchwer und ungemach. Wir ſind in harter ſchlacht Zum zweytenmal erlegt: Die uͤberbliebne macht/ Warauff Italien noch hoffet feſt zu ſtehen; Kan man in dieſer ſtadt kaum halten und verſehen; Die Tybur iſt noch warm von leichnam/ blut und ſchwal/ Und groſſe felder ſtehn von knochen weiß und kahl. Wie laß ich doch ſo offt umbſtimmen meine ſinnen/ Wie bin ich ſo bethoͤrt/ daß ich mein vorbeginnen So offt verendern kan? Wenn ich entſchloſſen bin Nach deinem tod/ wenn du wirſt ſeyn getragen hin/ Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0624" n="602"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Zwoͤlffte Buch.</hi> </fw><lb/> <l>Dis ſageten vorher/ die viel dings kunten ſehen</l><lb/> <l>Aus der weiſſagerey/ wies kuͤnfftig moͤchte gehen<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/> <l>Dahero hab ich dann aus liebe gegen dir/</l><lb/> <l>Weil mit verwandſchafft du verbunden warſt mit mir/</l><lb/> <l>Und wegen meines weibs betruͤbnuͤß/ leid und thraͤnen/</l><lb/> <l>Die ich ſah fuͤr und fuͤr ſich einig nach dir ſehnen/</l><lb/> <l>Von meinen augen weg gethan die ſchuld und pflicht/</l><lb/> <l>Und was Eneen ich verſprach/ gehalten nicht;</l><lb/> <l>Den ich zum eydam mir laͤngſt außerkohren hatte/</l><lb/> <l>Der meiner tochter ſey von gott beſtimpter gatte:</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">D</hi>aher ich wider recht/ geſetz und billigkeit</l><lb/> <l>Mich eingelaſſen hab in harten krieg und ſtreit.</l><lb/> <l>Was nun/ o Turne/ mir ſeither zuhanden kommen/</l><lb/> <l>Und was ich fuͤr verluſt und ſchaden eingenommen/</l><lb/> <l>Und was mir auf dem hals noch ligt fuͤr kriegeslaſt/</l><lb/> <l>Das ſieheſt du/ und wie du ſelber lange haſt</l><lb/> <l>Fuͤr allen anderen erlitten ſpat und fruͤhe</l><lb/> <l>Viel ſorgen/ noht/ gefahr/ und haſt noch taͤglich muͤhe/</l><lb/> <l>Beſchwer und ungemach. Wir ſind in harter ſchlacht</l><lb/> <l>Zum zweytenmal erlegt: <hi rendition="#fr">D</hi>ie uͤberbliebne macht/</l><lb/> <l>Warauff Italien noch hoffet feſt zu ſtehen;</l><lb/> <l>Kan man in dieſer ſtadt kaum halten und verſehen;</l><lb/> <l>Die Tybur iſt noch warm von leichnam/ blut und ſchwal/</l><lb/> <l>Und groſſe felder ſtehn von knochen weiß und kahl.</l><lb/> <l>Wie laß ich doch ſo offt umbſtimmen meine ſinnen/</l><lb/> <l>Wie bin ich ſo bethoͤrt/ daß ich mein vorbeginnen</l><lb/> <l>So offt verendern kan? Wenn ich entſchloſſen bin</l><lb/> <l>Nach deinem tod/ wenn du wirſt ſeyn getragen hin/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [602/0624]
Das Zwoͤlffte Buch.
Dis ſageten vorher/ die viel dings kunten ſehen
Aus der weiſſagerey/ wies kuͤnfftig moͤchte gehen;
Dahero hab ich dann aus liebe gegen dir/
Weil mit verwandſchafft du verbunden warſt mit mir/
Und wegen meines weibs betruͤbnuͤß/ leid und thraͤnen/
Die ich ſah fuͤr und fuͤr ſich einig nach dir ſehnen/
Von meinen augen weg gethan die ſchuld und pflicht/
Und was Eneen ich verſprach/ gehalten nicht;
Den ich zum eydam mir laͤngſt außerkohren hatte/
Der meiner tochter ſey von gott beſtimpter gatte:
Daher ich wider recht/ geſetz und billigkeit
Mich eingelaſſen hab in harten krieg und ſtreit.
Was nun/ o Turne/ mir ſeither zuhanden kommen/
Und was ich fuͤr verluſt und ſchaden eingenommen/
Und was mir auf dem hals noch ligt fuͤr kriegeslaſt/
Das ſieheſt du/ und wie du ſelber lange haſt
Fuͤr allen anderen erlitten ſpat und fruͤhe
Viel ſorgen/ noht/ gefahr/ und haſt noch taͤglich muͤhe/
Beſchwer und ungemach. Wir ſind in harter ſchlacht
Zum zweytenmal erlegt: Die uͤberbliebne macht/
Warauff Italien noch hoffet feſt zu ſtehen;
Kan man in dieſer ſtadt kaum halten und verſehen;
Die Tybur iſt noch warm von leichnam/ blut und ſchwal/
Und groſſe felder ſtehn von knochen weiß und kahl.
Wie laß ich doch ſo offt umbſtimmen meine ſinnen/
Wie bin ich ſo bethoͤrt/ daß ich mein vorbeginnen
So offt verendern kan? Wenn ich entſchloſſen bin
Nach deinem tod/ wenn du wirſt ſeyn getragen hin/
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |