Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

als die der Bildung, auf welche sich hier die Rente stützt. Eine
weit getriebene Arbeitstheilung erzeugt, weil sie die Einseitigkeit
der Arbeitsfähigkeit ausbildet und den Uebergang von einem
Beruf zum andern erschwert, häufig, wenn auch nur vorüber-
gehend, Lohnrenten. In solchen Arbeiten, deren Bedarf großen
Schwankungen unterworfen ist, zeigen sich ebenfalls nicht selten
Lohnrenten, weil bei plötzlich steigender Nachfrage neben den
bisherigen eingeschulten Arbeitern nur ungeübte, minder ge-
schickte zu haben sind.

Die Höhe, bis zu welcher sich die Lohnrente steigern kann,
hängt außer von dem Wohlstande der Begehrer des in Frage
kommenden Products oder Dienstes und außer von der Dringlich-
keit und dem Ernste des betreffenden Bedürfnisses, namentlich
von der wirklichen oder eingebildeten Feinheit des letzteren ab.
Je minutiöser die Unterschiede sind, die man an einer Leistung
schätzt oder zu schätzen meint, desto schwieriger wird die Con-
currenz darin. Daher tritt die Lohnrente namentlich bei den
Arbeiten der feinsten Gattung, bei den Arbeiten, die zur Be-
friedigung der zartesten Bedürfnisse bestimmt sind, hervor. Eine
große Raschheit der ökonomischen Entwickelung bringt es meistens
mit sich, daß man mehr auf die Quantität als auf die Qualität
der Genüsse sieht, und ist deshalb der Entstehung von Lohn-
renten nicht günstig, während ein langsam zu seiner höchsten
Entwickelung heranreifendes Volk eine größere Feinheit des Ge-
schmacks sich anzueignen pflegt. Doch ereignet es sich im ersteren
Falle nicht selten, daß das Gefühl, nicht im Stande zu sein,
feinere Leistungsunterschiede zu würdigen, gerade zu der Sucht
führt, eine solche Würdigung geltend machen zu wollen, und daß
in Folge dessen die Mode einzelnen Arbeitern oder Arbeits-
unternehmern eine besonders hohe, in ihrer Grundlage freilich
sehr unsichere Lohnrente zu Theil werden läßt.

als die der Bildung, auf welche ſich hier die Rente ſtuͤtzt. Eine
weit getriebene Arbeitstheilung erzeugt, weil ſie die Einſeitigkeit
der Arbeitsfaͤhigkeit ausbildet und den Uebergang von einem
Beruf zum andern erſchwert, haͤufig, wenn auch nur voruͤber-
gehend, Lohnrenten. In ſolchen Arbeiten, deren Bedarf großen
Schwankungen unterworfen iſt, zeigen ſich ebenfalls nicht ſelten
Lohnrenten, weil bei ploͤtzlich ſteigender Nachfrage neben den
bisherigen eingeſchulten Arbeitern nur ungeuͤbte, minder ge-
ſchickte zu haben ſind.

Die Hoͤhe, bis zu welcher ſich die Lohnrente ſteigern kann,
haͤngt außer von dem Wohlſtande der Begehrer des in Frage
kommenden Products oder Dienſtes und außer von der Dringlich-
keit und dem Ernſte des betreffenden Beduͤrfniſſes, namentlich
von der wirklichen oder eingebildeten Feinheit des letzteren ab.
Je minutioͤſer die Unterſchiede ſind, die man an einer Leiſtung
ſchaͤtzt oder zu ſchaͤtzen meint, deſto ſchwieriger wird die Con-
currenz darin. Daher tritt die Lohnrente namentlich bei den
Arbeiten der feinſten Gattung, bei den Arbeiten, die zur Be-
friedigung der zarteſten Beduͤrfniſſe beſtimmt ſind, hervor. Eine
große Raſchheit der oͤkonomiſchen Entwickelung bringt es meiſtens
mit ſich, daß man mehr auf die Quantitaͤt als auf die Qualitaͤt
der Genuͤſſe ſieht, und iſt deshalb der Entſtehung von Lohn-
renten nicht guͤnſtig, waͤhrend ein langſam zu ſeiner hoͤchſten
Entwickelung heranreifendes Volk eine groͤßere Feinheit des Ge-
ſchmacks ſich anzueignen pflegt. Doch ereignet es ſich im erſteren
Falle nicht ſelten, daß das Gefuͤhl, nicht im Stande zu ſein,
feinere Leiſtungsunterſchiede zu wuͤrdigen, gerade zu der Sucht
fuͤhrt, eine ſolche Wuͤrdigung geltend machen zu wollen, und daß
in Folge deſſen die Mode einzelnen Arbeitern oder Arbeits-
unternehmern eine beſonders hohe, in ihrer Grundlage freilich
ſehr unſichere Lohnrente zu Theil werden laͤßt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0131" n="119"/>
als die der Bildung, auf welche &#x017F;ich hier die Rente &#x017F;tu&#x0364;tzt. Eine<lb/>
weit getriebene Arbeitstheilung erzeugt, weil &#x017F;ie die Ein&#x017F;eitigkeit<lb/>
der Arbeitsfa&#x0364;higkeit ausbildet und den Uebergang von einem<lb/>
Beruf zum andern er&#x017F;chwert, ha&#x0364;ufig, wenn auch nur voru&#x0364;ber-<lb/>
gehend, Lohnrenten. In &#x017F;olchen Arbeiten, deren Bedarf großen<lb/>
Schwankungen unterworfen i&#x017F;t, zeigen &#x017F;ich ebenfalls nicht &#x017F;elten<lb/>
Lohnrenten, weil bei plo&#x0364;tzlich &#x017F;teigender Nachfrage neben den<lb/>
bisherigen einge&#x017F;chulten Arbeitern nur ungeu&#x0364;bte, minder ge-<lb/>
&#x017F;chickte zu haben &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Die Ho&#x0364;he, bis zu welcher &#x017F;ich die Lohnrente &#x017F;teigern kann,<lb/>
ha&#x0364;ngt außer von dem Wohl&#x017F;tande der Begehrer des in Frage<lb/>
kommenden Products oder Dien&#x017F;tes und außer von der Dringlich-<lb/>
keit und dem Ern&#x017F;te des betreffenden Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;es, namentlich<lb/>
von der wirklichen oder eingebildeten Feinheit des letzteren ab.<lb/>
Je minutio&#x0364;&#x017F;er die Unter&#x017F;chiede &#x017F;ind, die man an einer Lei&#x017F;tung<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzt oder zu &#x017F;cha&#x0364;tzen meint, de&#x017F;to &#x017F;chwieriger wird die Con-<lb/>
currenz darin. Daher tritt die Lohnrente namentlich bei den<lb/>
Arbeiten der fein&#x017F;ten Gattung, bei den Arbeiten, die zur Be-<lb/>
friedigung der zarte&#x017F;ten Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;timmt &#x017F;ind, hervor. Eine<lb/>
große Ra&#x017F;chheit der o&#x0364;konomi&#x017F;chen Entwickelung bringt es mei&#x017F;tens<lb/>
mit &#x017F;ich, daß man mehr auf die Quantita&#x0364;t als auf die Qualita&#x0364;t<lb/>
der Genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ieht, und i&#x017F;t deshalb der Ent&#x017F;tehung von Lohn-<lb/>
renten nicht gu&#x0364;n&#x017F;tig, wa&#x0364;hrend ein lang&#x017F;am zu &#x017F;einer ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Entwickelung heranreifendes Volk eine gro&#x0364;ßere Feinheit des Ge-<lb/>
&#x017F;chmacks &#x017F;ich anzueignen pflegt. Doch ereignet es &#x017F;ich im er&#x017F;teren<lb/>
Falle nicht &#x017F;elten, daß das Gefu&#x0364;hl, nicht im Stande zu &#x017F;ein,<lb/>
feinere Lei&#x017F;tungsunter&#x017F;chiede zu wu&#x0364;rdigen, gerade zu der Sucht<lb/>
fu&#x0364;hrt, eine &#x017F;olche Wu&#x0364;rdigung geltend machen zu wollen, und daß<lb/>
in Folge de&#x017F;&#x017F;en die Mode einzelnen Arbeitern oder Arbeits-<lb/>
unternehmern eine be&#x017F;onders hohe, in ihrer Grundlage freilich<lb/>
&#x017F;ehr un&#x017F;ichere Lohnrente zu Theil werden la&#x0364;ßt.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0131] als die der Bildung, auf welche ſich hier die Rente ſtuͤtzt. Eine weit getriebene Arbeitstheilung erzeugt, weil ſie die Einſeitigkeit der Arbeitsfaͤhigkeit ausbildet und den Uebergang von einem Beruf zum andern erſchwert, haͤufig, wenn auch nur voruͤber- gehend, Lohnrenten. In ſolchen Arbeiten, deren Bedarf großen Schwankungen unterworfen iſt, zeigen ſich ebenfalls nicht ſelten Lohnrenten, weil bei ploͤtzlich ſteigender Nachfrage neben den bisherigen eingeſchulten Arbeitern nur ungeuͤbte, minder ge- ſchickte zu haben ſind. Die Hoͤhe, bis zu welcher ſich die Lohnrente ſteigern kann, haͤngt außer von dem Wohlſtande der Begehrer des in Frage kommenden Products oder Dienſtes und außer von der Dringlich- keit und dem Ernſte des betreffenden Beduͤrfniſſes, namentlich von der wirklichen oder eingebildeten Feinheit des letzteren ab. Je minutioͤſer die Unterſchiede ſind, die man an einer Leiſtung ſchaͤtzt oder zu ſchaͤtzen meint, deſto ſchwieriger wird die Con- currenz darin. Daher tritt die Lohnrente namentlich bei den Arbeiten der feinſten Gattung, bei den Arbeiten, die zur Be- friedigung der zarteſten Beduͤrfniſſe beſtimmt ſind, hervor. Eine große Raſchheit der oͤkonomiſchen Entwickelung bringt es meiſtens mit ſich, daß man mehr auf die Quantitaͤt als auf die Qualitaͤt der Genuͤſſe ſieht, und iſt deshalb der Entſtehung von Lohn- renten nicht guͤnſtig, waͤhrend ein langſam zu ſeiner hoͤchſten Entwickelung heranreifendes Volk eine groͤßere Feinheit des Ge- ſchmacks ſich anzueignen pflegt. Doch ereignet es ſich im erſteren Falle nicht ſelten, daß das Gefuͤhl, nicht im Stande zu ſein, feinere Leiſtungsunterſchiede zu wuͤrdigen, gerade zu der Sucht fuͤhrt, eine ſolche Wuͤrdigung geltend machen zu wollen, und daß in Folge deſſen die Mode einzelnen Arbeitern oder Arbeits- unternehmern eine beſonders hohe, in ihrer Grundlage freilich ſehr unſichere Lohnrente zu Theil werden laͤßt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/131
Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/131>, abgerufen am 05.12.2024.