Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Mutter.
ich seinetwegen übernommen habe, reichlich vergelten.
Dann finde ich bey ihm Zuflucht in meinen Widerwär-
tigkeiten, Trost in meinen Bekümmernissen und War-
tung und Pflege in meiner Schwachheit. Dann ste-
het es mir in der Stunde des Todes zur Seiten und
drückt mir mit liebevoller Hand mein sterbendes Auge zu.

O welche süße Empfindungen, welche freuden-
volle Aussichten und Hoffnungen sind das nicht! Wie
groß werde ich mich einst fühlen, wie erhaben wird mir
mein weiblicher und mütterlicher Beruf vorkommen,
wenn ich so viel Gutes sehe, das durch mich und durch
meine Bestimmung befördert worden ist! Welche Ver-
dienste um die Gesellschaft kann ich mir auf diesem
Wege erwerben! Wie gemeinnützig kann ich mein
Leben machen, wie wohlthätig meine Fähigkeiten und
Kräfte anwenden, wenn ich das für mein Kind bin
und thue, was ich als Mutter für dasselbe seyn und
thun kann! Welch einem ruhigen, zufriedenen, trost-
und freudenvollen Alter kann ich entgegen sehen, wenn
ich mir in meinem Kinde einen Freund und Beschützer
erziehe, wenn ich mir dasselbe durch meine mütterliche
Liebe und Fürsorge recht verbindlich mache!

O möchte es dir gefallen, gütigster Gott und
Vater, mich die Erfüllung dieser Hoffnungen erleben
zu lassen! Ja, siehe du mit Augen der Liebe und
Gnade auf mich und auf mein Kind herab. Segne
alles, was von mir und andern zur Erziehung und
Bildung desselben gethan und veranstaltet werden wird.
Nimm es in deinen väterlichen Schutz. Laß es un-
ter deiner Aufsicht und Leitung zu meiner Freude her-

anwach-

einer Mutter.
ich ſeinetwegen übernommen habe, reichlich vergelten.
Dann finde ich bey ihm Zuflucht in meinen Widerwär-
tigkeiten, Troſt in meinen Bekümmerniſſen und War-
tung und Pflege in meiner Schwachheit. Dann ſte-
het es mir in der Stunde des Todes zur Seiten und
drückt mir mit liebevoller Hand mein ſterbendes Auge zu.

O welche ſüße Empfindungen, welche freuden-
volle Ausſichten und Hoffnungen ſind das nicht! Wie
groß werde ich mich einſt fühlen, wie erhaben wird mir
mein weiblicher und mütterlicher Beruf vorkommen,
wenn ich ſo viel Gutes ſehe, das durch mich und durch
meine Beſtimmung befördert worden iſt! Welche Ver-
dienſte um die Geſellſchaft kann ich mir auf dieſem
Wege erwerben! Wie gemeinnützig kann ich mein
Leben machen, wie wohlthätig meine Fähigkeiten und
Kräfte anwenden, wenn ich das für mein Kind bin
und thue, was ich als Mutter für daſſelbe ſeyn und
thun kann! Welch einem ruhigen, zufriedenen, troſt-
und freudenvollen Alter kann ich entgegen ſehen, wenn
ich mir in meinem Kinde einen Freund und Beſchützer
erziehe, wenn ich mir daſſelbe durch meine mütterliche
Liebe und Fürſorge recht verbindlich mache!

O möchte es dir gefallen, gütigſter Gott und
Vater, mich die Erfüllung dieſer Hoffnungen erleben
zu laſſen! Ja, ſiehe du mit Augen der Liebe und
Gnade auf mich und auf mein Kind herab. Segne
alles, was von mir und andern zur Erziehung und
Bildung deſſelben gethan und veranſtaltet werden wird.
Nimm es in deinen väterlichen Schutz. Laß es un-
ter deiner Aufſicht und Leitung zu meiner Freude her-

anwach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0251" n="239"/><fw place="top" type="header">einer Mutter.</fw><lb/>
ich &#x017F;einetwegen übernommen habe, reichlich vergelten.<lb/>
Dann finde ich bey ihm Zuflucht in meinen Widerwär-<lb/>
tigkeiten, Tro&#x017F;t in meinen Bekümmerni&#x017F;&#x017F;en und War-<lb/>
tung und Pflege in meiner Schwachheit. Dann &#x017F;te-<lb/>
het es mir in der Stunde des Todes zur Seiten und<lb/>
drückt mir mit liebevoller Hand mein &#x017F;terbendes Auge zu.</p><lb/>
          <p>O welche &#x017F;üße Empfindungen, welche freuden-<lb/>
volle Aus&#x017F;ichten und Hoffnungen &#x017F;ind das nicht! Wie<lb/>
groß werde ich mich ein&#x017F;t fühlen, wie erhaben wird mir<lb/>
mein weiblicher und mütterlicher Beruf vorkommen,<lb/>
wenn ich &#x017F;o viel Gutes &#x017F;ehe, das durch mich und durch<lb/>
meine Be&#x017F;timmung befördert worden i&#x017F;t! Welche Ver-<lb/>
dien&#x017F;te um die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft kann ich mir auf die&#x017F;em<lb/>
Wege erwerben! Wie gemeinnützig kann ich mein<lb/>
Leben machen, wie wohlthätig meine Fähigkeiten und<lb/>
Kräfte anwenden, wenn ich das für mein Kind bin<lb/>
und thue, was ich als Mutter für da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;eyn und<lb/>
thun kann! Welch einem ruhigen, zufriedenen, tro&#x017F;t-<lb/>
und freudenvollen Alter kann ich entgegen &#x017F;ehen, wenn<lb/>
ich mir in meinem Kinde einen Freund und Be&#x017F;chützer<lb/>
erziehe, wenn ich mir da&#x017F;&#x017F;elbe durch meine mütterliche<lb/>
Liebe und Für&#x017F;orge recht verbindlich mache!</p><lb/>
          <p>O möchte es dir gefallen, gütig&#x017F;ter Gott und<lb/>
Vater, mich die Erfüllung die&#x017F;er Hoffnungen erleben<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en! Ja, &#x017F;iehe du mit Augen der Liebe und<lb/>
Gnade auf mich und auf mein Kind herab. Segne<lb/>
alles, was von mir und andern zur Erziehung und<lb/>
Bildung de&#x017F;&#x017F;elben gethan und veran&#x017F;taltet werden wird.<lb/>
Nimm es in deinen väterlichen Schutz. Laß es un-<lb/>
ter deiner Auf&#x017F;icht und Leitung zu meiner Freude her-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">anwach-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0251] einer Mutter. ich ſeinetwegen übernommen habe, reichlich vergelten. Dann finde ich bey ihm Zuflucht in meinen Widerwär- tigkeiten, Troſt in meinen Bekümmerniſſen und War- tung und Pflege in meiner Schwachheit. Dann ſte- het es mir in der Stunde des Todes zur Seiten und drückt mir mit liebevoller Hand mein ſterbendes Auge zu. O welche ſüße Empfindungen, welche freuden- volle Ausſichten und Hoffnungen ſind das nicht! Wie groß werde ich mich einſt fühlen, wie erhaben wird mir mein weiblicher und mütterlicher Beruf vorkommen, wenn ich ſo viel Gutes ſehe, das durch mich und durch meine Beſtimmung befördert worden iſt! Welche Ver- dienſte um die Geſellſchaft kann ich mir auf dieſem Wege erwerben! Wie gemeinnützig kann ich mein Leben machen, wie wohlthätig meine Fähigkeiten und Kräfte anwenden, wenn ich das für mein Kind bin und thue, was ich als Mutter für daſſelbe ſeyn und thun kann! Welch einem ruhigen, zufriedenen, troſt- und freudenvollen Alter kann ich entgegen ſehen, wenn ich mir in meinem Kinde einen Freund und Beſchützer erziehe, wenn ich mir daſſelbe durch meine mütterliche Liebe und Fürſorge recht verbindlich mache! O möchte es dir gefallen, gütigſter Gott und Vater, mich die Erfüllung dieſer Hoffnungen erleben zu laſſen! Ja, ſiehe du mit Augen der Liebe und Gnade auf mich und auf mein Kind herab. Segne alles, was von mir und andern zur Erziehung und Bildung deſſelben gethan und veranſtaltet werden wird. Nimm es in deinen väterlichen Schutz. Laß es un- ter deiner Aufſicht und Leitung zu meiner Freude her- anwach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/251
Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/251>, abgerufen am 23.11.2024.